Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Schäden aus einem Unfall an einer Kreuzung zweier Feldwege
Normenkette
StVG §§ 7, 17; BGB §§ 254, 823; StVO § 3 S. 1, § 40 Nr. 102
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 01.03.2004; Aktenzeichen 5 O 449/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Koblenz vom 1.3.2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 9.7.2002 an der mit Verkehrszeichen Nr. 102 nach § 40 StVO beschilderten Kreuzung zweier asphaltierter Feldwege in der Gemarkung G. ereignet hat. Der Kläger fuhr mit seinem Pkw Audi A 4, der bei der Drittwiderbeklagten gegen Haftpflicht versichert ist, in der Verlängerung der M.P.-Straße im Gewerbegebiet Ge. in Richtung zur Landstraße 62. Der Erstbeklagte - mit der Tochter des Zweitbeklagten B.U. als Beifahrerin - fuhr mit dem Pkw VW Golf des Zweitbeklagten, das bei der Drittbeklagten gegen Haftpflicht versichert ist, für den Kläger von rechts kommend die Verlängerung des O.-Weges in E. in Richtung H. Der Kläger hörte das vom Erstbeklagten geführte Fahrzeug, konnte es aber jedenfalls zunächst nicht sehen, weil für ihn die Sicht nach rechts bis zur Kreuzung durch ein Gebüsch verdeckt war. Die Fahrzeuge stießen im Kreuzungsbereich zusammen, wobei das Fahrzeug des Klägers mit der Fahrzeugfront, insb. mit seinem rechten vorderen Kotflügel, den vom Erstbeklagten geführten Pkw an dessen linker hinterer Seite zunächst in Höhe der Fahrertür und vertiefend in Höhe des linken Hinterrades traf. An beiden Fahrzeugen entstand Sachschaden. Das Kind B.U. erlitt eine Schulterprellung und eine Schnittverletzung am Arm. Im vorliegenden Rechtsstreit erstreben die Parteien mit Klage und einer Widerklage den Ausgleich ihrer materiellen Schäden.
Der Kläger hat behauptet, er habe sich der Kreuzung langsam genähert, nachdem er fremde Fahrzeuge habe passieren lassen, und auch deshalb, weil er das fremde Fahrzeug mit einem Geräusch, wie "wenn ein Motor hochgedreht wird", gehört habe, ohne es zunächst sehen und lokalisieren zu können. Der Erstbeklagte sei mit weit überhöhter Geschwindigkeit - "mit Sicherheit" über 100 km/h - gefahren. Daher habe er beim Hineintasten in die Kreuzung trotz Bremsens beim ersten Sichtkontakt, als das Beklagtenfahrzeug noch etwa 40 m entfernt gewesen sei, den Zusammenprall nicht mehr verhindern können. Zur Zeit der Kollision habe sein Fahrzeug so gestanden, dass der Erstbeklagte bei angemessener Fahrgeschwindigkeit an seinem Fahrzeug hätte vorbeifahren können. Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 9.396,13 EUR nebst Zinsen zu verurteilen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Der Zweitbeklagte hat widerklagend beantragt, den Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.573,59 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagten haben vorgetragen, der Erstbeklagte sei mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 60 km/h gefahren. Weil die Sicht für ihn nach rechts frei gewesen sei und ggü. den ggf. von links kommenden Fahrzeugen das Vorfahrtsrecht bestanden habe, habe er seine Geschwindigkeit nicht reduzieren müssen. Der Kläger habe sich nicht in die Kreuzung hineingetastet und sich zur Zeit der Kollision noch vorwärts bewegt, so dass ein Ausweichversuch des Erstbeklagten gescheitert sei. Durch den Aufprall und den Ausweichversuch sei der Erstbeklagte in den Straßengraben geraten und habe unter Beschleunigung des Fahrzeugs versucht, dort wieder herauszufahren. Weitere Fahrzeuge seien im Umfeld der Kreuzung nicht zu sehen gewesen; die abweichenden Angaben des Klägers bei der Polizei und im Zivilrechtsstreit seien widersprüchlich. Widersprüchlich seien auch die Angaben des Klägers zur Fahrgeschwindigkeit des Erstbeklagten und zur Endstellung seines Fahrzeugs nach dem Unfall, die in der Korrespondenz zuerst mit "ca. 100 m", im Prozess mit 40 m angegeben worden sei, aber tatsächlich 38 m betragen habe. Tatsächlich sei der Erstbeklagte mit 50 bis 60 km/h gefahren und nur infolge des Versuches, dem Fahrzeug des Klägers auszuweichen, erst so weit hinter der Kollisionsstelle zum Stehen gekommen sei. Der Kläger habe den Unfall durch Verletzung des Vorfahrtrechts alleine verschuldet.
Der Kläger hat unter Wiederholung seines abweichenden Standpunktes beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Das LG hat Beweis erhoben durch Einholung eines mündlich erstatteten Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. H. Auf dieser Grundlage hat es die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Es hat angenommen, der Kläger habe den Unfall durch eine Vorfahrtverletzung verschuldet. Sein Sachvortrag sei durch das Sachverständigengutachten widerlegt. Danach habe sein Fahrzeug zur Zeit der Kollision nicht gestanden, sondern sich zweifellos noch in der Vorwärtsbewe...