Entscheidungsstichwort (Thema)
Genehmigung der unwirksamen Leistung an Nichtberechtigten kann zur Eingriffskondiktion des Berechtigten nach § 816 Abs. 2 BGB führen
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Rechtsanwalt mit Geldempfangsvollmacht veranlasst, die vom Schuldner seines Mandanten vereinnahmte Zahlung nicht an die eigene Partei, sondern an einen nicht berechtigten Dritten weiterzuleiten, schuldet er seinem Auftraggeber weiterhin die Herausgabe des Erlangten.
2. Richtet sich die anschließende Zahlungsklage des Mandanten nicht gegen den Anwalt, sondern gegen den nicht berechtigten Dritten, kann das auch dann eine die Voraussetzungen des § 816 Abs. 2 BGB herbeiführende Genehmigung der zunächst unwirksamen Verfügung sein, wenn dem Begehren eine unzutreffende Rechtsansicht zugrunde liegt (hier: der nicht berechtigte Dritte habe das Geld für den Berechtigten als dessen Bevollmächtigter vereinnahmt). Maßgeblich ist allein, dass der Berechtigte auf jene Vermögensmehrung zugreifen will, die der Zahlungsempfänger in einer dem Berechtigten gegenüber zunächst unwirksamen Weise erlangt hat.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 185, 667, 675, 812, 816 Abs. 2, § 2058
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 14.02.2014; Aktenzeichen 8 O 250/12) |
Tenor
1. Die Berufung gegen das Urteil des LG Koblenz vom 14.2.2014 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die klagende GmbH beansprucht vom Beklagten die Zahlung von 17.514,07 EUR, die er durch Einlösung eines entsprechenden Verrechnungsschecks vereinnahmt haben soll, obwohl der Scheckbetrag der Klägerin zustand.
Widerklagend begehrt der Beklagte die Erstattung von 1.373 EUR, die er zur Entlastung der eigentlich verpflichteten Klägerin an seine Enkelin Jennifer H. gezahlt hat.
All das hat folgenden tatsächlichen Hintergrund:
Birgit H., eine ehemalige Schwiegertochter des Beklagten, war bis Mitte 2007 als kaufmännische Angestellte in der GmbH tätig, deren Mitgesellschafter und Geschäftsführer seinerzeit der Beklagte war. Im Mai 2007 hatte Birgit H. einen auf das Konto der GmbH gezogenen Verrechnungsscheck über 15.000 DM auf ihrem Privatkonto eingelöst. Wenig später (Juni 2007) wurde das Arbeitsverhältnis seitens der GmbH gekündigt.
Die unbefugte Scheckeinlösung führte zu einem Arbeitsgerichtsprozess der Klägerin gegen Birgit H.. Durch gerichtlichen Vergleich vom 10.11.2009 verpflichtete sie sich, 15.000 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.8.2007 an die Klägerin zu zahlen. Prozessbevollmächtigter der Klägerin im Arbeitsgerichtsprozess war Rechtsanwalt W..
Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin war zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses nicht mehr der Beklagte. Denn er und die Mitgesellschafterin Ramona H. (Tochter des Beklagten) hatten zuvor im Juli 2009 ihre gesamten Geschäftsanteile auf die heutigen Gesellschafter übertragen. Dabei erklärte die Verkäuferin, Frau Ramona H. (Tochter des Beklagten), ebenso wie der Beklagte selbst, dass
"die Gesellschaft nur mit Verbindlichkeiten aus dem laufenden Geschäftsverkehr belastet ist und insbesondere keine Darlehensverbindlichkeiten mehr aufweist"
(Seite 5 der Urkunde des Notars Dr. M. in L. vom 8.7.2009 - Urkundenrolle Nr. 471/2009).
Weiter ist dort vereinbart:
"Die zu Gunsten von Frau Birgit H. und Jennifer H. bestehende Pensionszusage vom 8.11.2001 mit allen sich daraus ergebenden Verpflichtungen wird im Innenverhältnis vom Verkäufer übernommen. Dieser stellt den Käufer und die H. GmbH... hiervon in vollem Umfang frei."
Den Vergleichsbetrag von (einschließlich Zinsen) 17.514,07 EUR überwies Birgit H. nicht unmittelbar an die Klägerin als Vergleichsgläubigerin, sondern an deren damaligen Prozessbevollmächtigten, den Zeugen Rechtsanwalt W.. Dieser wiederum leitete das empfangene Geld nicht an seine Mandantin, die Klägerin, weiter, sondern stellte einen Verrechnungsscheck zu Gunsten Ramona H. und Volkmar H. (Kläger) aus, auf deren Konto der Scheck auch eingelöst wurde.
Der Beklagte hält die aus Ramona H. und ihm selbst bestehende Erbengemeinschaft deshalb für sachbefugt, weil er (unstreitig) gemeinsam mit seiner Tochter Ramona H. Erbe des am 3.4.2007 verstorbenen Ralph H., dem Ehemann der Birgit H., ist. Vom Privatkonto des Ralph H. hatte Birgit H. seinerzeit unbefugt 25.000 EUR auf ein Konto der GmbH überwiesen, die daher einem entsprechenden Rückforderungsanspruch der Erbengemeinschaft nach Ralph H. ausgesetzt gewesen sein soll. Im Arbeitsgerichtsprozess sei man daher darüber einig gewesen, dass der von Birgit H. zu zahlende Betrag entgegen der Titulierung nicht der GmbH (Klägerin) zustehe, sondern der Erbengemeinschaft nach Ralph H., für die er - Beklagter - das Geld in Empfang genommen habe.
Den mit der Widerklage verfolgten Betrag schulde die Klägerin, weil sie sich gegenüber Birgit H. in dem gerichtlichen Vergleich verpflichtet habe, eine entsprechende Zahlung an Jennifer H. zu leisten, was der Beklagte in Entlastung der Klägeri...