Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungshemmungs- und -unterbrechungswirkung von Klage und selbständigem Beweisverfahren im Bauprozess
Leitsatz (amtlich)
1. Die durch eine Klage oder ein selbständiges Beweisverfahren bewirkte Hemmung der Verjährung kommt ausschließlich der jeweils antragstellenden Partei zugute. Zu Gunsten der werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche desjenigen, der lediglich eine Werklohnklage des Unternehmers gegen sich führen lässt, wirkt die Hemmung nicht.
2. Zur Frage, wann die Verjährungseinrede im Bauprozess treuwidrig ist (hier verneint).
Normenkette
BGB §§ 195, 203-204, 209, 242; BGB a.F. § 208; ZPO §§ 253, 485, 493; VOB/B § 13 Nr. 4 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 28.01.2013; Aktenzeichen 4 O 112/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Trier vom 28.1.2013 geändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann jedoch die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt einen Vorschuss auf die Kosten zur Beseitigung der Mängel an einer Astron - Stahlhalle, die die Beklagte für ihn aufgrund eines 1998 geschlossenen "Werklieferungs- und Kaufvertrages" errichtet hatte. Nachdem die Parteien am 1.9.1998 eine Vereinbarung zur Bauabnahme geschlossen hatten, kam es in der Folgezeit in den Jahren 2000 und 2001 zum Austausch von Mängellisten, zu einem Sanierungsvorschlag der Beklagten und zu Nachbesserungsarbeiten, über deren Ergebnis erneut Streit entstand.
Da die Beklage der Auffassung war, sie habe alle Mängel beseitigt, strengte sie zur Durchsetzung ihres restlichen Werklohnanspruchs im Juni 2002 ein selbständiges Beweisverfahren an mit dem Begehren, sachverständig feststellen zu lassen, dass sie ihre Leistungen nun mangelfrei erbracht habe und die vom Kläger weiter gerügten Mängel nicht (mehr) vorhanden seien (4 OH 20/02 LG Trier). Das Verfahren wurde durch Beschluss vom 25.9.2003 "wegen der Rechtshängigkeit des Hauptsacheverfahrens 4 O 30/01 LG Trier eingestellt".
In dem Verfahren 4 O 30/01 LG Trier begehrte die Beklagte (dortige Klägerin) mit Mahnbescheid vom 2.1.2001 offenen Restwerklohn. Nach Widerspruch des Klägers (dortiger Beklagter) begründete sie ihre Klage mit Schriftsatz vom 14.8.2003 ausdrücklich damit, dass ihr der Restwerklohn zustehe, weil sie ihre Leistung mangelfrei erbracht habe. Soweit der Besteller noch Mängel behaupte, mache sie die Verjährung des Gewährleistungsanspruchs geltend.
Der Kläger (dortiger Beklagter) wandte ein, der Werklohn sei nicht fällig, es bestünden zahlreiche Mängel wegen der er ein Zurückbehaltungsrecht habe. Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen behalte er sich vor.
Nachdem das LG im Termin vom 21.7.2004 die Auffassung vertreten hatte, Gewährleistungsansprüche seien nicht verjährt, gab die Beklagte zu Protokoll, sie werde keine Nachbesserungsarbeiten mehr vornehmen, es sollten die Kosten der Beseitigung durch Dritte ermittelt werden. In der Folgezeit versuchten die Parteien immer wieder zu einer gütlichen Regelung zu kommen, bis zuletzt die Vertreterin der Beklagten (dortige Klägerin) im Termin vom 24.2.2010 ausdrücklich erklärte, der Anspruch auf Zahlung des Werklohns werde uneingeschränkt ohne synallagmatische Verknüpfung geltend gemacht. Sie gab den Standpunkt, die Gewährleistungsrechte seien verjährt, aber zu keinem Zeitpunkt auf.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 17.3.2010 wies das LG die Klage mit der Begründung ab, dass ein Anspruch auf unbedingte Verurteilung nicht bestehe, weil Mängel vorlägen, deren Wert die Klageforderung übersteige.
Im Verfahren hier hat der Kläger die Zahlung eines Vorschusses für die Kosten der Beseitigung der Mängel verlangt (6 GA) und in erster Instanz beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 98.762,37 EUR nebst Verzugszinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.071,12 EUR nebst Verzugszinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie leugnet die Voraussetzungen eines Kostenvorschussanspruches und erhebt die Einrede der Verjährung.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Es ist der Auffassung, die Mängel seien unstreitig. Die Gewährleistungsansprüche seien nicht verjährt, weil die Beklagte im August 2001 konkludent einen Verjährungsverzicht ohne zeitliche Beschränkung erklärt habe.
Mit der Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt, unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger tritt dem aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des S...