Verfahrensgang
LG Mainz (Entscheidung vom 08.03.1994; Aktenzeichen 6 O 184/93) |
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 8.3.1994 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mainz wird zurückgewiesen.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der klagende Verbraucherschutzverein nimmt die Beklagte gem. § 13 AGB-Gesetz (AGBG) auf Unterlassung der Verwendung der Klausel
"Ware in einwandfreiem Zustand erhalten:
Unterschrift des Kunden"
in Anspruch.
Die Klausel verwendet die Beklagte im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes auf der Vorderseite von mit "Möbel-Auftrag" überschriebenen Auftragsformularen über neu hergestellte Einrichtungsgegenstände. Auf der Rückseite sind "Allgemeine Geschäftsbedingungen" abgedruckt, die die Vertragsparteien als Verkäufer und Käufer bezeichnen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat der Beklagten untersagt, die vorstehende Klausel in Bezug auf Kaufverträge über neu hergestellte Einrichtungsgegenstände in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen, ausgenommen gegenüber einem Kaufmann im Rahmen des Handelsgewerbes.
Es hat entschieden, die Klausel sei gem. § 11 Nr. 15 b AGBG unwirksam. Die Beklagte lasse sich als Verwenderin Tatsachen bestätigen, was bei der bloßen Entgegennahme verpackter Ware zur Beweislastumkehr zu Lasten des Kunden führe. Aber auch im Fall der Entgegennahme ausgepackter Ware, in dem der Kunde die Beweislast (ohnehin) trage, führe die Tatsachenbestätigung zu einer erheblichen Erschwerung der Beweisführung des Kunden, was nach Sinn und Zweck des § 11 Nr. 15 b Satz 1 AGBG verhindert werden solle. Bei der vorformulierten Erklärung handele es sich nicht um ein "gesondert unterschriebenes Empfangsbekenntnis" im Sinn des § 11 Nr. 15 b Satz 2 AGBG. Zwar sei dazu keine besondere Urkunde erforderlich, jedoch dürfe sich die Unterschrift auf dem Formular nur auf das Empfangsbekenntnis beziehen. Hier werde jedoch außer dem bloßen Empfang der Ware auch noch die Mangelfreiheit der empfangenen Ware bestätigt, was über § 11 Nr. 15 b Satz 2 AGBG hinausgehe.
Die Beklagte macht mit der Berufung im wesentlichen geltend, die Klausel verstoße nicht gegen § 11 Nr. 15 b Satz 1 AGBG, weil es sich um ein gesondert unterschriebenes Empfangsbekenntnis im Sinn des § 11 Nr. 15 b Satz 2 AGBG handele. Zumindest sei die beanstandete Regelung einem Empfangsbekenntnis im Sinne dieser Vorschrift gleichzustellen. Unter diese Vorschrift fielen auch gesondert zu unterzeichnete Empfangsbekenntnisse, in denen neben der Tatsache des Empfangs der Leistung auch deren Mangelfreiheit bestätigt werde. Das gelte z.B. für Abnahmebestätigungen, wie sie beim Werkvertrag, insbesondere bei Abnahme von Bauleistungen, benutzt würden.
Die Beklagte beantragt,
das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält der Berufung entgegen, daß die Klausel vornehmlich Kauf- und nicht Werkverträge betreffe.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zutreffend entschieden.
Die Berufungsangriffe bleiben ohne Erfolg.
I.
Die beanstandete Klausel ist gem. § 11 Nr. 15 b AGBG unwirksam.
1.
Das Landgericht hat die Klausel zutreffend als allgemeine Geschäftsbedingung im Sinn des § 1 Abs. 1 AGBG gewertet. Nach dieser Vorschrift sind AGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die der Verwender der anderen Partei bei Abschluß eines Vertrages stellt, also sämtliche einseitig für eine mehrfache Verwendung vorgefertigten Erklärungen, die auf die Regelung des Inhaltes des Vertrages abzielen (vgl. BGH NJW 1986, 2574, 2575). Daß die Klausel, mit der der Erhalt mangelfreier Ware bestätigt wird, diese Merkmale erfüllt, kann keinem Zweifel unterliegen.
2.
Die Beklagte läßt sich als Verwender mit der Klausel bestimmte Tatsachen bestätigen (§ 11 Nr. 15 b AGBG). Die Tatsachenbestätigung, die Ware in einwandfreiem Zustand erhalten zu haben, führt dazu, daß ein späteres gegenteiliges Vorbringen des Kunden erschwert oder unmöglich wird. Schon die Erschwerung bedeutet eine Änderung der Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteiles im Sinn des § 11 Nr. 15 AGBG und unterliegt deshalb dessen Verbot. Abgesehen von der gar zur Beweislastumkehr führenden Bestätigung bei bloßer Entgegennahme von verpackter Ware, die nicht als Annahme im Sinne des § 363 BGB angesehen werden kann (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 54. Auflage, § 363 Rn. 2), unterfällt demnach die Bestätigung auch für den Fall dem Verbot des § 11 Nr. 15 AGBG, daß der Kunde (ohnehin) beweisbelastet ist. Die Klausel kann dann nämlich zur Folge haben, daß der Richter die Anforderungen an den Beweis zum Nachteil des beweisbelasteten Kunden erhöht. Hier wird seine Entscheidung zum Nachteil des Kunden unter andere Beweislastanforderungen gestellt, als das Gesetz oder die anerkannten Grundsätze dies vorsehen (vgl. BGH...