Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlehensrückforderung der Schwiegereltern nach Scheitern der Ehe der Tochter
Leitsatz (amtlich)
1. Gewähren Schwiegereltern ihrer Tochter und dem Schwiegersohn ein Darlehen, das ursprünglich nur "im Fall eigener Not" zurückgefordert werden soll, kann nach Scheidung der Ehe der Tochter trotz fehlender Notlage ein Anspruch auf sofortige Rückzahlung bestehen.
2. Dass der Schwiegersohn bei der Scheidungsfolgenvereinbarung erhebliche Zugeständnisse in der Erwartung gemacht hat, ein von den Schwiegereltern gewährtes Darlehen nicht zurückzahlen zu müssen, berührt nicht den Anspruch der Darlehensgeber, sondern erschüttert allenfalls die Geschäftsgrundlage der Scheidungsfolgenvereinbarung.
3. Zur Beweiswürdigung, wenn Zuwendungen der Schwiegereltern von diesen als Darlehen und vom Leistungsempfänger als Schenkung angesehen werden.
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 23.12.2003; Aktenzeichen 1 O 552/02) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Mainz vom 23.12.2003 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 35.790,43 Euro nebst fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 2.3.2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergreifende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen:
Die Kläger 24,73 %,
der Beklagte 75,27 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung entsprechende Sicherheit leisten.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger nehmen den Beklagten, ihren ehemaligen Schwiegersohn, auf Rückzahlung von Darlehen in Anspruch, die sie während der Ehezeit an ihre Tochter und den Beklagten geleistet haben. Die Zahlungen von insgesamt 186.000 DM sind auf den jeweiligen Überweisungsträgern teils als "Darlehn" teils - dem jeweiligen Verwendungszweck entsprechend - mit "Möbelkauf" oder "Einbauküche" bezeichnet. Der Beklagte soll die Hälfte des empfangenen Geldes (47.550,14 Euro = 93.000 DM) nebst Zinsen erstatten.
Er hat eingewandt, allenfalls 130.000 DM seien als Darlehen gewährt worden. Davon seien 30.000 DM zurückgezahlt und von den Klägern umgehend wieder überwiesen worden. Darin liege eine Schenkung. Ein Teil der verbleibenden 100.000 DM sei auf ein Konto der Tochter der Kläger gezahlt worden. Insoweit sei er nicht Darlehensnehmer. Zudem seien alle Darlehen später in Schenkungen umgewandelt worden. Letztlich stehe die Scheidungsfolgenvereinbarung, die er 2001 mit der Tochter der Kläger getroffen habe, dem Klageanspruch entgegen.
Das LG hat die Tochter der Kläger als Zeugin gehört und die Klage abgewiesen. Bei den Beträgen, die auf den Überweisungsträgern nicht entsprechend bezeichnet seien, handele es sich nicht um Darlehen. Die restlichen Zahlungen seien Darlehen; eine Rückzahlungsverpflichtung bestehe jedoch nur für den Fall der Not der Kläger. Damit sei der Klageanspruch derzeit nicht fällig.
Dagegen wenden sich die Kläger mit der Berufung. Sie wiederholen den erstinstanzlichen Zahlungsantrag und ergänzen und vertiefen ihren Sachvortrag.
Der Beklagte verteidigt die Entscheidung des LG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 1.7.2004 verwiesen.
II. Die zulässige Berufung hat einen Teilerfolg.
Der Beklagte ist verpflichtet, an die Kläger 35.790,43 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Hinsichtlich der Hauptforderung folgt die Zahlungspflicht aus § 607 Abs. 1 BGB. Hiernach hat derjenige, der Geld als Darlehen empfangen hat, dem Darlehensgeber das Empfangene zurückzuerstatten.
Wegen eines Teilbetrages von 11.760 Euro hat das LG die Klage dagegen zu Recht abgewiesen.
Im Einzelnen:
1. Soweit die Zahlungen vom 27.6.1994 (6.000 DM), vom 5.9.1994 (10.000 DM), vom 15.1.1995 (20.000 DM) und letztlich vom 25.6.1998 (10.000 DM) auf den jeweiligen Überweisungsträgern mit "Einbauküche", "Einbauküche und Sonderausstattung" sowie "Ausbau Dachgeschoss" gekennzeichnet sind, ist den Klägern auch nach Auffassung des Senats nicht der Nachweis gelungen, dass die Leistungen als Darlehen erfolgten. Das LG hat zutreffend bemerkt, dass die Klägerin, die die finanziellen Angelegenheiten regelte, nach den vorgelegten Urkunden und der glaubhaften Aussage der Zeugin E. (Tochter der Kläger) in Gelddingen "sehr akkurat" ist. Vor diesem Hintergrund kommt den seinerzeit vorgenommenen Bezeichnungen der jeweiligen Zahlungen auf den Überweisungsträgern stärkeres Gewicht zu als dem hierzu nach Scheitern der Ehe der Tochter unterbreiteten Prozessvortrag. Da die Klägerin bei den jeweiligen Überweisungen Darlehen auch als solche bezeichnete, ist der Senat mit dem LG überzeugt, dass es sich bei den nicht derart gekennzeichneten Zahlungen auch nicht um Darlehen handelte. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass es sich u...