Entscheidungsstichwort (Thema)
Hochwasserschadens
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 19.05.1995; Aktenzeichen 4 O 132/94) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 19. Mai 1995 teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Klageantrag ist dem Grunde nach zu 2/3 gerechtfertigt.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs wird die Sache an das Landgericht Trier zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu befinden hat.
Tatbestand
Die Kläger begehren Schadensersatz von 14.720,00 DM nebst Zinsen, weil ihre in einem Schließfach der beklagten Bank deponierten Wertsachen durch Hochwasser beschädigt wurden.
1989 schlossen die Parteien einen Schrankfach-Mietvertrag zu den von der Beklagten aufgestellten „Sonderbedingungen für die Vermietung von Schrankfächern”. Danach hat die Beklagte nur für eigenübliche Sorgfalt einzustehen; sie haltet nur für grobes Verschulden. Das Bankgebäude in … ist wegen der Hochwassergefahr in einer isolierten Betonwanne errichtet. Die Schließfächer befinden sich im Kellergeschoß; das der Kläger liegt in der untersten Reihe 13 cm über dem Kellerboden.
Bei dem „Jahrhunderthochwasser” im Dezember 1993 drang Wasser in das Bankgebäude ein. Es stand am Abend des 21. Dezember 1993 ca. 1 cm hoch auf dem Kellerfußboden. Der Bankkaufmann K. blieb bis gegen 22.00 Uhr im Gebäude. Weil das Wasser bis zu diesem Zeitpunkt nicht weiter anstieg, begab er sich nach Hause. Am Morgen des 22. Dezember 1993 stand der gesamte Keller ca. 70 cm hoch unter Wasser. Vom Schadensereignis wurden die Beklagten am 27. Dezember 1993 informiert, worauf sie ihr Schrankfach räumten. Insbesondere die dort gelagerten Uhren wiesen erhebliche Feuchtigkeitsschäden auf.
Die Kläger halten die Haftungsbeschränkung in den AGB der Beklagten für unwirksam. Sehe man das anders, habe die Beklagte jedenfalls grob fahrlässig versäumt, am 21. Dezember 1993 telefonisch auf die Gefahr hinzuweisen. Gegebenenfalls wäre das Schrankfach unverzüglich geräumt worden. Die verzögerte Schadensmeldung am 27. Dezember 1993 habe den bereits 5 Tage zuvor eingetretenen Schaden erhöht.
Die Beklagte hält ihre AGB für wirksam und verneint eine grobe Pflichtverletzung. Ihr Mitarbeiter habe in den Abendstunden des 21. Dezember 1993 darauf vertrauen dürfen, daß das Wasser nicht weiter steige.
Das Landgericht, auf dessen Entscheidung zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, hat Zeugenbeweis erhoben und die Kellerräume der Bank besichtigt. Es hat die Klage sodann mit der Begründung abgewiesen, wegen der vorhandenen Hebeanlage habe die Beklagte darauf vertrauen dürfen, daß auch das weiter eindringende Wasser abgepumpt würde. Ein für die Haftung erforderliches grobes Verschulden sei daher nicht gegeben.
Mit ihrer Berufung rügen die Kläger, das Landgericht habe übersehen, daß die Beklagte nach § 538 BGB verschuldensunabhängig hafte. Im übrigen sei der Schaden aber auch grob fahrlässig herbeigeführt worden.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 14.720,00 DM nebst 4 % Zinsen seit 11. Mai 1994 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die vor Ort wohnenden und daher umfassend informierten Kläger erwarteten von der Beklagten mehr, als sie selbst seinerzeit für erforderlich gehalten hätten. Die Schadenshöhe bleibe bestritten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat einen Teilerfolg. Nach Auffassung des Senats hat das Landgericht die Klage zu Unrecht umfassend abgewiesen. Die Beklagte schuldet den Klägern Ersatz von 2/3 des Schadens, dessen Höhe das Landgericht noch feststellen muß. Wegen des Streites über den Betrag des Anspruchs konnte der Senat daher lediglich über den Anspruchsgrund vorab entscheiden (§§ 523, 304 Abs. 1 ZPO).
Die Haftung der Beklagten folgt allerdings nicht aus § 538 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift schuldet der Vermieter Schadensersatz wegen Nichterfüllung, wenn schon bei dem Abschluß des Mietvertrages ein Mangel der in § 537 BGB bezeichneten Art vorhanden war. Die Lage der Räume mit dem gemieteten Schließfach im hochwassergefährdeten Gebiet stellt indes hier keinen Fehler der Mietsache dar. Aus der bloßen Tatsache, daß die Möglichkeit einer schädlichen Einwirkung von Naturkräften auf die Mietsache besteht, kann jedenfalls dann, wenn eine solche Einwirkung zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrages nicht voraussehbar und darüber hinaus kein Anhaltspunkt dafür gegeben war, daß eine solche Einwirkung befürchtet werden mußte, nicht gefolgert werden, die Mietsache sei fehlerhaft, weil sie später wider Erwarten dennoch durch eine Naturkatastrophe in Mitleidenschaft gezogen wird (vgl. BGH NJW 1971, 424, 525 = BG...