Leitsatz (amtlich)

1. Eine im Zeitpunkt ihrer Beurkundung noch genehmigungsbedürftige Vereinbarung zum Versorgungsausgleich ist nach der gesetzliche Novellierung des Versorgungsausgleichs nun genehmigungsfrei wirksam.

2. Wer bei einer notariellen Beurkundung auf Nachfrage des Notars die (nach seinem Vortrag unrichtige) Behauptung ausreichender Deutschkenntnisse aufgestellt hat, kann aus einer solcherart eigenen falschen Angabe in einem nachfolgenden Rechtsstreit keine Rechte gegen die Wirksamkeit des Notarvertrags herleiten.

3. Für die Wirksamkeit eines Ausgleichsverzichts spricht es, wenn die Vertragspartner die Vereinbarung als wirtschaftlich Eigenständige und voneinander Unabhängige verhandelt und abgeschlossen haben; ein solcher Verzicht hält auch der Ausübungskontrolle stand, wenn sich nachfolgend nicht ehebedingte, sondern gänzlich eheunabhängige Risiken des Arbeitslebens (hier: unerwartete Schwierigkeiten im beruflichen Fortkommen eines der Ehegatten) verwirklicht haben.

 

Normenkette

BGB a.F. § 1587o Abs. 2 S. 3; BGB §§ 138, 242

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Aktenzeichen 225 F 13/18)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 11.01.2019 - 225 F 13/18 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.230,00 EUR festgesetzt(§ 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG).

 

Gründe

I. Die Beteiligten haben am 01.10.1993 die Ehe geschlossen; bereits zuvor, am 24.09.1993, hatten sie einen notariellen Ehevertrag geschlossen (UR-Nr. 1568/1993 des Notars Dr. T, B), in welchem sie Gütertrennung vereinbart, wechselseitig auf Unterhaltsansprüche für den Fall der Scheidung verzichtet und den Versorgungsausgleich ausgeschlossen hatten (II g). In dem Vertrag heißt es hierzu, soweit von Relevanz, weiterhin wie folgt:

"Derjenige von uns, der während unserer Ehe seine Berufstätigkeit vollständig aufgibt, um etwaige aus unserer Ehe hervorgehende gemeinschaftliche minderjährige Abkömmlinge, gleich in welchem Alter, persönlich zu betreuen, hat gegen den anderen Ehepartner Anspruch auf Leistung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe des jeweiligen Mindestbetrags oder nach seiner Wahl auf Zahlung der entsprechenden Beiträge zu einer privaten Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsschutz".

Wegen des weiteren Inhalts des Vertrages wird auf Bl. 21-29 d.A. verwiesen.

Zum Zeitpunkt von Vertragsschluss und Ehe studierte der Antragsgegner, der im Jahr 1988 nach Deutschland gekommen war, noch Maschinenbau; in der Folge brach er 1994 das Studium ab und absolvierte eine Ausbildung zum Elektriker, die er mit dem Gesellenbrief abschloss. Nach mehreren Arbeitsplatzwechseln machte er sich zunächst mit einer Firma in Marokko selbständig, ehe er - nachdem er dies nach ca. 1,5 Jahren aufgegeben hatte - fortan auf Minijob-Basis arbeitete, wobei zwischen den Beteiligten streitig ist, in welchem Umfang dies geschah.

Am 06.05.1999 wurde die Tochter T geboren; die Antragstellerin reduzierte sodann ihre Berufstätigkeit, um die Tochter zu versorgen.

Die Antragstellerin hat gemeint, der Versorgungsausgleich sei wirksam ausgeschlossen; der Antragsgegner ist dem entgegen getreten maßgebend mit der Begründung, er habe in der Ehezeit keine nennenswerten Anwartschaften erworben und zudem die beurkundeten Regelungen wegen Sprachschwierigkeiten nicht richtig verstanden.

Mit Beschluss vom 11.01.2019 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Aachen die Ehe der Beteiligten geschieden und festgehalten, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde. Zur Begründung hat es ausgeführt, der notarielle Ausschluss halte einer Inhalts- und Ausübungskontrolle stand. Bei Vertragsschluss sei ein Versorgungsnachteil des Antragsgegners nicht erkennbar gewesen, vielmehr habe man angesichts seines Ausbildungsstandes von einer Berufstätigkeit ausgehen können. Hierfür spreche auch, dass nach dem Vertrag die Erziehung künftiger Kinder der Antragstellerin zugewiesen worden sei. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsgegner hinreichende Deutschkenntnisse gehabt habe, um den wesentlichen Kern des notariellen Vertrages nachzuvollziehen. Auch in der Gesamtschau des Vertrages sei keine erkennbar einseitige Benachteiligung des Antragsgegners zu erkennen. Da die Versorgungslücke auf Seiten des Antragsgegners nicht ehebedingt gewesen sei, sondern ihre Ursache nur in dem unzureichenden eigenen beruflichen Fortkommen gehabt habe, halte der Vertrag auch einer Ausübungskontrolle stand.

Hiergegen richtet sich die - auf die Entscheidung zum Versorgungsausgleich beschränkte - Beschwerde des Antragsgegners, mit welcher dieser sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt.

Er beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 11.01.2019 insoweit aufzuheben, als die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht stattgefunden hat.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Bet...

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