Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB und Amtshaftungsansprüchen

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 01.12.1995; Aktenzeichen 10 O 490/94)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 1. Dezember 1995 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 24.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Parteien können die Sicherheit auch durch schriftliche, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank erbringen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die beklagte Ortsgemeinde einen Anspruch aus Amtspflichtverletzung wegen Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB geltend.

Die Klägerin erwarb im Jahr 1993 das Grundstück in H., K. Straße, Flur, Flurstück 18, für rund 181.000,00 DM. Das Grundstück liegt im Gebiet des Bebauungsplans „S.” und ist als allgemeine Wohngebietsfläche ausgewiesen. Der im Jahr 1993 bestehende Bebauungsplan sah für das hier in Rede stehende Grundstück eine Bebauung mit Einzelhäusern, Doppelhäusern und Hausgruppen vor. Im übrigen waren im Bebauungsplan eine Gebäudesockelhöhe von 0,5 m talseitig und bergseitig von 1,0 m über Gehweg sowie Baubänder vorgesehen.

Das Grundstück liegt im Hang in einer exponierten Höhenlage der Ortsgemeinde H. in Friedhofsnähe. Es steigt – gewissermaßen windschief – sowohl von der K. straße in Richtung Friedhof als auch parallel zur K. straße an. Über den unteren Teil des Grundstücks – parallel zur K. straße – verläuft eine Stromleitung.

Im Dezember 1993 reichte die Klägerin einen zunächst unvollständigen Bauantrag zum Bau eines Wohnhauses mit dreizehn Wohnungen und acht Fertiggaragen ein und beantragte Befreiung von der Beachtung der Festsetzungen der Sockelhöhe und der Baugrenze. Es fanden mehrere Besprechungen über das Bauvorhaben statt, an denen auch der Ortsbürgermeister von H. teilnahm. Am 16. Februar 1994 konkretisierte die Klägerin ihren Bauantrag durch Vorlage von Lageplänen, Bauzeichnungen und eines Höhenplans. Daraus ergab sich eine Sockelhöhe des Bauvorhabens von 2,87 m über dem Straßenniveau und eine geringe Überschreitung der Baugrenze. Die Klägerin beantragte insoweit die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans. Die Verbandsgemeinde … legte dem Ortsgemeinderat der Beklagten einen Beschlußvorschlag vor, der insoweit die notwendige Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes vorsah. Am 15. April 1994 traf der Ortsbürgermeister der Beklagten eine Eilentscheidung, mit der das Einvernehmen nach § 36 BauGB zunächst versagt wurde. Am 4. Mai 1994 kam es zu einer Besprechung zwischen den Vertretern der Parteien. Dabei stellte der Vertreter der Beklagten in Aussicht, daß das Einvernehmen zur Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes erteilt werden könne, wenn die Sockelhöhe 1,5 m über Straßenniveau nicht überschreite, die Firsthöhe auf maximal 1,5 m über der Firsthöhe des Nachbargebäudes beschränkt werde und bei Überschreitung der vorderen Baugrenze um 1,5 m zwei Kellergeschoßwohnungen für die Errichtung von Tiefgaragenplätzen wegfallen würden. Mit Schreiben vom 10. Mai 1994 erklärte die Klägerin, daß sie auf die beiden Wohnungen im Kellergeschoß aus wirtschaftlichen Gründen nicht verzichten könne. In seiner Sitzung vom 10. Mai 1994 lehnte der Ortsgemeinderat den Antrag auf Erteilung des Einvernehmens hinsichtlich der Überschreitung der vorderen Baugrenze und der Abweichung von der festgesetzten Sockelhöhe für das Bauvorhaben der Klägerin ab. Daraufhin versagte die Kreisverwaltung am 6. Juli 1994 die Baugenehmigung. Die Klägerin legte zunächst hiergegen Widerspruch ein. Zwischenzeitlich wurde eine Änderung des Bebauungsplanes „S.” bekannt gemacht. Danach wurde für das hier fragliche Grundstück die zulässige Zahl der Wohnungen auf drei je Gebäude beschränkt und als Firsthöhe 10,5 m, bezogen auf die Straßenhöhe und die jeweilige Gebäudemitte, festgesetzt. Die Klägerin gab ihre Bauabsicht auf und veräußerte sodann im September 1994 das Grundstück zu einem Kaufpreis von 267.375,00 DM.

Die Klägerin macht Ersatzansprüche wegen nutzloser Planungsaufwendungen, entgangenen Gewinns, Regreß- und Beratungskosten gegen die Beklagte geltend. Ihren Gesamtschaden beziffert sie auf 694.617,79 DM.

Sie hat vorgetragen:

Die Beklagte habe rechtswidrig ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB nicht erteilt. Wegen der Hanglage des Grundstücks und der beschränkten Bebaubarkeit wegen der Stromleitung mit Schutzzone sei eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes notwendig gewesen. Die Einhaltung der im Bebauungsplan festgelegten Sockelhöhe (1,0 m über Gehwegniveau) sei aufgrund der Hanglage mit dem nach oben verschobenen Baufenster beim Bau eines Gebäu...

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