Leitsatz (amtlich)
Ein Versicherungsnehmer kann von dem Versicherer gemäß Art. 15 DS-GVO Auskunft über die Höhe früherer Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung sowie Übersendung von Versicherungsscheinen verlangen; den Auskunftsanspruch kann er im Wege einer Stufenklage nach § 254 ZPO geltend machen.
Normenkette
EUV 2016/679 Art. 15
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 02.09.2022; Aktenzeichen 16 O 324/21) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 02.09.2022 teilweise aufgehoben und auf der ersten Stufe der erhobenen Stufenklage (Berufungsantrag zu 1.) insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die sie in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zur Versicherungsnummer ... in den Jahren 2011 sowie 2013 bis 2018 vorgenommen hat und dem Kläger hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen für die vorgenannten Jahre die folgenden Angaben enthalten sind:
a) die Höhe der Beitragsanpassungen unter Benennung der jeweiligen Tarife und
b) die dem Kläger zum Zwecke der Beitragsanpassung übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein.
Im Übrigen (Auskunftsantrag zu c) - auslösende Faktoren) wird die Klage abgewiesen.
Im Umfang der Klageabweisung wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Sache wird zur Verhandlung über die weiteren Anträge und zur Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil, soweit es Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht im Wege der Stufenklage Ansprüche gegenüber der Beklagten im Zusammenhang mit Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung geltend.
Der Kläger schloss bei der Beklagten einen Vertrag über eine private Krankenversicherung ab und leistete Prämienzahlungen. Er ist der Auffassung, von der Beklagten vorgenommene Beitragsanpassungen seien unwirksam.
Mit seiner Stufenklage hat er - sinngemäß - zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über alle Beitraganpassungen in den Jahren 2011 sowie 2013 bis 2018 zu erteilen und ihm hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die folgenden Angaben enthalten sind:
a) die Höhe der Beitragsanpassungen unter Benennung der jeweiligen Tarife,
b) die dem Kläger zu diesem Zweck übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen,
c) die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrags seit dem 01.01.2012;
2. festzustellen, dass die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1. noch genauer zu bezeichnenden Neufestsetzungen der Prämien unwirksam sind und er nicht zur Zahlung des jeweiligen Differenzbetrages verpflichtet ist, sowie dass der monatlich fällige Gesamtbetrag für die Zukunft auf einen nach Erteilung der Auskunft noch zu beziffernden Betrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkungen zu reduzieren ist;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1. noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. die Beklagte zu verurteilen, ihm Nutzungen in nach Erteilung der Auskunft zu 1. noch zu beziffernder Höhe herauszugeben und Zinsen aus den herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
5. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger hinsichtlich der außergerichtlichen anwaltlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.212,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Wegen der konkreten Fassung der Klageanträge sowie der tatsächlichen Feststellungen und des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klageanträge zu 2. bis 4. seien unzulässig, da sie als unbezifferte Anträge nicht hinreichend bestimmt seien. Die Voraussetzungen einer Stufenklage nach § 254 ZPO seien nicht erfüllt. Auch der Auskunftsantrag sei unzulässig. Eine Umdeutung eines im Wege der Stufenklage erhobenen Auskunftsanspruchs in eine selbständige Auskunftsklage komme nur dann in Betracht, wenn Klage auch für den Fall erhoben worden wäre, dass eine Stufung unzulässig ist. Das sei...