Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
Leitsatz (amtlich)
Einem mitarbeitender Betriebsinhaber – hier selbständiger Masseur und Chiropraktiker – ist eine Umorganisation seines Massagebetriebs dann nicht zumutbar, wenn es sich um einen Kleinbetrieb (4 Therapeuten, davon 2 Vollzeitkräfte und 2 Vorpraktikanten) handelt. Es würde wirtschaftlich keinen Sinn machen, dem Versicherungsnehmer aufzuerlegen, einen weiteren Therapeuten zu beschäftigen, da dies mit Mehrausgaben des Betriebs verbunden wäre, ohne dass durch andere Arbeiten (Büro- und organisatorische Arbeiten) diese Mehrausgaben wieder ausgeglichen werden könnten (in Anknüpfung an BGH NJW-RR 1994, 153 = VersR 1994, 205; OLG Koblenz NVersZ 2001, 212; OLG Karlsruhe r+s 1995, 34).
Normenkette
BB-BUZ § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 6 O 70/97) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 10. Juni 1999 wie folgt abgeändert und neu gefasst:
1) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.241,76 DM nebst 4 % Zinsen aus jeweils 1.640,11 DM seit dem 01.12.1995, 01.01.1996, 01.02.1996, 01.03.1996, 01.04.1996, 01.05.1996, 01.06.1996, 01.07.1996, 01.08.1996, 01.09.1996, 01.10.1996, 01.11.1996, 01.12.1996, 01.01.1997, 01.02.1997 und 01.03.1997 zu zahlen.
2) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Rahmen der zwischen dem Kläger und ihr unter der Vers.-Nr. … bestehenden Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auch ab dem 01.04.1997,
- a) den Kläger von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen voll zu befreien,
- b) an den Kläger monatlich im voraus, also am 01. eines jeden Monats, eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von derzeit 1.034,– DM zu zahlen, solange der Grad der Berufsunfähigkeit des Klägers mindestens 50% beträgt.
3) Die Beklagte hat die Kosten des ersten Rechtszuges und des Berufungsverfahrens zu tragen.
4) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des Betrages in Höhe von 60.000 DM abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) erbracht werden.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte aus Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) in Anspruch.
Der im Jahre 1949 geborene Kläger ist von Beruf Masseur und Chiropraktiker. Er führte bis zum Jahre 1995 eine Praxis für physikalische Therapie und Sportphysiotherapie. Mit der Beklagten hat er eine Lebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) abgeschlossen. Er macht Ansprüche aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit der Begründung geltend, er sei spätestens seit 01.12.1995 zumindest 50% berufsunfähig.
Der Kläger hat vorgetragen,
bereits das Versorgungsamt T. habe durch Bescheid vom 04.12.1995 festgestellt, dass bei ihm ab Oktober 1993 ein Behinderungsgrad von zumindest 50% vorliege. In der Folgezeit habe sich sein gesundheitlicher Zustand derart verschlechtert, dass er nicht mehr in der Lage gewesen sei, seine Praxis weiterzuführen. Zwischenzeitlich seien bei ihm folgende gesundheitlichen Dauerschäden festgestellt worden:
- Funktionsbeeinträchtigung der Halswirbelsäule bei einer Bewegungseinschränkung nach links mit einer 20 prozentigen MdE,
- Funktionsunfähigkeit der Lendenwirbelsäule verbunden mit Sensibilitätsstörungen der Brustwirbelsegmente D 10 und D 11 bei einer MdE von mindestens 40%,
- nachhaltige Quetschung der Gelenkkapsel und der Weichteile des linken Handgelenkes, weshalb eine Außenbewegung des linken Handgelenkes nicht mehr möglich sei, was eine 55 % prozentige MdE bewirke,
- Schockzustand mit nachfolgendem psychosomatischen Beschwerdebild bei einer 30 % prozentigen MdE.
- Beschwerden hinsichtlich des Bronchialsystems mit einer 20 % prozentigen MdE.
Vor der Veräußerung seiner Praxis Anfang 1995 habe er vier Therapeuten beschäftigt, von denen zwei als Vollzeitangestellte tätig gewesen seien. In seiner Praxis seien außerdem zwei Angestellte beschäftigt gewesen, die die Terminabsprachen vorgenommen hätten. Vor Aufgabe der Praxis habe er beabsichtigt, als Referent bei Fortbildungsveranstaltungen tätig zu sein. Aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes habe er seine wissenschaftliche, forschende und lehrende Tätigkeit aufgegeben, da er nicht mehr in der Lage sei, Vorträge zu halten und praktische Übungen vorzunehmen. Seine berufliche Tätigkeit sei vom Berufsbild des Masseurs und des medizinischen Bademeisters geprägt, verbunden mit einer Zusatzausbildung zum Sportphysiotherapeuten und Chiropraktiker. Die Ausübung dieser Tätigkeiten sei personenbezogen, wobei der Einsatz von Körperkraft sowohl bei der Befunderhebung als auch bei der Durchführung der Therapie bzw. Behandlung erforderlich...