Leitsatz (amtlich)
Die Nutzung eines Gütesiegels ist irreführend, wenn dieses nicht nach einer objektiven Prüfung durch eine unabhängige Stelle vergeben wird. Eine Selbstauskunft genügt der Erwartung der angesprochenen Verkehrskreise an die objektive Prüfung der für die Vergabe erforderlichen Kriterien nicht.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 06.09.2017; Aktenzeichen 84 O 43/17) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 06.09.2017 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 43/16 - wird zurückgewiesen.
Der Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt.
Dieser Beschluss und das genannte Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000 EUR hinsichtlich der Unterlassung und im Übrigen in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 20.000 EUR hinsichtlich der Unterlassung und im Übrigen in Höhe von 110% des zu jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.
Der Beklagte ist der Bundesverband der Beschaffungsinstitutionen in der Gesundheitswirtschaft Deutschland (BVBG e.V.). Nach seinem Internetauftritt strebt er u.a. branchenweite elektronische Standards an, um die Einkaufsprozesse zwischen Industrie und Krankenhäusern zu optimieren und Kosten zu senken. Seit 2011 vergibt der Beklagte das "BVBG-Gütesiegel". Hinsichtlich des Siegels wird auf den Klageantrag Bezug genommen.
In der "Satzung Akkreditierung Gütesiegel" des Beklagten sowie der "Charta" des Beklagten werden die Bedingungen für die Vergabe des Gütesiegels dargestellt. Dabei wird der Zweck des Gütesiegels dargestellt. Das Siegel stelle kein Qualitätssiegel dar. Es stelle ein Werbeinstrumentarium nach außen dar, das die Unterstützung der Ziele des Siegels durch den Träger dokumentiere. Die Akkreditierung erfolge webbasiert über die in den Bedingungen angegebene Internetplattform des Beklagten. Im Rahmen der Akkreditierung würden Fragen zu Namen, Gesellschaftsform, Kontaktdaten, Ansprechpartner-Akkreditierung und Fragen zur Mitgliedschaft bei Beschaffungsinstitutionen abgefragt, die Mitglieder des BVBG e.V. seien. Im Rahmen des Akkreditierungsantrages gebe es Pflichtangaben. Dieser Bereich werde als Abfrage formaler Kriterien bewertet. Die Bestätigung der Pflichtangaben sei Voraussetzung für den Fortgang der Akkreditierung. Es würden weitere Fragen übersandt, die mit Ja oder Nein zu beantworten seien. Soweit 70% mit Ja beantwortet worden seien, stünden der Akkreditierung keine Hindernisse entgegen. Die Akkreditierung könne jederzeit widerrufen werden, sobald sich herausstelle, dass ein Antragsteller bewusst unwahre Angaben im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens getätigt habe oder im Bereich der Pflichtangaben negative Änderungen bekannt würden. Ergänzend wird auf die Satzung und die Charta, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sind, Bezug genommen.
Der Kläger hat die Bezeichnung "Gütesiegel" für irreführend gehalten. Die angesprochenen Verkehrskreise erwarteten von einem "Gütesiegel", dass es von einer objektiven und neutralen, außerhalb des gewerblichen Gewinnstrebens stehenden Stelle vergeben werde und diese Stelle auch die Prüfung und kontinuierliche Qualitätsüberwachung durch neutrale Dritte durchführen lasse. Dies sei beim "Gütesiegel" des Beklagten nicht der Fall.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
I. den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das nachfolgend wiedergegebene Zeichen den Begriff "Gütesiegel" zu verwenden und/oder verwenden zu lassen:
((Abbildung))
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Bezeichnung "Gütesiegel" sei nicht zu beanstanden. Das Gütesiegel werde an industrielle Partner von Beschaffungsinstitutionen sowie an Einrichtungen der Krankenversorgung (Krankenhäuser) vergeben, so dass nicht in erster Linie Beschaffungsinstitutionen, sondern Versorgungseinrichtungen und Industrierunternehmen Adressat und mögliche Nutzer des Gütesiegels seien. Im Rahmen der Ursprungskonzeption der Initiatoren Kapitzka und Helfrich habe zunächst bezogen auf das Akkreditierungsverfahren eine subjektive Zustimmung seitens des Vorstandes bestanden. Dieses subjektive Kriterium sei aufgehoben und durch eine Wertung der prozentual zutreffenden Angaben im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens ersetzt worden. Dies beinhalte, dass bei Durchlauf des im Onlineverfahren auszuführenden Akkreditierungsverfahrens Grad und Umfang der Antworten...