Leitsatz (amtlich)
Zur Straßenverkehrssicherungspflicht einer rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinde (hier: Aufbruch im Asphaltbelag eines durch Straßenlaternen indirekt beleuchteten Gehwegs).
Normenkette
BGB § 839 Abs. 1; LStrG RP § 11 Abs. 1, §§ 14, 48 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 15.12.2009; Aktenzeichen 11 O 85/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Trier vom 15.12.2009 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszug trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der beklagten Verbandsgemeinde die Zahlung von Schmerzensgeld wegen eines behaupteten Sturzes am 29.11.2007, gegen 22.45 Uhr, auf dem Bürgersteig der S.-Straße in K..
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Bei der fraglichen - durch Straßenlampen der gegenüberliegenden Straßenseite indirekt beleuchteten - Sturzstelle vor dem Hausanwesen S.-Straße 12/13 handelt es sich um einen Aufbruch im Asphaltbelag des Bürgersteigs (Lichtbilder Bl. 6 GA; Protokoll vom 10.11.2009 [Bl. 28 GA]). Die Klägerin wohnte damals im Hausanwesen S.-Straße 17.
Das LG hat - nach Beweisaufnahme - mit Urteil vom 15.12.2009 (Bl. 32 ff. GA) der auf Zahlung eines Schmerzensgeldes (angemessene Höhe nach der Angabe in der Klageschrift: 2.500 EUR) sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 272,82 EUR gerichteten Klage in Höhe eines Schmerzensgeldes von 800 EUR nebst Zinsen sowie hinsichtlich des Freistellungsantrags i.H.v. 124,35 EUR stattgegeben; es hat den Streitwert auf 800 EUR festgesetzt und die Beklagte weiter zur vollständigen Tragung der Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug verurteilt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagte rügt den vom LG - unter Verkennung der gefestigten Grundsätze der Rechtsprechung - festgestellten Anspruchsgrund sowie - weiter - eine verfahrensfehlerhaft unterlassene Beweisaufnahme über die "bestrittenen Beschwerden der Klägerin und die Ursächlichkeit des angeblichen Unfalls"; bei der vom LG getroffenen Kostenentscheidung werde zudem das teilweise Unterliegen der Klägerin missachtet.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Trier vom 15.12.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil; das LG habe den Sachverhalt zutreffend ermittelt und sei auf dieser Grundlage zu folgerichtigen rechtlichen Schlussfolgerungen gelangt. Die Lichtverhältnisse seien zum Zeitpunkt der vor Ort durchgeführten erstinstanzlichen Beweisaufnahme "sogar noch schlechter als während des Unfalls" gewesen; die Beklagte habe bewusst ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt.
II. Die Berufung ist zulässig und auch begründet.
Ein (immaterieller) Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die - anstelle der verbandsangehörigen Stadt K. eintretende (§ 68 Abs. 2 Satz 1 GemO i.V.m. §§ 11 Abs. 1, 14 LStrG) - beklagte Verbandsgemeinde wegen schuldhafter Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht (§§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, § 253 Abs. 2 BGB; § 48 Abs. 2 LStrG) besteht nicht.
Der hier fragliche Sturz ist schon nach der eigenen Sachdarstellung der Klägerin nicht auf eine Amtspflichtverletzung zurückzuführen. Der Zustand des Gehwegs in Höhe des Hausanwesens S.-Straße 12/13 in K. zum behaupteten Unfallzeitpunkt begründete - entgegen der Auffassung des LG - keine von der Beklagten zum Schutze der Fußgänger abzusichernde Gefahrenstelle.
Das LG hat den gegenständlichen Asphaltaufbruch, ohne hierzu nähere - konkrete - tatsächliche Feststellungen zu treffen, als "nicht unerhebliche Unebenheit des Bürgersteigs" angesehen. In deren Nichtbeseitigung durch die Beklagte hat es ersichtlich - wenn auch unausgesprochen - eine schuldhafte Verkehrssicherungspflichtverletzung der zuständigen Mitarbeiter der Beklagten ggü. der schützenswerten Klägerin erblicken wollen. Die offenkundige - unstreitig auch der damals ortsnah wohnhaften Klägerin bekannte - "Gefährlichkeit" der Unebenheit hat das LG, ohne jede Auseinandersetzung mit den Grundsätzen der gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung zu Umfang und Grenzen der Verkehrssicherungspflicht im Bereich von Straßen und Gehwegen, einzig mit der Erwägung gerechtfertigt, dass "die Aufmerksamkeit bekanntermaßen gerade dann geringer (sei), wenn sich jemand auf einem Weg befindet, den er täglich geht".
Die - vom LG rechtsfehlerhaft schon nicht hinreichend erfasste - Tatsachengrundlage vermag die - ohne jede erkennbare Subsumtion einer haftungsrechtlichen Anspruchsgrundlage - ausgesprochene Rechtsfolge nicht zu rechtfertigen.
a) Die Grundsätze der - auch vom Senat in ständiger Rechtsprechung vertretenen und angewendeten - obergerichtlichen Rechtsprechung können wie folgt zusammengefasst werden (vgl. etwa OLG Celle OLGReport Celle 2007, 637 ff.; OLG Frankfurt OLGReport Frank...