Leitsatz (amtlich)
Lässt eine rheinland-pfälzische Gemeinde den Revierdienst durch staatliche Bedienstete durchführen (Organleihe), bleibt hiervon ihre Zuständigkeit für den Betriebsvollzug sowie die sonstigen forstlichen Aufgaben unberührt; umfasst ist damit auch die Gefahrenabwehr als Aufgabe des Revierdienstes (Verkehrssicherungspflicht).
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1; LWaldG-RP § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 5, § 9 Abs. 1, § 28 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 31.01.2013; Aktenzeichen 1 O 128/12) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Koblenz vom 31.1.2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger; die Kosten der Nebenintervention trägt der Streithelfer selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die klagenden Eheleute verfolgen gegenüber der beklagten - verbandsangehörigen - Stadt einen Schadensersatzanspruch wegen eines Baumsturzes von einem benachbarten Waldgrundstück.
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat mit Urteil vom 31.1.2013 (Bl. 76 ff. GA) die Klage abgewiesen; hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Auf die mit der Berufungsbegründung erfolgte Streitverkündung der Kläger ist das Land Rheinland-Pfalz dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetreten (Schriftsatz vom 14.8.2013; Bl. 165 ff. GA); in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde die Beitrittserklärung zurückgenommen (Protokoll vom 5.9.2013; Bl. 173 GA).
Die Kläger rügen die Verletzung materiellen Rechts; das LG habe zu Unrecht eine Verkehrssicherungspflichthaftung der Beklagten für ihren Baumbestand verneint. Die grundsätzliche Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers einer Sache sei durch die Vorschriften des LWaldG RP nicht geändert worden; zumindest müsse eine gesamtschuldnerische Haftung der Gemeinde als Grundstückseigentümerin - hilfsweise als Kontroll- und Aufsichtspflichtige - und des Landes als Inhaber des forsttechnischen Bereichs eingreifen. Die Beklagte habe auch in jedem Fall die ihr obliegenden (Verkehrssicherungs- oder Kontroll-)Plichten verletzt; es müsse nämlich bereits eine nahe liegende Möglichkeit des Schadenseintritts genügen. Für das Umstürzen von zehn Bäumen Anfang des Jahres 2010 sei gerade kein Wetterphänomen verantwortlich gewesen; nachfolgend habe daher konkret damit gerechnet werden müssen, dass (weitere) Bäume vom Grundstück der Beklagten umstürzen und Schäden (auch) auf dem Nachbargrundstück der Kläger verursachen könnten. Gleichwohl habe die Beklagte nichts zur nachhaltigen Gefahrbeseitigung veranlasst; der Baum sei am 13.2.2011 nur deshalb umgestürzt, weil er aufgrund seiner Größe, der Bodenbeschaffenheit und der konkreten Lage keinen sicheren Halt gehabt habe.
Die Kläger beantragen, das Urteil des LG Koblenz vom 31.1.2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 2.920,04 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2012 sowie vorgerichtliche Mahnkosten i.H.v. 383,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Aktivlegitimation der Klägerin zu 1. in Ansehung des beschädigten Pkw sei weiter zu bestreiten; das LG habe in der Sache zutreffend auch die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des Körperschaftswaldes dem Forstamt und damit letztlich dem Land Rheinland-Pfalz auferlegt. Jedenfalls aber scheitere die Klage daran, dass auch und gerade die verantwortlichen Mitarbeiter des Forstamtes ihrer (Verkehrssicherungs-)Pflicht genügt hätten; der gegenläufige Sachvortrag der Kläger sei bereits mangels Substanz unbeachtlich. Der Baumbestand vor Ort sei im Anschluss an das Schadensereignis aus dem Jahre 2010 insgesamt und sorgfältig geprüft worden, wobei sich keine wie auch immer gearteten Bedenken gegen die Standfestigkeit des verbliebenen Baumbestandes ergeben hätten.
II. Die - zulässige - Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat im Ergebnis mit Recht einen - deliktischen - Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die beklagte Stadt wegen des Baumsturzes vom 13.2.2011 bereits dem Grunde nach verneint.
Es wird auf die Hinweise und die ausführliche Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen.
a) Soweit das LG bereits die Verkehrssicherungspflichtigkeit (Passivlegitimation) der Beklagten für das fragliche Waldgrundstück verneinen will, verkennt dies allerdings das geltende (Landes-)Recht. Es handelt sich hier um Körperschaftswald (Gemeindewald) i.S.d. § 2 Nr. 2 des Landeswaldgesetzes (LWaldG) vom 30.11.2000 (GVBl. S. 504; BS 790-1), für den die Beklagte als Waldbesitzende den Revierdienst durchzuführen hat (§§ 3 Abs. 5, 9 Abs. 1 LWaldG). Soweit die Gemeinde - wie hier - den Revierdienst durch staatliche Bedienstete (Revierbeamte) durchführen lässt, bleibt hiervon ihre Zuständigkeit für den Betriebsvollz...