Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer Nachfestsetzung.
2. Zum Anwendungsbereich des § 60 Abs. 1 S. 2 RVG.
Normenkette
RVG § 60 Abs. 1 S. 2; ZPO § 104
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 11.02.2016; Aktenzeichen 23 O 365/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 259,90 EUR
Gründe
I. Mit Urteil vom 10.7.2013 legte das LG Köln der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auf. Am 18.7.2013 erließ der Rechtspfleger antragsgemäß Kostenfestsetzungsbeschluss zu Gunsten der Beklagten. Unter dem 22.7.2013 ging die Berufungsschrift der Klägerin beim Oberlandesgericht Köln ein, die dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten erster Instanz ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 3.8.2013 zugestellt wurde. Bereits mit Schreiben vom 24.7.2013 hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin demjenigen der Beklagten mitgeteilt, es sei Berufung eingelegt worden und unter Hinweis darauf um Mitteilung gebeten, ob Einverständnis damit bestehe, die Durchsetzung des Kostenerstattungsanspruchs bis zum Abschluss der Rechtsmittelinstanz zurückzustellen. Hierauf erwiderte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schreiben vom 26.7.2013: "Ich gehe davon aus, dass meine Mandantin damit einverstanden ist, wenn der Ausgleich der festgesetzten Kosten bis zum rechtskräftigen Abschluss der Sache zurückgestellt wird. Sollte das wider Erwarten nicht der Fall sein, würde ich Sie entsprechend unterrichten." Mit Urteil vom 20.12.2013 wurde die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zurückgewiesen. Antragsgemäß wurden zu Gunsten der Beklagten für die Berufungsinstanz am 22.1.2014 1.776,43 EUR als Kostenerstattungsanspruch festgesetzt. Der Beschluss ist rechtskräftig.
Mit Schriftsatz vom 23.11.2015 stellte die Beklagte Nachfestsetzungsantrag in Höhe von 259,90 EUR. Zur Begründung führt sie aus, es sei seinerzeit für die zweite Instanz irrtümlich auf der Grundlage der bis zum 31.7.2013 gültigen Gebührentabelle zu § 13 RVG Kostenfestsetzung beantragt worden. Da sie einen Auftrag an ihre Prozessbevollmächtigten, für sie in zweiter Instanz tätig zu werden, erst nach dem vorgenannten Datum erteilt habe, das heißt, erst nach Zustellung der Berufungsschrift, sei die neue, ab 1.8.2013 gültige Gebührentabelle zu Grunde zu legen.
Dem tritt die Klägerin entgegen. Sie ist der Ansicht, das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 26.7.2013 belege, dass diese bereits vor dem 1.8.2013 von ihrer Mandantin für die zweite Instanz mandatiert worden seien, so dass die dafür angefallenen Gebühren nach der alten Gebührentabelle abzurechnen seien. Deshalb scheide eine Nachfestsetzung aus. Zudem stehe einer solchen die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 22.1.2014 entgegen, worin über die hier in Rede stehende Verfahrens- bzw. Terminsgebühr für die Rechtsmittelinstanz bereits befunden worden sei.
Der Rechtspfleger hat die Nachfestsetzung zunächst antragsgemäß unter dem 27.11.2015 durchgeführt. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat er seinen Kostenfestsetzungsbeschluss mit Beschluss vom 4.1.2016 aufgehoben. Auf das nunmehr von der Beklagten eingelegte Rechtsmittel hat er sodann Letzteren aufgehoben und mit Beschluss vom 11.2.2016 den Beschluss vom 27.11.2015 wieder hergestellt. Der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Klägerin hat er nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei neues Gebührenrecht zu Grunde zu legen. Maßgeblich sei § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG, wonach es auf die Auftragserteilung ankomme. § 60 Abs. 1 Satz 2 RVG beziehe sich auf den Rechtsmittelführer. Zudem sei über die zur Festsetzung beantragten Beträge noch nicht entschieden worden, so dass eine Nachfestsetzung möglich sei.
II. Die gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg.
Die vom Rechtspfleger durchgeführte Nachfestsetzung ist rechtsfehlerfrei erfolgt.
1.a) Es besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit darüber, dass versehentlich in einem ersten Kostenfestsetzungsverfahren nicht geltend gemachte Posten der Nachliquidation zugänglich sind (BVerfG NJW 1995, 1886; BGH NJW 2009, 3104; FamRZ 2011, 1222; NJW 2011, 1367 = AGS 2010, 580 mit zust. Anm. N. Schneider AGS 2010, 585; OLG München MDR 2003, 55; OLG Düsseldorf AGS 2006, 201; OLG Stuttgart NJW-RR 2009, 1004; OLG Celle AGS 2010, 582 mit zust. Anm. N. Schneider AGS 2010, 585; LG Trier JurBüro 2012, 250; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 104 Rdn. 21 "Nachliquidation" m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, dass auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse der materiellen Rechtskraft fähig sein können. Diese bezieht sich nur auf die im Antrag geforderten und im Beschluss beschiedenen Beträge. Sie steht einer Nachfestsetzung bisher nicht geltend gemachter Positionen deshalb nicht entgegen.
b) Anders ist es aber dan...