Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Verfahrensaussetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 18 EuGVÜ hat nicht Vorrang vor Art. 21 EuGVÜ.

2. Entscheidend dafür, ob derselbe Anspruch i.S.d. Art. 21 Abs. 1 EuGVÜ verfolgt wird, ist nicht die formelle Identität der Anträge, sondern der Kernpunkt beider Streitigkeiten. Die Begriffe „derselbe Anspruch” und „dieselben Parteien” sind dabei autonom nach dem EuGVÜ und den mit diesem verfolgten Zielen auszulegen. Dies führt zu einer weiten Auslegung der Begriffe.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 19.09.2003; Aktenzeichen 83 O 53/01)

 

Tenor

1. Das Verfahren wird ausgesetzt.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Abänderung des Beschlusses vom 4.12.2002 (GA 639) wie folgt festgesetzt: bis 13.000.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Klägerin will im Rahmen verschiedener negativer Feststellungsanträge und eines Zwischenfeststellungsantrags festgestellt wissen, dass der Beklagten keine Schadensersatz- und Provisionsansprüche aus einem Vertriebsvertrag sowie aus kaufrechtlichen Beziehungen zustehen und dass ein „Vertretervertrag” vom 16.11.1984 mit einer Fa. M. Werke GmbH & Co. KG nebst Abänderung vom 30.6.1988 (sogen. Amendment agreement), deren Existenz die Klägerin ohnehin bestreitet, sie nicht verpflichtet. Diese Klage ist in der Sache im Wesentlichen darauf gestützt, dass

(1) sie, die Klägerin, nicht Rechtsnachfolgerin der Fa. M. Werke GmbH & Co. KG sei und eine Vertragsübernahme nicht erfolgt sei,

(2) eine etwaige konkludent erfolgte Vertragsübernahme wegen Verstoßes gegen den im fraglichen Zeitpunkt noch geltenden § 34 GWB unwirksam sei,

(3) der Vertriebsvertrag selbst aufgrund der hierin enthaltenen Ausschließlichkeitsbindungen wegen Verstoßes gegen Art. 81 EGV unwirksam sei.

Die Kläger hat in erster Instanz zuletzt folgende Anträge gestellt:

1. festzustellen, dass sie der Beklagten nicht zum Schadensersatz aus einem angeblich zwischen den Parteien bestehenden Vertriebsvertrag verpflichtet ist, insb. nicht zum Schadensersatz wegen Unterlassens folgender Handlungen

  • vollständige, fristgerechte und ordnungsgemäße Erfüllung der Verpflichtungen aus einem angeblich zwischen den Parteien existierenden Vertrag vom 16.11.1984,
  • Verstoß gegen die Bestimmungen des Vertrags vom 16.11.1984,
  • direkte oder indirekte Belieferung der Produkte an Konkurrenten der Beklagten und Kunden der Klägerin sowie für diese zu produzieren, verkaufen oder zu vertreiben,
  • Akzeptierung von Aufträgen der Kunden der Beklagten binnen einer Frist von 90 Tagen ab Ladung,
  • Inrechnungstellung der an die Beklagte durchzuführenden Verkäufe zu den niedrigsten Importpreisen jeglicher Kondensmilch in Griechenland,
  • Ausführung der nicht angenommenen Aufträge der Beklagten,
  • Akzeptierung jeder Auftragsbestätigung auf Formularen der Klägerin,
  • Lieferung von Milch in Portionsverpackung aus Aluminium, insb. in Dreier- und Sechserpackungen an die Beklagte,
  • Einstellung jeder direkten oder indirekten Zusammenarbeit mit der n. S.A:,
  • Einstellung der Produktion von Kondensmilch in jeglicher Verpackung mit Fettgehalt von 1 % sowie die Erteilung von Informationen an jegliche Dritte sowie die Produktion dieser Milch in Zukunft ausschließlich für Rechnung der Beklagten in den von der Beklagten verlangten Mengen,
  • Herstellung von Kondensmilch in jeglicher Verpackung mit Fettgehalt von 1 % lediglich in E.,
  • Unterlassung der Herstellung von Kondensmilch und sonstigen Milchprodukten der Fabrik in E. für Rechnung der Fa. H.,
  • vorsorgliche Kündigung der Geschäftsbeziehungen der Parteien;

2. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, der Beklagten für nicht ausgeführte Aufträge Provisionen zu zahlen;

hilfsweise

a) festzustellen, dass sie der Beklagten nicht zum Schadensersatz aus einem angeblich zwischen den Parteien bestehenden Vertriebsvertrag verpflichtet ist;

weiter hilfsweise

b) festzustellen, dass sie der Beklagten nicht zum Schadensersatz aus zwischen den Parteien gezeichneten Kaufverträgen verpflichtet ist, die im Rahmen des Vertriebsvertrags geschlossen wurden;

ganz hilfsweise

c) festzustellen, dass sie der Beklagten nicht zum Schadensersatz aus einer zwischen den Parteien bestehenden Käufer-Verkäufer-Beziehung verpflichtet ist; im Wege der Zwischenfeststellungsklage festzustellen, dass der von der Beklagten als Anlage B 8 vorgelegte Vertretervertrag vom 16.11.1984 samt Abänderungen des Vertretervertrags unter dem Datum des 30.6.1988 sie nicht verpflichtet.

Die diesen Anträgen zugrunde liegende Klage hat die Klägerin unter dem Datum des 27.7.2001, bei dem LG Köln eingegangen am 30.7.2001, erhoben. Nachdem die Klägerin Antrag auf Zustellung der Klage gem. Art. 14 EuZVO (Verordnung [EG] Nr. 1348/2000 vom 29.5.2000) gestellt hatte, ist die Klage nach dem Sachvortrag der Beklagten mittels Einschreiben mit Rückschein am 27.8.2001 aufgrund einer fehlerhaften Adressierung einer sich im Gebäude Nr. 6 der K.S. in Athen aufhältigen Person übergeben worden. Später wurde sie dann bei dem Pförtner ...

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