Entscheidungsstichwort (Thema)

Einwilligung in Operation bei Kolik durch AGB; Aufklärung des Tierhalters

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung in einem vorgefertigten Aufklärungs- und Einwilligungsformular, wonach schon bei Abschluss des Behandlungsvertrages und Unabsehbarkeit der weiteren Entwicklung einer vom Tierarzt für geboten gehaltenen Operation eines an Kolik erkrankten Pferdes zugestimmt werde, verstößt nicht gegen § 307 Abs. 2 BGB und ist auch im übrigen wirksam.

2. Auf die Behandlung des Tierarztes ist § 630 e BGB weder unmittelbar noch mittelbar anwendbar. Einer mündlichen Aufklärung über Behandlungsrisiken oder Behandlungsalternativen bedarf es im Regelfall nicht.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 611, 630e, 823

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 9 O 90/17)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 18. Oktober 2017 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O 90/176 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung des Beklagten war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Die Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Hierzu wird auf den Senatsbeschluss vom 4.7.2018 verwiesen. Die Stellungnahmen des Beklagten vom 30.8.2018 und 31.8.2018 rechtfertigen keine andere Beurteilung.

1. Soweit der Beklagte erstmals in der Berufungsbegründung behauptet hat, dass er mit der Klägerin bei Aufnahme des Pferdes mündlich vereinbart habe, dass eine Operation nur nach Rücksprache mit ihm erfolgen solle, ist das neue Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen, unter denen neue Angriffs- und Verteidigungsmittel ausnahmsweise berücksichtigt werden können, sind vom Beklagten auch in den Schriftsätzen vom 30.8.2018 und 31.8.2018 unter 3 und 5 nicht dargetan worden. Auf fehlende Nachlässigkeit kann er sich nicht berufen. Aus der Operations- und Narkoseaufklärung (Anlage B 7) war für den Beklagten jedenfalls bei Durchsicht während des Rechtsstreits erkennbar, dass in dieser eine Rücksprachepflicht der Klägerin nicht festgelegt war, so dass es aus seiner Sicht auf eine über den schriftlichen Inhalt der Operations- und Narkoseaufklärung (Anlage B 7) hinausgehende mündliche Abrede ankommen musste. Eine notwendige Rücksprache ist in dem vorgedruckten Klammerzusatz nur als Beispiel für eine Einschränkung der Zustimmung zur Kolikoperation genannt und anschließend nicht handschriftlich angeführt. Eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht aus § 139 ZPO ist gleichfalls nicht dargetan oder ersichtlich. Es geht nicht um einen im ersten Rechtszug unklaren oder unsubstantiierten Vortrag des Beklagten, der Hinweise erfordert hätte, sondern um eine dem Gericht in erster Instanz nicht im Ansatz bekannte mündliche Abrede. Vor diesem Hintergrund fehlte jeder Anlass und Ansatzpunkt für einen Hinweis.

2. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten im Schriftsatz vom 31.8.2018 unter 4 und 9 bleibt der Senat bei seiner Auffassung, dass die Erklärung des Beklagten, durch die er bereits in einem Zeitpunkt, in dem noch eine konservative Kolikbehandlung möglich und vorgesehen war, einer künftig notwendig werdenden Operation zustimmte und sie beauftragte, nicht gegen § 307 Abs. 2 BGB verstößt, auch sonst einer inhaltlichen Überprüfung stand hält und daher wirksam ist.

Eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 BGB scheidet schon deshalb aus, weil die Erklärung bestimmte, welche Hauptleistung in welchem Fall zu erbringen war. Die Vereinbarung der Hauptleistung unterliegt gemäß § 307 Abs. 3 BGB keiner Überprüfung nach § 307 Abs. 2 BGB. Diesem Argument des Senats ist der Beklagte in seinen Stellungnahmen nicht entgegen getreten.

In der Sache weist der Beklagte vor allem darauf hin, dass einer Kolik bei einem Pferd zahlreiche unterschiedliche Ursachen und Krankheitsverläufe zugrunde liegen können, die bei im Detail unterschiedlicher Diagnose unterschiedliche Therapien erfordern können. Dieser Sachverhalt kann es sicherlich sinnvoll machen, dass der Eigentümer des Tieres erst unmittelbar vor einer Operation über seine Einwilligung in diese entscheidet. Gleichwohl hat die Klägerin in dem Bogen Kolik Stationäre Aufnahme Schlachtpferd (Anlage B 6) einen sachlichen Grund angeführt, der es rechtfertigt, vom Eigentümer des Pferdes vorab eine Entscheidung zwischen einer Zustimmung zur Kolikoperation, einer Zustimmung mit Einschränkungen oder ihrem Ausschluss zu verlangen. Sie hat darauf hingewiesen, dass sich die Notwendigkeit einer Kolikoperation kurzfristig herausstellen und schnelles Handeln für das Pferd überlebenswichtig sein kann. Diesen Sachverhalt hat der Beklagte in seinen Stellungnahmen nicht bestritten. Sein Vortrag, dass es sich um ein vielschichtiges Krankheitsbild mit vielen möglichen Entwicklungen handelt, bestätigt im Gegenteil, dass rasches ärztliches...

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