Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht zur Verringerung der Steuerlast, Wert mietfreien Wohnens und Nebeneinkünfte beim Kindesunterhalt
Normenkette
ZPO §§ 539-540, 623 Abs. 1 S. 1; BGB § 1603 Abs. 2, § 1612b
Verfahrensgang
AG Trier (Aktenzeichen 11 F 214/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des AG – FamG – Trier vom 15.12.2000 unter Ziffer III teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verurteilt, zu Händen der Antragstellerin folgenden Kindesunterhalt zu zahlen:
für die am 27.11.1983 geborene Tochter R.
– für die Monate Februar 2000 bis September 2001 insgesamt 5.889,00 DM,
– für Oktober 2001 574 DM und
– ab November 2001 monatlich 630 DM
für die am 10.8.1988 geborene Tochter A.
– für die Monate Februar 2000 bis September 2001 insgesamt 6.063 DM,
– für Oktober 2001 539 DM und
– ab November 2001 monatlich 574 DM
für den am 17.12.1992 geborenen Sohn M.
– für die Monate Februar 2000 bis September 2001 insgesamt 4.364 DM,
– für Oktober 2001 425 DM und
– ab November 2001 monatlich 450 DM
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Hinsichtlich der Kosten erster Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Antragstellerin zu 2/5 und der Antragsgegner zu 3/5 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Antragsgegner schuldet der Antragstellerin für die minderjährigen Kinder R. (geboren am 27.11.1983), A. (geboren am 10.8.1988) und M. (geboren am 17.12.1992) weitergehenden Unterhalt in der im Tenor ausgewiesenen Höhe (§§ 1602, 1603, 1610 BGB).
Die Antragstellerin ist insoweit auch über die Rechtskraft der Scheidung hinaus bis zum Abschluss des anhängigen Unterhaltsverfahrens gem. § 1629 Abs. 3 BGB prozessführungsbefugt (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1629 Rz. 34 m.w.N.).
Dass die Klage nicht nur den Unterhalt für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung betrifft, sondern entgegen § 623 Abs. 1 S. 1 ZPO auch Unterhalt für die Zeit des Getrenntlebens in das Scheidungsverbundverfahren einbezogen hat, ist, nachdem die Scheidung zwischenzeitlich rechtskräftig wurde, unerheblich. Zwar kann der Unterhalt für die Trennungszeit grundsätzlich nicht im Verbund mit dem Scheidungsverfahren geltend gemacht werden, sodass das FamG das Verfahren über den Unterhalt für die Zeit vor der Scheidung hätte abtrennen und in einem isolierten Verfahren verhandeln müssen (vgl. Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 3. Aufl., § 623 Rz. 3 m.w.N.). Jedoch wäre es, nachdem die Scheidung rechtskräftig und nur noch der Kindesunterhalt zu regeln ist, vom Sinn und Zweck des Verbundes nicht mehr gedeckt und es widerspräche in grobem Maße der Prozessökonomie, den einheitlichen Anspruch auf Kindesunterhalt für die Trennungszeit und für die Zeit nach Scheidung prozessual aufzuteilen und im anhängigen Verfahren nur über den nachehelichen Kindesunterhalt zu entscheiden, während die Klage für die davorliegende Zeit – obwohl ebenfalls in der Sache entscheidungsreif – in die erste Instanz zurückverwiesen werden müsste, um sie dort abzutrennen und in einem isolierten Verfahren zu verhandeln. Daher befindet der Senat (entgegen OLG Dresden v. 21.5.1997 – 20 UF 17/97, OLGR Dresden 1998, 230 = FamRZ 1998, 1389) über den gesamten klagegegenständlichen Unterhaltszeitraum.
Das für die Bestimmung des Unterhalts maßgebliche Einkommen des Antragsgegners entnimmt der Senat den vorgelegten Verdienstbescheinigungen, wobei der Antragsgegner sich jedoch so behandeln lassen muss, als hätte er sich im Hinblick auf die anfallenden Werbungskosten (vgl. Einkommensteuerbescheid für 1998, Bl. 111 d.A.) einen Steuerfreibetrag auf die Lohnsteuerkarte eintragen lassen. Zur Sicherung des Existenzminimums seiner minderjährigen Kinder war er nämlich gehalten, diese Möglichkeit zur Verringerung der Steuerlast auszuschöpfen. Aus gleichem Grund ermittelt der Senat das für das Jahr 2001 maßgebliche Nettoeinkommen durchgängig wie im Vorjahr auf der Grundlage der Steuerklasse II/0,5. Der Antragsgegner hätte nämlich die ihm zugeteilte, die Steuerklasse I/0,0 ausweisende Lohnsteuerkarte entsprechend abändern lassen können, weil der bei ihm lebende Sohn P. sich trotz Vollendung des 18. Lebensjahres weiterhin in Schulausbildung befand.
Aufwendungen für die Fahrten zur Arbeitsstelle sind – abweichend von der üblichen Pauschalierung – für insgesamt 240 Arbeitstage im Jahr anzuerkennen, nachdem der Antragsgegner im Einzelnen die Notwendigkeit zusätzlicher Fahrten auf Grund seiner Tätigkeit als Redakteur dargelegt hat. Soweit die Antragstellerin dies im nachgelassenen Schriftsatz vom 28.8.2001 ohne konkreten Gegenvortrag bestreitet, ist dies im Hinblick darauf, dass ihr die Arbeitsabläufe aus der Zeit des Zusammenlebens mit dem Antragsgegner bekannt sind, unzureichend (§ 138 Abs. 1 und 3 ZPO), zumal die erhöhte Anzahl an Fahrte...