Leitsatz (amtlich)
Zulässiges Antragsziel im Wiederaufnahmeverfahren kann nicht die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. §63 StGB anstelle einer Freiheitsstrafe sein.
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Verurteilte.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wurde durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts B. vom 24.11.2009 wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, unerlaubten Führens eines einer Schußwaffe gleichgestellten Gegenstandes und unerlaubten Umgangs mit Molotowcocktails zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dem Urteil liegt die Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens durch Herstellung von "Molotowcocktails", ein Waffenvergehen wegen Führens einer Schreckschusswaffe sowie versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin A. P. zugrunde, die von der Beschwerdeführerin mit einem Kurzschwert in Tötungsabsicht zur Ermöglichung des beabsichtigten Amoklaufs an ihrer Schule am 11.05.2009 an den Händen schwer verletzt wurde.
Die gegen das Urteil gerichtete Revision der Beschwerdeführerin ist durch Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 09.06.2010 verworfen worden. Die Verurteilte befindet sich zur Vollstreckung der Strafe derzeit in der Justizvollzugsanstalt Köln.
Die Verurteilte betreibt mit durch Verteidigerschriftsatz vom 07.07.2010 gestelltem Antrag die Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem (im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 04.07.2011 nochmals klargestellten) Ziel des Freispruchs und - anstelle der Verhängung einer Freiheitsstrafe - der Anordnung der Unterbringung gem. § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das Wiederaufnahmegesuch wird - gestützt auf den Entlassungsbericht der Rheinischen Kliniken B. vom 24.11.2009, die Zeugenaussagen von drei behandelnden Ärzten sowie eines weiteren Arztes und einer Psychologin der Klinik B.-H., in der die Beschwerdeführerin vorübergehend untergebracht war, und des weiteren auf die ergänzende Stellungnahme des in der Hauptverhandlung gehörten Sachverständigen Prof.Dr.E. vom 09.04.2010 - damit begründet, die Verurteilte sei bei Begehung der Tat abweichend entgegen den Urteilsfeststellungen schuldunfähig gewesen, was - neben der Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB - zu ihrem Freispruch führen werde.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 21.06.2011 hat die 4. große Strafkammer - 1. große Jugendkammer des Landgerichts K. diesen Antrag als unzulässig verworfen und die weiter gestellten Anträge auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers sowie auf Vollstreckungsaufschub abgelehnt. Gegen diesen, dem Verteidiger am 27.06.2011 zugegangenen Beschluss richtet sich die mit Verteidigerschriftsatz vom 04.07.2011 eingelegte, und an diesem Tage bei dem Landgericht K. eingegangene sofortige Beschwerde der Verurteilten, mit der - mit der erwähnten Klarstellung des Wiederaufnahmeziels - unter Bezugnahme auf die Antragsschrift die darin gestellten Anträge weiterverfolgt werden.
II. Die gemäß § 372 Satz 1 StPO statthafte, rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs.2 StPO eingelegte und damit zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht das Wiederaufnahmegesuch nach § 368 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen und auch die weiteren Anträge abgelehnt. Der Senat nimmt auf die ausführlich und zutreffend begründete Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug und hebt ergänzend nur folgendes hervor :
Das Landgericht hat mit Recht ausgeführt, dass dem Wiederaufnahmegesuch bereits aus Rechtsgründen Erfolg nur beschieden sein könne, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel geeignet wären, die Freisprechung der Angeklagten wegen Schuldunfähigkeit gem. § 20 StGB zu begründen (§ 359 Nr. 5 StPO). Die Wiederaufnahme zu dem Zweck, eine Milderung der Strafe lediglich wegen verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB herbeizuführen, ist nach § 363 Abs. 2 StPO ausgeschlossen. Der von der Verteidigung erstrebten Anordnung einer Maßregel gem. § 63 StGB steht zwar nicht das Verschlechterungsverbot entgegen, vgl. § 373 Abs. 2 S.2 StPO. Sie kann jedoch nicht isoliert Ziel der Wiederaufnahme sein, wie aus § 359 Nr. 5 StPO folgt. Nach dieser Bestimmung kann lediglich eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel - etwa deren erhebliche Verkürzung oder der Austausch durch eine andere Maßregelart, vgl. dazu Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 359 Randn. 42 - erreicht werden, nicht jedoch die erstmalige Anordnung einer Maßregel. Soll die - von der Verteidigung erstrebte - Maßregelanordnung eine Strafe ersetzen, kann als zulässiges Antragsziel nur die mit der Maßregelanordnung ergehende Freisprechung benannt werden (vgl. Marxen, StV 1992, 535 [536]). Davon geht die Verteidigung nunmehr selbst aus, wie mit der Beschwerdeschrift klargestellt worden ist. Im Hinblick auf dieses Wiederaufnahmeziel greift auch nicht der Gesichtspunkt der Generalstaatsanwaltschaft, wonach die erstmal...