Leitsatz (amtlich)
Der Betreiber eines Einkaufszentrums muss zumutbare Sicherheitsvorkehrungen treffen, um der Rutschgefahr vorzubeugen, die dadurch entsteht, dass Kunden wegen der Witterungsverhältnisse (Schneeregen) Nässe in den Eingangsbereich tragen.
Der Betreiber eines Einkaufszentrums ist nicht deswegen von dem Ergreifen jeglicher Maßnahmen zum Schutz der Kunden, die ein im Gebäudeinneren befindliches abwärts laufendes Rollband betreten, befreit, weil sich eine Grundfeuchte bei nasser Witterung nicht verhindern lässt. Ihn trifft eine erhöhte Verkehrssicherungspflicht, wenn das Rollband durch die Feuchtigkeit rutschig wird.
Normenkette
BGB §§ 280, 311, 241 Abs. 2, §§ 254, 823 Abs. 1, § 847; ZPO § 302 Abs. 1, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 11.11.2013; Aktenzeichen 9 O 117/13) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 9. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Mainz vom 11.11.2013 aufgehoben.
Der Klageantrag auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld ist dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils des Klägers i.H.v. 50 % gerechtfertigt.
Der Anspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist nach Maßgabe der im Betragsverfahren unter Berücksichtigung des 50%igen Mithaftungsanteils des Klägers festzustellenden Forderungshöhe gerechtfertigt
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden, der auf das Unfallereignis vom 20.12.2011 und die daraus erlittenen Verletzungen zurückzuführen ist, unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils des Klägers i.H.v. 50 % zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Dritte übergegangen sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Höhe der Zahlungsansprüche und über die Kosten der Berufung wird der Rechtsstreit an das LG Mainz zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Anspruch.
Er macht geltend, er sei am 20.12.2011 im R-Center in A. gestürzt, als er von dem im Obergeschoss befindlichen Eingang kommend das Rollband betreten habe, um in die untere Etage zu gelangen.
Zu dem Sturz sei es gekommen, weil der von den Kunden in das Gebäudeinnere hereingetragene Schneematsch eine schmierige und glitschige Fläche auf dem Rollband gebildet habe. Auf eine solche Fläche sei er getreten und ausgerutscht. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Eingangsbereich und das Rollband ordnungsgemäß zu säubern oder zumindest Hinweisschilder und Matten oder Läufer auszulegen, auch weil die Aufmerksamkeit der Kunden durch ausgestellte Waren in Anspruch genommen werde. Beim Sturz habe er eine subtotale Ruptur der Subscapularissehne, eine LBS-Tendinitis-Schulter rechts und fibulotalare Distorsion rechts erlitten. Die Verletzung sei noch nicht vollständig ausgeheilt und es stehe fest, dass allenfalls 90 % der natürlichen Funktionsfähigkeit seines Armes wieder hergestellt werden könne.
Der Kläger beziffert seinen bisher entstanden materiellen Schaden auf 8.322,96 EUR. Er hält ein Schmerzensgeld von 12.500 EUR für angemessen. Er begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden.
Die Beklagte hat den Unfallhergang und die Unfallfolgen bestritten. Sie habe alles Erforderliche getan, um witterungsbedingte Unfälle der von dem Kläger geschilderten Art zu vermeiden. Sie habe im Eingangsbereich eine Schutzmatte ausgelegt und mit Warnschildern darauf hingewiesen, wie man sich bei Benutzung des Rollbandes zu verhalten habe. Aus technischen Gründen sei es ausgeschlossen, dass sich auf dem Rollband eine glitschige schmierige Fläche bilde.
Das LG hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen. Es sei zwar davon auszugehen, dass der Kläger auf dem Rollband des Rheinhessen-Centers in Alzey gestützt sei. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten könne jedoch nicht festgestellt werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe eine Fußmatte ausgelegen und seien Warnschilder zu dem Verhalten der Kunden während des Benutzens des Rollbandes angebracht gewesen. Auch bei Anwendung aller Sorgfalt lasse sich in einem solchen Center nicht verhindern, dass bei Regenwetter Feuchtigkeit bis auf das Rollband gelange. Die Rutschgefahr sei für den durchschnittlichen Kunden ohne weiteres erkennbar gewesen. Der Kläger habe nicht zu beweisen vermocht, dass die Beklagte durch das Aufstellen von Werbeschildern eine besondere Gefahrenlage geschaffen habe.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Sachvortrag und macht geltend, das LG sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass am Unfalltag eine Fußmatte im Eingangsbereich gelegen habe. Die ausgelegte Fußmatte sei im Übrigen nicht ausr...