Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Prozesskostenhilfe bei Einreichung der Scheidungsklage vor Ablauf des Trennungsjahres
Leitsatz (amtlich)
Wird der Scheidungsantrag vor Ablauf des Trennungsjahres nach § 1565 Abs. 2 BGB erkennbar verfrüht gestellt und hat der/die Antragsteller(in) in der Antragsschrift keine Tatsachen vorgetragen, die die Anwendung der Härteklausel nach § 1565 Abs. 2 BGB rechtfertigen könnten, kann einem mit dem Scheidungsantrag gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Scheidungsverfahren nicht stattgegeben werden, da bereits mit Einreichung der Antragsschrift feststand, dass der gestellte Antrag unbegründet ist. Der beabsichtigten Rechtsverfolgung fehlt damit die gem. § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht.
Die Sache ist an nächstbereiter Stelle zu terminieren.
Normenkette
BGB § 1565 Abs. 2; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 19.12.2005; Aktenzeichen 40 F 501/05 (PKH)I) |
Tenor
Die als sofortige Beschwerde zu wertende "Beschwerde" der Antragstellerin gegen den ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss des AG - FamG - Bonn vom 19.12.2005 - 40 F 501/05 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige - insb. frist- und formgerecht eingelegte - als sofortige Beschwerde zu wertende "Beschwerde" der Antragstellerin war zurückzuweisen, da der beabsichtigten Rechtsverfolgung die gem. § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht fehlt und das FamG somit zu Recht der Antragstellerin für die beabsichtigte Rechtsverfolgung die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigert hat.
Mit vorliegendem Scheidungsantrag begehrt die Antragstellerin, die am 12.5.1993 vor dem Standesbeamten in C. zu Heiratsregisternummer .../1993 geschlossene Ehe der Parteien zu scheiden. Nach dem Vortrag der Antragstellerin leben die Parteien getrennt seit dem 1.4.2005. Der Scheidungsantrag ist bei Gericht am 17.12.2005 - also vor Ablauf des Trennungsjahres nach § 1565 Abs. 2 BGB - eingegangen. Damit ist der Scheidungsantrag erkennbar verfrüht gestellt. Da die Antragstellerin in der Antragsschrift keine Tatsachen vorgetragen hat, die die Anwendung der Härteklausel nach § 1565 Abs. 2 BGB rechtfertigen könnten, stand bereits mit Einreichung der Antragsschrift fest, dass der gestellte Antrag unbegründet ist. Der Senat folgt der im Vordringen begriffenen Auffassung (vgl. zum Meinungsstreit die Darstellung bei Wolf in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2000, § 1565 Rz. 64 mit Fn. 231), wonach in diesem Falle das FamG gehalten ist, die Sache an nächstbereiter Stelle zu terminieren, um den unschlüssigen Scheidungsantrag zurückzuweisen. Das FamG ist bei einem offensichtlich unschlüssigen Scheidungsantrag gehindert, weitere Ermittlungen etwa zum Versorgungsausgleich anzustellen. Hierzu besteht bei einer unschlüssigen Klage kein Anlass. Würde es nicht die Klage sofort abweisen, bliebe dem FamG nur die Möglichkeit, bis zu einer Weiterbefassung mit der Sache den Ablauf der Jahresfrist abzuwarten und mit Eintritt der Jahresfrist zu prüfen, ob die Scheidungsvoraussetzungen nunmehr (noch) vorliegen. Denn erst dann könnte festgestellt werden, ob die Trennung tatsächlich nach einem Jahr noch andauert. Das aber käme einer nicht zulässigen Aussetzung des Verfahrens gleich.
Da vorliegend das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist und ein schlüssiger Scheidungsantrag erst zum 1.4.2006 gestellt werden kann, ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass das FamG vor Ablauf des Trennungsjahres die Sache, bei der keine weiteren Nachforschungen anzustellen sind, terminieren kann und - wie oben dargelegt - auch terminieren muss.
Dies ergibt sich auch aus dem Urteil des BGH vom 4.12.1996 (BGH, Urt. v. 4.12.1996, NJW 1997, 107 f.). In dieser Entscheidung beanstandet der BGH gerade nicht, dass die erste Instanz einen verfrühten Scheidungsantrag unter kurzfristiger Terminierung als unschlüssig zurückweist. Vielmehr hat BGH in der zitierten Entscheidung die Abweisung eines verfrühten Scheidungsantrages in erster Instanz als zutreffend mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 2 ZPO angesehen. Danach hat der das Scheidungsverfahren Betreibende gem. § 97 Abs. 2 ZPO analog die Kosten des Rechtsmittelverfahrens ganz oder teilweise zu tragen, wenn er aufgrund des Fristablaufes im Berufungsverfahren obsiegt, den er in erster Instanz geltend zu machen nicht imstande war. Hierzu führt der BGH in der zitierten Entscheidung aus:
"... die weit verbreitete Ansicht, dass der in der Berufungsinstanz wegen zwischenzeitlichen Ablaufs des Trennungsjahres obsiegenden Partei in entsprechender Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt werden können (vgl. insb. Klauser in MünchKomm/ZPO, § 629b Rz. 12; Zöller/Herget, ZPO 19. Aufl., § 97 Rz. 17; Johannsen/Henrich/Jaeger, EheR, 2. Aufl., § 1565 BGB Rz. 89; Schwab/Maurer, Teil I, Rz. 763; OLG Zweibrücken v. 9.12.1981 - 2 UF 123/81, FamRZ 1982, 293; OLG Düsseldorf v. 8.3.1983 - 6 UF 87/82, FamRZ 1983, 628; O...