Verfahrensgang

AG Brühl (Aktenzeichen 75 VI 99/22)

 

Tenor

Der Beteiligten zu 3. wird hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Der Beschluss des Senats vom 22.05.2023 ist gegenstandslos.

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3. vom 19.04.2023 wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Brühl vom 28.03.2023 - 75 VI 99/22 - aufgehoben.

Die zur Begründung des Erbscheinsantrages der Beteiligten zu 3. vom 24.10.2022 erforderlichen Tatsachen werden für festgestellt erachtet.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

1. Der ledige Erblasser verstarb am 03.11.2021 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung und Abkömmlingen.

Die Eltern, die Großeltern des Erblassers sowie sein Bruder sind vorverstorben. Der Vater des Erblassers, M. H. G. F., war das einzige gemeinsame Kind der Großeltern des Erblassers väterlicherseits; die Beteiligte zu 1. ist die aus einer anderen Verbindung stammende Tochter der Großmutter väterlicherseits. Die Mutter des Erblassers, E. E. F. geb. S., war das einzige gemeinsame Kind der Großeltern des Erblassers mütterlicherseits; die Beteiligte zu 2. ist die Tochter des aus einer anderen Verbindung stammenden vorverstorbenen Sohnes der Großmutter (F. J. E.t) mütterlicherseits. Die Beteiligten zu 3. und 4. sind die Kinder der Beteiligten zu 2.

Am 14.09.2022 hat die Beteiligte zu 1. zur Niederschrift des Nachlassgerichts die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, der als Erben des Erblassers sie selbst und die Beteiligte zu 2. zu je ½ Anteil ausweist (Bl. 107 ff.). Nachdem die Beteiligte zu 2. dem Nachlassgericht am 06.10.2022 telefonisch mitgeteilt hatte, der Erbschein könne erlassen werden, sie habe keine Einwände (Bl. 115), hat die Nachlassrechtspflegerin am 06.10.2022 die zur Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen festgestellt und einen gemeinschaftlichen Erbschein mit dem beantragten Inhalt erteilt (Bl. 116 f.).

Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 24.10.2022 (UV Nr. 358/2022 des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3.) hat die Beteiligte zu 2. die Annahme der Erbschaft angefochten und die Erbschaft aus allen möglichen Berufungsgründen ausgeschlagen; wegen der Begründung der zunächst nicht zu den Nachlassakten gelangten Erklärung wird auf Bl. 5 ff. der Ausschlagungsakte Bezug genommen.

In notarieller Urkunde vom 24.10.2022 (UV Nr. 359/2002 des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3., Bl. 149 ff.) hat die Beteiligte zu 3. die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, der als Erben des Erblassers die Beteiligte zu 1. zu ½ Anteil sowie sie selbst und den Beteiligten zu 4. zu je ¼ Anteil ausweist.

Mit Schreiben vom 20.01.2023 hat der Notar unter Bezugnahme auf einen Antrag vom 31.10.2022 nach dem Sachstand angefragt. Weil das Schreiben nicht zur Akte gelangt war, ist es vom Nachlassgericht am 24.01.2023 telefonisch angefordert worden (Bl. 144). Eine beglaubigte Abschrift der Ausschlagungserklärung vom 24.10.2022 sowie des Erbscheinsantrages der Beteiligten zu 3. vom selben Tage zusammen mit einer Abschrift des Übersendungsschreibens vom 31.10.2022 sind daraufhin mit bei dem Amtsgericht Brühl am 27.01.2023 eingegangenem Notarschriftsatz vom 26.01.2023 zu den Akten gelangt (Bl. 1 ff. Ausschlagungsakte, Bl. 145 ff.). Mit am 03.02.2023 bei dem Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 02.02.2023 hat der Notar ausgeführt, er habe die Urschrift der Ausschlagungserklärung und eine beglaubigte Abschrift des Erbscheinsantrages mit Schreiben vom 31.10.2022 dem Nachlassgericht übersandt. Ferner hat er, da sich der Verbleib der mit Schreiben vom 31.10.2022 übersandten Urkunden nicht aufklären lasse, eine beglaubigte Erklärung der Beteiligten zu 2. vom 02.02.2023 eingereicht, mit welcher sie die Versäumung der Ausschlagungsfrist sowie die Annahme der Erbschaft angefochten und die Erbschaft aus allen möglichen Berufungsgründen ausgeschlagen hat (Bl. 12 ff. der Ausschlagungsakte).

Mit Beschluss vom 28.03.2023 hat die Nachlassrechtspflegerin den Erbscheinsantrag vom 24.10.2022 zurückgewiesen und ausgeführt, die seitens der Beteiligten zu 2. erklärte Anfechtung der Annahme greife nicht durch. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 153 ff. Bezug genommen.

Gegen den ihr am 01.04.2023 zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligten zu 3. mit ihrer Beschwerde, die mit einem am 21.04.2023 dem Amtsgericht per Einschreiben übersandten Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 19.04.2023 eingelegt und begründet worden ist. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Beteiligte zu 2. sei einem Irrtum über den Inhalt ihrer Erklärung und das Ausschlagungsrecht sowie einem Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft unterlegen; wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift verwiesen (Bl. 161 ff.) Mit Beschluss vom 01.05.2023 hat die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesger...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?