Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei finanzierter Schul- bzw. Universitätsausbildung durch den ausgleichspflichtigen Ehegatten. Versorgungsausgleich; hier: Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei finanzierter Schul- bzw. Universitätsausbildung durch den ausgleichspflichtigen Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Eine Ehegatte, der ohne erwerbstätig zu sein, zur Schule geht und anschließend studiert, erleidet beim Aufbau eigener Versorgungsanwartschaften keine ehebedingten Nachteile; er steht hinsichtlich seiner Altersversorgung nicht anders da, als wenn er nicht geheiratet hätte. In Fällen dieser Art ist die Durchführung des Versorgungsausgleichs dann grob unbillig, wenn zu den fehlenden ehebedingten Nachteilen als besonderer Umstand hinzukommt, dass der Verpflichtet während der Schulausbildung des anderen Ehegatten durch seine volle Erwerbstätigkeit einen überobligationsmäßigen Beitrag zum Familienunterhalt geleistet oder gerade dadurch dem anderen Ehegatten den Abschluss einer qualifizierten Ausbildung ermöglicht und finanziert hat (Hahne in Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl., § 1587c Rz. 21; RGRK/Wick, BGB, 12. Aufl., § 1587c Rz. 46; Palandt/Brudermüller, BGB, 63. Aufl., § 1587c Rz. 27, je m.w.N.). Ein solcher Fall liegt dann nicht vor, wenn der Ausgleichsberechtigte während der Ehezeit das Studium tatsächlich nicht betrieben hat und durch seine, wenn auch nicht versicherungspflichtige, Tätigkeit während der Ehe zum Unterhalt der Familie mit beigetragen hat.
Das so entstandene Ungleichgewicht der erworbenen beiderseitigen Anwartschaften mag durchaus als unbillig anzusehen sein, erreicht aber nicht die Grenze zur groben Unbilligkeit. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass das um Rentenbeiträge nicht gekürzte Erwerbseinkommen des Ausgleichsberechtigten dem Familieneinkommen zugute gekommen ist.
Normenkette
BGB § 1587c
Verfahrensgang
AG Brühl (Urteil vom 08.05.2002; Aktenzeichen 33 F 372/00) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Ehemannes vom 13.6.2002 wird das am 8.5.2002 verkündete Urteil des AG Brühl im Ausspruch zum Versorgungsausgleich geändert.
Von dem Rentenversicherungungskonto der Ehefrau bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Versicherungsnummer ...1, werden monatliche Rentenanwartschaften i.H.v. 74,66 EUR, bezogen auf den 30.11.2000, übertragen auf das Rentenversicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Versicherungsnummer ...2.
Die Umrechnung der zu übertragenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte wird angeordnet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden unter den Parteien gegeneinander aufgehoben.
Gründe
Die Beschwerde ist begründet. Der Versorgungsausgleich ist durchzuführen.
Nach § 1587 Abs. 1 BGB sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Versorgungen auszugleichen. In der für die Berechnung des Versorgungsausgleichs maßgeblichen Ehezeit (§ 1587 Abs. 2 BGB), die vom 1.2.1990 bis zum 30.11.2000 dauerte, haben die Parteien lediglich bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auszugleichende Rentenanwartschaften erworben:
der Ehemann i.H.v. 162 EUR und die Ehefrau i.H.v. 311,32 EUR.
Diese Anwartschaften sind nach § 1587b Abs. 1 BGB auszugleichen. Es ergibt sich folgende Berechnung: (311,32 EUR - 162 EUR)/2 = 74,66 EUR.
Der Versorgungsausgleich ist nicht nach § 1587c Ziff. 1 BGB auszuschließen. Nach dieser Vorschrift findet ein Versorgungsausgleich nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insb. des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit der Scheidung, grob unbillig wäre. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, kommt eine Herabsetzung oder ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs in Betracht, wenn aufgrund der besonderen Verhältnisse in einer Ehe die Durchführung des Wertausgleichs dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde (BGH v. 24.3.2004 - XII ZB 27/99, BGHReport 2004, 942 = MDR 2004, 1002 = FamRZ 2004, 862 m.w.N.). Der Gesetzgeber wollte mit dem Versorgungsausgleich vornehmlich die soziale Lage desjenigen Ehegatten verbessern, der wegen in der Ehe übernommener anderer Aufgaben Einschränkungen in seiner beruflichen Entfaltung auf sich genommen und dadurch ehebedingte Nachteile in seiner versorgungsrechtlichen Lage erlitten hat (BGH v. 21.3.1979 - IV ZB 142/78, BGHZ 74, 38). Ein Ehegatte, der ohne erwerbstätig zu sein, zur Schule geht und anschließend studiert, erleidet beim Aufbau eigener Versorgungsanwartschaften keine ehebedingten Nachteile; er steht hinsichtlich seiner Altersversorgung nicht anders da, als wenn er nicht geheiratet hätte. In Fällen dieser Art ist die Durchführung des Versorgungsausgleichs dann grob unbillig, wenn zu den fehlenden ehebedingten Nachteilen als besonderer Umstand hinzukommt, dass der Verpflichtete während der Schulausbildung des anderen Ehegatten durch seine volle Erwerbstätigkei...