Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 13.06.2016; Aktenzeichen 11 O 16/16) |
Tenor
In dem Beschwerdeverfahren (...) wird die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des LG Bonn vom 13.06.2016 (11 O 16/16) zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Gläubigerin zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten darüber, ob zur Vollziehung einer einstweiligen Verfügung (§§ 936, 929 Abs. 2 ZPO), die auf das Fortsetzen einer rundfunktechnischen Programmausstrahlung von einem bestimmten Senderstandort auch über das Datum einer ausgesprochenen Kündigung hinaus bis zur rechtkräftigen Entscheidung in der Hauptsache gerichtet ist, neben der (hier erfolgten) fristgerechten Zustellung der einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb zusätzlich noch das fristgerechte Stellen eines Vollstreckungsantrages erforderlich ist. Die Schuldnerin kommt der titulierten Verpflichtung - ein Berufungsverfahren läuft beim Senat zu Az. 28 U 16/16 - unstreitig weiterhin nach. Die Gläubigerin hat indes einen entsprechenden Antrag nach § 888 ZPO auf Festsetzung eines Zwangsgeldes gestellt - auch um bei einer Einstellung der Leistungen ggf. kurzfristig reagieren zu können. Das LG hat mit Beschluss vom 13.06.2016 - 11 O 6/16 - diesen Antrag zurückgewiesen und dies im Kern darauf gestützt, dass jedenfalls bei der hier streitgegenständlichen dauerhaften Handlungspflicht, der die Schuldnerin derzeit vollumfänglich nachkommt, ein solcher zusätzlicher Antrag zur Wahrung der Vollziehungsfrist nicht erforderlich sei. Zur Meidung von Wiederholungen wird auf die angegriffene Entscheidung (Bl. 23 ff. d.A.) Bezug genommen. Gegen den am 20.06.2016 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde vom 29.06.2016, mit der die Gläubigerin ihr erstinstanzliches Begehren unter Vertiefung ihrer Rechtsauffassung weiterverfolgt. Die Schuldnerin beantragt Zurückweisung der sofortigen Beschwerde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die nach §§ 891 S. 1, 793, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat keinen Erfolg.
Der Antrag nach § 888 ZPO ist unbegründet, weil die Schuldnerin der titulierten Verpflichtung jedenfalls derzeit vollumfänglich nachkommt. Gründe für den Erlass eines letztlich beantragten "vorsorglichen" Zwangsgeldbeschlusses sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO.
Es bedarf keiner grundsätzlichen Festlegung des Senats in der Streitfrage, welche Anforderungen an die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung (§§ 936, 929 Abs. 2 ZPO) im Bereich aufgegebener Handlungspflichten über die Parteizustellung hinaus allgemein erforderlich sind. Denn wie das LG zutreffend erkannt hat sind (neben den hier ohnehin nach dem Inhalt der titulierten Verpflichtung nicht einschlägigen Fällen des § 890 ZPO) mit Blick auf Handlungs- oder Duldungspflichten (§§ 887, 888 ZPO) in Rechtsprechung und Literatur vor allem diejenigen Fälle umstritten, in denen eine noch ausstehende (einmalige) Leistung vom Schuldner verlangt werden soll (etwa Auskunft, Gegendarstellung, Besitzverschaffung, Zutrittsgewährung etc.). Hier mögen gewisse Gründe dafür sprechen, dass allein die Parteizustellung nicht ausreichend ist für eine "Vollziehung" und so überdies die Einleitung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens geboten sein kann, um den Vollstreckungswillen klar zu dokumentieren (so für Auskunft OLG Hamburg v. 06.06.1996 - 3 U 9/96, GRUR 1997, 147; für Gegendarstellung OLG Koblenz v. 02.05.2008 - 4 U 452/08, AfP 2009, 59 = BeckRS 2009, 09359; für Zutrittsverschaffung OLG Rostock v. 24.5.2006 - 6 U 242/05, NJOZ 2006, 2733; für Wiederherstellung der Gaszufuhr o..ä. OLG Hamm v. 07.01.1993 - 14 W 194/92, NJW-RR 1993, 959 sowie OLG Brandenburg v. 19.02.2009 - 5 U 157/08, OLGReport 2009, 754 und allgemein etwa auch MüKo-ZPO/Drescher, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 938 Rn. 49; Musielak/Huber, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 936 Rn. 5 und Teplitzky, FS Kreft, 2004, 163 ff. jeweils m.w.N.). Zwingend ist dies freilich nicht, man könnte auch hier allein die Parteizustellung genügen lassen (für Gegendarstellung etwa OLG München v. 06.10.2006 - 18 W 2365/05, AfP 2007, 53 = BeckRS 2007, 09698; OLG München v. 31.05.2002 - 21 W 1548/02, MDR 2003, 53; für Auskunft OLG Frankfurt v. 20.11.1997 - 6 U 139/97, OLGR 1998, 97).
Richtigerweise erscheint indes in allen Fällen eine umfassende Betrachtung eines jeden Einzelfalles geboten. Maßgeblich ist vor allem, ob und wie dem Zweck des Vollziehungserfordernisses, nämlich der Herbeiführung klarer Verhältnisse durch eindeutige Betätigung eines Vollziehungswillens, ausreichend Rechnung getragen wird. Im Streitfall begehrt die Gläubigerin eine fortlaufend bereits in Erfüllung befindliche "Dauerleistung", die von der Schuldnerin nach dem Titel nur entgegen einer Kündigungserklärung über den Kündigungszeitpunkt hinaus unverändert weiter aufrecht zu erhalten...