Entscheidungsstichwort (Thema)
Terminsgebühr: Besprechung, schriftlicher Meinungsaustausch
Leitsatz (amtlich)
Ein lediglich schriftlicher Meinungsaustausch, der auf die Vermeidung oder Erledigung eines Verfahrens gerichtet ist, reicht für den Anfall der Terminsgebühr nach Nr. 3104 i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG nicht aus. Hierzu bedarf es eines mündlichen Meinungsaustausch.
Normenkette
VV RVG Nr. 3104; RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 18.03.2009; Aktenzeichen 37 O 704/08) |
Nachgehend
Tenor
Das als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Köln vom 18.03.2009 - 37 O 704/08 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gegenstandswert für die Beschwerde: 694,01 €.
Gründe
I. Die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Klage auf Rückzahlung eines Darlehens hat sich dadurch erledigt, dass der Beklagte die Klagesumme einschließlich Zinsen und Mahnkosten ausglich. Der Zahlung war ein außergerichtlicher Schriftwechsel zwischen dem Beklagten (vgl. Email des Beklagten vom 14.11.2008, Bl. 71 d.A.) und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers (vgl. Schreiben vom 18.11.2008, Bl. 69 d.A.) vorausgegangen, in dem die Modalitäten einer Streitbeilegung behandelt wurden.
Der Kläger hat den Rechtsstreit nach erfolgter Zahlung in der Hauptsache für erledigt erklärt und Kostenantrag gestellt. Der Beklagte hat der Erledigungserklärung nicht widersprochen. Mit Beschluss vom 28.01.2009 hat das Landgericht dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 a ZPO auferlegt (vgl. Bl. 61 f. d.A.).
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 19.02.2009 (vgl. Bl. 62 d.A.) hat der Kläger unter anderem die Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG beantragt. Die Berücksichtigung dieses Ansatzes hat der Rechtspfleger mit dem angefochtenen Beschluss (vgl. Bl. 74 f. d.A.) abgelehnt. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 08.04.2009 zugestellt worden (vgl. EB, Bl. 77 d.A.). Gegen die Absetzung der Terminsgebühr wendet sich die Beschwerde des Klägers vom 08.04.2009, die am selben Tage bei Gericht eingegangen ist (vgl. Bl. 78 d.A.). Der Kläger macht geltend, die Terminsgebühr gelange durch einen der Streitbeilegung dienenden Schriftwechsel, der auch mittels Email geführt werden könne, zur Entstehung.
Der Rechtspfleger hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat als Beschwerdegericht vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig; in der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg. Der Rechtspfleger hat es mit Recht abgelehnt, die zur Festsetzung angemeldete Terminsgebühr zu berücksichtigen, denn diese Gebühr ist nicht angefallen.
Die Terminsgebühr ist nicht durch den außergerichtlichen Schriftwechsel zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Beklagten zur Entstehung gelangt, denn der Austausch der Schreiben vom 14. und 18.11.2008 erfüllt nicht die Voraussetzungen nach Nr. 3104 in Verbindung mit Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG. Danach führt nur eine auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete "Besprechung" zum Anfall der Terminsgebühr. Eine solche Besprechung, d. h. eine mündliche Unterredung, hat jedoch auch nach dem Beschwerdevorbringen nicht stattgefunden.
Der Senat folgt nicht der Rechtsprechung des OLG Koblenz (vgl. AnwBl. 2007, 633 = JurBüro 2007, 413 = AGS 2007, 347 mit zust. Anm. Schons; vgl. auch Meyer RVG-Letter 2007, 65), wonach auch ein schriftlicher Meinungsaustausch den Gebührenanfall auslösen soll. Eine schriftliche Kontaktaufnahme -mit postalischem Schreiben, per Email, SMS oder Fax - beinhaltet schon begrifflich keine Besprechung, derer es jedoch nach dem insoweit unmissverständlichen Wortlaut in Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG bedarf.
Der Senat sieht keine Handhabe, die gesetzgeberischen Absichten, anwaltliche Anstrengungen zur Streitbeilegung in Erweiterung der früheren Erörterungsgebühr gebührenrechtlich zu privilegieren, als Argument dafür heranzuziehen, auch einen schriftlichen Meinungsaustausch für den Gebührenanfall ausreichen zu lassen (vgl. OLG Koblenz a.a.O.). Dann müsste jeder Schriftwechsel, der Einigungsvorschläge behandelt, zu einer Terminsgebühr führen, deren Anfall mithin nahezu zum Regelfall würde. Dieses Ergebnis würde am Gesetzeswortlaut vorbei zu einer ganz erheblichen Erweiterung des Gebührentatbestands und zu einer sachwidrigen Verteuerung von Rechtsstreitigkeiten führen (so im Ergebnis auch: Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 18. Aufl., VV Vorb. 3 Rdnr. 105; Hansens RVGreport 2007, 269). Dass der Gesetzgeber hierauf hat abzielen wollen, ist nicht ersichtlich (zu den Motiven vgl. Müller-Rabe a.a.O. Rdnr. 27).
Der Senat hält es auch nicht für gerechtfertigt, mit dem OLG Koblenz (vgl. a.a.O.) die Vergleichbarkeit der praktischen Regelungsmöglichkeiten durch eine mündliche Besprechung ...