Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachbarrecht: Abwehr drohender Beschädigung von Bäumen im Grenzbereich zum Nachbargrundstück

 

Leitsatz (amtlich)

Der Eigentümer eines Grundstückes, auf dem sich durch eine kommunale Baumschutzsatzung geschützte Bäume befinden, kann ungeachtet des öffentlich-rechtlichen Charakters der Satzung gem. § 1004 BGB von dem Nachbarn Unterlassung von Baumaßnahmen verlangen, welche in die Substanz der Bäume eingreifen und deren Bestand gefährden.

 

Normenkette

BGB § 1004

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 26.06.2003; Aktenzeichen 1 O 622/02)

 

Tenor

Die Verfügungsbeklagten werden auf Folgendes hingewiesen:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 26.6.2003 verkündete Urteil des LG Köln (1 O 622/02) gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagten erhalten Gelegenheit zur eventuellen Stellungnahme innerhalb von 3 Wochen nach Zugang dieses Beschlusses.

 

Gründe

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden, so dass der Wiedereinsetzungsantrag der Verfügungsbeklagten vom 27.8.2003 nicht zu bescheiden war. Das Rechtsmittel hat jedoch keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rspr. erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 ZPO).

Zu Recht hat das LG die einstweilige Verfügung vom 29.11.2002 insoweit aufrechterhalten, als den Beklagten darin verboten worden ist, im Kronentraufbereich der auf dem Grundstück der Verfügungsklägerin befindlichen Bäume die in der angefochtenen Entscheidung näher bezeichneten Baumaßnahmen durchzuführen. Die betreffenden Bäume sind durch §§ 2, 3 der Baumschutzsatzung der Stadt B. in ihrem Bestand geschützt. Die von den Verfügungsbeklagten am 11.3.2003 unternommenen Erdarbeiten sind nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung geeignet, die Bäume in ihrer Substanz zu beschädigen. Der Verfügungsklägerin steht daher insoweit aus § 1004 Abs. 1 BGB ein Unterlassungsanspruch zu. Darüber hinaus besteht ein Verfügungsgrund. Dieser wird von den Verfügungsbeklagten in der Berufungsbegründung nicht in Zweifel gezogen.

Zu Unrecht rügen die Verfügungsbeklagten die Rechtsauffassung des LG. Es habe verkannt, dass die kommunale Baumschutzsatzung eine rein öffentlich-rechtliche Regelung darstelle, welche ausschließlich im Verhältnis Bürger/Staat Rechte und Pflichten zu begründen vermöge. Das ist nicht zutreffend, worauf die Kammer zu Recht hingewiesen hat. Eingriffe in den geschützten Bestand sind ungeachtet des öffentlich-rechtlichen Charakters der Verbotsanordnung als solche widerrechtlich. Baumschutzsatzungen begründen daher eine Schutzwirkung zugunsten des Eigentümers nicht lediglich im Sinne einer Reflexwirkung, wie die Verfügungsbeklagten meinen. Die Regelungen wirken sich vielmehr auch auf das private Nachbarrechtsverhältnis aus (OLG Frankfurt v. 13.6.1991 – 1 U 122/89, NJW-RR 1991, 1364 [1365]; OLG Düsseldorf v. 20.4.1988 – 9 U 228/87, MDR 1988, 776 = NJW 1989, 1807). So wird zu Lasten des betroffenen Nachbarn eine Duldungspflicht (§ 1004 Abs. 2 BGB) hinsichtlich des Überwuchses und des Wurzelwerks begründet, sein Selbsthilferecht gem. § 910 Abs. BGB ist insoweit ausgeschlossen (Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 910 Rz. 1),ggf. entfällt sogar sein Entschädigungsanspruch gem. § 906 Abs. S. 2 BGB (so OLG Frankfurt v. 13.6.1991 – 1 U 122/89, NJW-RR 1991, 1364 [1365]). Sind nach den Baumsatzungen verbotene Eingriffe aber als solche rechtswidrig, so vermögen diese unter den Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatzansprüche des geschädigten Eigentümers auszulösen (OLG Düsseldorf v. 18.10.1991 – 22 U 220/90, OLGReport Düsseldorf 1992, 24 = VersR 1992, 458 [459]). Dem ist notwendigerweise ist das Recht des Eigentümers vorgeschaltet, von jedem Dritten, welcher die Schutzanordnung nicht respektiert, Unterlassung solcher Eingriffe zu verlangen. Davon unbeschadet ist das Recht der Verfügungsbeklagten, sich ggf. selbst mit dem Satzungsgeber in Verbindung zu setzen und Befreiung von den Vorschriften der Satzung zu beantragen (OVG Nds. v. 11.4.1996 – 3 L 3798/94, NJW 1996, 3225).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1107582

ZMR 2004, 266

ZMR 2004, 580

NuR 2004, 627

OLGR Düsseldorf 2004, 1

OLGR Frankfurt 2004, 1

OLGR Hamm 2004, 1

OLGR Köln 2003, 369

OLGR Köln 2004, 1

VersR 2005, 125

RdW 2005, 96

KG-Report 2004, 1

OLGR-BHS 2004, 1

OLGR-CBO 2004, 1

OLGR-KSZ 2004, 1

OLGR-KS 2004, 1

OLGR-MBN 2004, 1

OLGR-NBL 2004, 1

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