Verfahrensgang
AG Aachen (Aktenzeichen 228 F 211/19) |
Tenor
Der Antrag des Kindsvaters auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde des Kindsvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 19.06.2019 - 228 F 211/19 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kindsvater.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 1.500,00 EUR (§§ 41 Abs. 1 S. 2, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG)
Gründe
Die zulässige Beschwerde bleibt im Ergebnis ohne Erfolg, weswegen auch Verfahrenskostenhilfe nicht gewährt werden konnte, § 76 FamFG, § 114 ZPO. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf welche zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, hat das Amtsgericht der Kindesmutter nach § 1628 BGB die Entscheidungsbefugnis über die Durchführung einer Reise nach A, Afghanistan, übertragen.
1. Das Amtsgericht hat zunächst richtig erkannt, dass das Begehren der Kindesmutter, welches auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts gerichtet gewesen ist, in einen Antrag nach § 1628 S. 1 BGB umgedeutet werden kann (zur Zulässigkeit einer solchen Umdeutung vgl. Müko-Huber, 7. Aufl. (2017), § 1628, Rn. 4 m.w.N.). Hierbei hat das Amtsgericht - ebenfalls zu Recht - die Entscheidung über eine Auslandsreise jedenfalls in ein Land, hinsichtlich dessen Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes bestehen, als Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i.S.d. § 1628 BGB angesehen (ebenso OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.08.2014 - 5 WF 115/14, FamRZ 2015, 150; KG, Beschl. v. 02.02.2017 - 13 UF 163/16, FamRZ 2017, 1061), weswegen diese Einzelfallregelung als milderes Mittel gegenüber einem Sorgerechtseingriff nach § 1671 BGB vorrangig ist (vgl. Palandt-Götz, BGB, 78. Aufl. (2019), § 1628, Rn. 3).
2. Nach § 1628 S. 1 BGB kann das Familiengericht, wenn sich die Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen können, auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Das Familiengericht hat in diesem Fall den im Rahmen der Sorgerechtsausübung aufgetretenen Konflikt der Eltern zu lösen. Entweder ist die gegenseitige Blockierung der Eltern durch die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil zu beseitigen oder durch Zurückweisung des Antrags die Angelegenheit beim gegenwärtigen Zustand zu belassen. Ein Eingriff in die - gemeinsame - elterliche Sorge nach § 1628 BGB ist nur insoweit zulässig, als das Gericht einem Elternteil die Entscheidungskompetenz überträgt, nicht hingegen darf das Gericht die Entscheidung anstelle der Eltern selbst treffen (BGH, Beschl. v. 09.11.2016 - XII ZB 298/15, FamRZ 2017, 119). Diese aufgrund § 1628 BGB zu treffende Entscheidung des Familiengerichts richtet sich gemäß § 1697a BGB nach dem Kindeswohl. Die Entscheidungskompetenz ist dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird. Wenn eine Bewahrung des gegenwärtigen Zustands als die bessere Konfliktlösung erscheint, genügt es, den Antrag zurückzuweisen. Ob und inwiefern das Kindeswohl berührt ist, ist nach der Eigenart der zu regelnden Angelegenheit zu beurteilen, aus der sich auch die konkreten Anforderungen an die für die Entscheidung nach § 1628 BGB zu treffende Prüfung ergeben (BGH, Beschl. v. 09.11.2016 - XII ZB 298/15, FamRZ 2017, 119).
3. Gemessen an diesen Maßstäben hat das Amtsgericht in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass eine Reise nach Afghanistan trotz der potentiellen Gefahren für die Reisenden dem Kindeswohl mehr entspricht als ein Verbleib im Inland. Hierbei hat es zum einen richtig auf den Umstand verwiesen, dass man den Kindern - deren beide Eltern aus Afghanistan stammen und 2001 nach Deutschland umgezogen sind - ansonsten bis zur Volljährigkeit jeglichen Umgang mit der weiteren Herkunftsfamilie und der Ursprungsbiographie verwehren würde. Ebenso zu Recht hat es weiter darauf abgestellt, dass die beiden älteren - 16 und 13 Jahre alten - Kinder im Rahmen der Anhörung nachvollziehbar einen bereits seit einem Jahr gehegten Wunsch geäußert hatten, die Großeltern und die weitere Familie in Afghanistan erneut zu besuchen, zumal die Kinder bereits 2013 mit der Mutter in Afghanistan gewesen sind.
Diese Reisen, aber auch die Reisen und Kontakte nach Afghanistan, die ebenso auf Seiten der Familie des Kindsvaters bestehen, untermauern die Risikoeinschätzung des Amtsgerichts, wonach sich ein Familienbesuch von Kindern afghanischer Ethnie bereits in den äußeren Rahmenbedingungen (optische Auffälligkeiten, Kleidung, Sprache, Verweilorte, Unterbringung, Begleitung) deutlich von "reiselustigen Ausländern" unterscheidet, die primäre Adressaten der Reisewarnung sind. Auch wenn - worauf die Beschwerde zu Recht verweist - im Falle eines Anschlages naturgemäß unterschiedslos Menschen jeder Herkunft und Staatsangehörigkeit Opfer werden könnten, erscheint prognos...