Entscheidungsstichwort (Thema)
Arglistige Täuschung wegen Schimmelpilzbefall
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Arglisthaftung wegen der Täuschung durch Verschweigen offenbarungspflichtiger Mängel setzt voraus, dass dem Verkäufer Fehler bekannt waren oder er sie zumindest für möglich hielt und er billigend in Kauf nahm, dass dem Käufer diese Fehler nicht bekannt waren und er bei deren Offenlegung den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nur ein Verhalten des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" und "Inkaufnehmens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (in Anknüpfung an BGH, Urt. v. 14.6.1996 - V ZR 105/95, NJW-RR 1996, 1332 f.; OLG Koblenz, Hinweisverfügungen gem. § 522 Abs. 2 ZPO vom 19.1.2009 - 2 U 422/08, vom 20.2.2009 - 2 U 848/08; vom 13.11.2009 - 2 U 443/09, NJW-RR 2010, 989 = NZM 2011, 491 ff.; Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO vom 4.10.2012 i.V.m. Zurückweisungsbeschluss vom 13.12.2012 - 2 U 1020/11; Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO vom 26.2.2013 - 3 U 916/12).
2. Haben die Verkäufer eines Hauses fünf Jahre vor der Veräußerung desselben das Haus durch Fachfirmen kostenaufwendig instandsetzen lassen, wobei eine Behandlung des Holzes gegen Schimmelpilzbefall erfolgte, und stellt sich nach dem Kauf des Hauses heraus, dass die Holzteile und -balken infolge Braunfäule und Schimmelpilzbefall Zersetzungserscheinungen aufweisen, so spricht dies gegen eine arglistige Täuschung der Verkäufer, insbesondere wenn diese nach der Reparatur und Sanierung des Anwesens noch fünf Jahre in dem Haus wohnten.
Normenkette
BGB §§ 280, 437 Nr. 3, § 444
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 20.02.2014; Aktenzeichen 4 O 67/12) |
Tenor
1) Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Koblenz - Einzelrichter - vom 20.2.2014 wird zurückgewiesen.
2) Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
3) Das Urteil und das vorbezeichnete Urteil des LG Koblenz sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
I. Die Kläger nehmen die Beklagten auf Schadensersatz wegen behaupteter Mängel eines verkauften Wohngebäudes in Anspruch.
Die Kläger erwarben mit Kaufvertrag vom 3.8.2007 (Anlage K 1) von den Beklagten das streitgegenständliche Hausgrundstück in Emmelshausen, F.-straße 8, unter Ausschluss sämtlicher Ansprüche und Rechte bei Sachmängeln (§ 5 des Kaufvertrages).
Die Beklagten hatten das in 1982 errichtete Gebäude Mitte der 90er Jahre erworben und in streitigem Umfang renovieren lassen, wobei insbesondere Schadstellen der vorhandenen Holzkonstruktion mit Spachtelmasse behandelt worden waren. Das streitgegenständliche Objekt wurde den Klägern am 13.9.2007 übergeben. Erstmals im September 2010, im Zuge von Arbeiten an der Außenfassade in den Jahren 2009/2010, erhielten die Kläger bei näherer Überprüfung mittels Bauteilöffnungen und Abkratzen der Farbe davon Kenntnis, dass die Holzbalkone und weitere Holzteile der Fassade starke Zersetzungserscheinungen aufwiesen.
Die Kläger haben vorgetragen, den Beklagten seien der mangelhafte Zustand der Fassade und die vorhandenen Zersetzungsprozesse bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs bekannt gewesen. Bei den Verhandlungen über das Kaufobjekt sei der Mangel jedoch arglistig verschwiegen worden. Soweit Ausbesserungsarbeiten vor dem Verkauf des Objekts an die Kläger ausgeführt worden seien, seien diese nicht fachgerecht erfolgt. Vielmehr seien Fehlstellen der streitgegenständlichen Konstruktion sogar fachwidrig vertuscht worden. Die betroffenen Stellen hätten, wovon nach Art und Ausmaß der nunmehr bekannt gewordenen Schäden auszugehen sei, bereits in der Eigentumszeit der Beklagten erhebliche Schädigungen aufgewiesen.
Die Beseitigung des Mangels habe eine Stabilisierung der Fassade zum Preis von 8.258,57 EUR brutto erforderlich gemacht und bedinge außerdem eine noch vorzunehmende Wiederherstellung der Balkone, Klinkerarbeiten und Malerarbeiten zum Preis von 17.766,44 EUR netto, wobei ein Abzug Neu für Alt i.H.v. 50 % angemessen sei.
Die Kläger haben beantragt,
1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie, die Kläger, 8.258,57 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 11.10.2010 sowie weitere 8.883,22 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet seien, ihnen, den Klägern, die auf den letztgenannten Betrag entfallende Umsatzsteuer zu erstatten, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen sei,
3. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verp...