Normenkette

ZPO § 286; VVG § 61

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 5 O 478/99)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Koblenz v. 18.5.2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung ist nicht begründet.

Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Senat schließt sich den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug, § 543 Abs. 1 ZPO a.F.

Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung. Auch eine Beweiserhebung ist nicht veranlasst.

Die Beklagte ist, wie das LG richtig ausgeführt hat, gem. § 61 VVG leistungsfrei.

Der Kläger hat den Versicherungsfall grob fahrlässig verursacht.

Der Kläger war infolge Alkoholgenusses fahruntüchtig. Ihm ist deshalb der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens i.S.v. § 61 VVG zu machen, das unwiderlegt auch für den Versicherungsfall ursächlich war.

Die Teilnahme am Straßenverkehr als Führer eines Kraftfahrzeuges im Zustand der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit stellt objektiv ein grob fahrlässiges Verhalten dar (vgl. Prölls/Martin, VVG, 26. Aufl., Rz. 91 zu § 12 AKB).

Die Frage, ob „absolute” oder „relative” Fahruntüchtigkeit gegeben ist, ist in diesem Zusammenhang zunächst ohne Belang. „Relative” Fahruntüchtigkeit bedeutet nicht eine solche minderen Grades (vgl. Prölls/Martin, VVG, 26. Aufl., Rz. 92). In jedem Fall begründet bereits das Vorliegen von Fahruntüchtigkeit als solcher den Vorwurf objektiv grober Fahrlässigkeit.

Die Unterscheidung zwischen „absoluter” und „relativer” Fahruntüchtigkeit in Anknüpfung an die feststellbare Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit hat lediglich beweisrechtliche Bedeutung insoweit, als bei „absoluter” Fahruntüchtigkeit (BAK über 1,1 Promille) die Fahruntüchtigkeit ohne weiteres als erwiesen feststeht, bei „relativer” Fahruntüchtigkeit (BAK zwischen etwa 0,3 und 1,1 Promille, vgl. Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., Rz. 92) zur Indizwirkung der feststehenden Alkoholbeeinflussung weitere Indiztatsachen hinzukommen müssen, die den gesicherten Rückschluss auf das Vorliegen von Fahruntüchtigkeit gestatten, wofür in erster Linie alkoholtypische Fahrfehler in Betracht kommen (vgl. zur trunkenheitsbedingten Bewusstseinsstörung i.S.v. § 2 AUB 88, OLG Koblenz, Urt. v. 22.3.2002 – 10 U 1731/01, NVersZ 2001, 554).

Weiter ist die Unterscheidung zwischen „absoluter” und „relativer” Fahruntüchtigkeit von Bedeutung, als es um den Nachweis des weiter zum Vorwurf grober Fahrlässigkeit gehörenden erhöhten subjektiven Verschuldens geht; dazu weiter unten.

Im vorliegenden Fall erscheint dem Senat – bei unstreitiger BAK von 0,87 ‰ – mit dem LG das Vorliegen eines alkoholtypischen Fahrfehlers als gesichert. Insoweit kann aus der Sicht des Senats sehr wohl aus einer Gesamtsicht der Vorgeschichte und des Unfallablaufs auf ein fehlerhaftes, im Zweifel typischerweise auf alkoholbedingte Steuerungs- und Einsichtsbeeinträchtigung zurückzuführendes Verhalten geschlossen werden.

Der Kläger hatte unstreitig – die weiteren Einzelheiten der Vorgeschichte können dahingestellt bleiben – in der Nacht v. 1. auf den 2.5.1999 mit Bekannten auf einer Grillfeier in R. bis gegen etwa 3.00 Uhr morgens gefeiert. Man hatte sich dann spontan zu einer Fahrt nach L. entschlossen und diese auf der A 48 Richtung T. angetreten. Der Kläger kam dann in Höhe Kilometer 6,450 bei H. mit seinem Fahrzeug nach re. von der Fahrbahn ab, durchbrach einen Wildschutzzaun und kam nach ungefähr 50 m zum Stehen, wobei das versicherte Fahrzeug erheblich beschädigt wurde. Der Kläger will sich an Einzelheiten des Geschehens nicht mehr erinnern; weitere Feststellungen zu Gründen für das Abkommen von der Fahrbahn konnten nicht getroffen werden.

Der Senat ist mit dem LG, § 286 ZPO, der Auffassung, dass vernünftigerweise andere Gründe als Alkoholeinfluss für das Abkommen von der Fahrbahn nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen sind. Soweit der Kläger auf solche Möglichkeiten spekulativ hinweist – Wildwechsel, technischer Fehler –, konnte solches in keiner Weise erhärtet werden. Nach Auffassung des Senats begründen die von dem Kläger angeführten anderen denkbaren Unfallursachen keine Zweifel von hinreichendem Gewicht dahin, dass sie einer Überzeugungsbildung i.S.v. § 286 ZPO entgegenstünden (vgl. OLG Koblenz v. 20.9.1996 – 10 U 38/96, VersR 1998, 181).

Im Hinblick auf die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung sieht der Senat Veranlassung, hierzu klarstellend festzuhalten, dass mit einer derartigen Beurteilung des vorliegenden Einzelfalls nicht etwa eine generelle Beweisregel des Inhalts aufgestellt ist, dass bei mangelnder anderweitiger Erklärbarkeit eines Abkommens von der Fahrbahn und zugleich Feststehen einer bestimmten Tatzeit-BAK im Bereich „relativer” Fahruntüchtigkeit stets und zugleich das Vorliegen eines alkoholtypischen Fahrfehlers feststehe. Vielmehr bedarf es – selbstverständ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?