Leitsatz (amtlich)
1. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann aufgehoben werden, wenn nachträglich aufgetretene Umstände verschwiegen werden, bei deren unverzüglichem Vortrag Prozesskostenhilfe nicht gewährt worden wäre.
2. Anwaltsverschulden hat die Partei auch im
Normenkette
ZPO § 85 Abs. 2, §§ 114, 124 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Beschluss vom 15.05.2003; Aktenzeichen 11 F 41/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Aufhebung der Prozesskostenhilfegewährung mit Beschluss des AG – FamG – Eschweiler vom 15.5.2003 (11 F 41/03) wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mit dem Prozesskostenhilfegesuch eingereichten Klageschrift vom 24.1.2003 (eingegangen bei Gericht am 27.1.2003) vorgetragen, dass es dem Jugendamt der Stadt Z. als Beistand bislang nicht gelungen sei, den Vater des Klägers zur Errichtung eines Unterhaltstitels zu bewegen.
Unter dem 14.2.2003 bittet der Prozessbevollmächtigte des Klägers um Sachstandsmitteilung und beklagt, dass er weder auf seinen Hauptsacheantrag noch auf seinen Eilantrag -beide vom 24.1.2003 und bei Gericht am 27.1.2003 eingegangen- eine Rückmeldung erhalten habe.
Am 18.2.2003 erfolgte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Hauptantrag. Am 15.5.2003 wurde mit dem angefochtenen und hiermit in Bezug genommenen Beschluss die Prozesskostenhilfebewilligung aufgehoben, nachdem das Gericht nachträglich von der Existenz einer am 21.1.2003 errichteten Jugendamtsurkunde des Beklagten Kenntnis erlangt hat.
Aus der Dokumentation des Jugendamtes Z. ist er sichtlich, dass die gesetzliche Vertreterin des Klägers die Jugendamtsurkunde bereits am 27.1.2003 erhalten hat, als sie die Aufhebung der Beistandschaft beantragt hat. Außerdem ist die gesetzliche Vertreterin darauf schriftlich darauf hingewiesen worden, dass sie das Schreiben vom 28.1.2003 und die Anlagen ihrem Anwalt vorzeigen möge.
Ausweislich des Beschwerdevorbringens hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 4.2.2003 erfahren, dass inzwischen doch eine Jugendamtsurkunde vorliegt, und das Jugendamt gleichzeitig einen sog. widerruflichen Vollstreckungsverzicht erklärt hat.
Mit der Beschwerde beruft sich der Kläger darauf, die Prozesskostenhilfe sei bereits bewilligt gewesen, bis die Aufklärung der Angelegenheit habe erfolgen können.
II. Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch i.Ü. zulässige, insb. fristgerecht innerhalb der Notfrist von einem Monat (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.
Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 1 ZPO sind gegeben.
Durch das Verschweigen der geänderten Sachlage, ist dem Kläger für ein Verfahren Prozesskostenhilfe gewährt worden, das nach den Maßstäben des Prozesskostenhilferechts als mutwillig anzusehen ist. Dies wäre durch umgehende Mitteilung vom Vorliegen der Jugendamtsurkunde vermieden worden.
Der Prozesskostenhilfe beantragende Kläger muss zur Erlangung von Prozesskostenhilfe in Unterhaltssachen von sich aus vortragen, dass er den ggü. dem beabsichtigten Prozess kostengünstigeren Versuch zur Errichtung eines Unterhaltstitels im Wege einer Jugendamtsurkunde vergeblich unternommen hat. Denn ohne diesen Versuch ist eine Klage mutwillig und Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Klageverfahrens nicht zu gewähren.
Da es für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag nicht auf den Zeitpunkt des Antragseingangs, sondern auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht ankommt, hat der Antragsteller alle tatsächlichen Änderungen der für die Entscheidung erheblichen Voraussetzungen unverzüglich dem Gericht mitzuteilen. Das gilt nicht nur für die Frage der Erfolgsaussicht, sondern auch für die Frage der Mutwilligkeit. Auch hier trägt der Antragsteller die Gefahr einer Änderung der Sachlage bis zum Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag, weil der Allgemeinheit die Kosten weder für einen aussichtslosen noch für einen überflüssigen Prozess auferlegt werden dürfen (Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, Prozesskosten- und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 425).
Das Verschweigen ist vorliegend auch schuldhaft erfolgt.
Die Rechtslage war dem Prozessbevollmächtigten des Klägers durchaus bewusst. Denn er hat den zur Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderlichen Vortrag hinsichtlich des vergeblichen Versuchs der Errichtung einer Jugendamtsurkunde durch das Jugendamt in der Klageschrift ausdrücklich als Voraussetzung für die nunmehr erforderliche gerichtliche Titulierung erwähnt. Als er am 4.2.2003 davon unterrichtet wurde, dass mittlerweile eine Jugendamtsurkunde vorliegt, hätte er diesen Umstand unverzüglich dem Gericht mitteilen müssen. Denn diese Änderung der Sachlage hatte unmittelbaren Einfluss auf die Begründetheit des Prozesskostenhilfeantrags. Für die vorherige Aufklärung der Bedeutung der sog. widerruflichen Zwangsvollstreckungsverzichtes des Jugendamtes war kein Raum. Im Übrigen hätte dazu ein Anruf genügt. Spätest...