Entscheidungsstichwort (Thema)

Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes

 

Leitsatz (amtlich)

Im Arzthaftungsbereich kommt der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes regelmäßig keine besondere Bedeutung zu.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 253, 280, 611, 823

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 13.06.2014; Aktenzeichen 11 O 346/12)

 

Tenor

Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 13.6.2014 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Aachen - 11 O 346/12 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

 

Gründe

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).

Das vom LG auf die Widerklage zuerkannte Schmerzensgeld von 4.000 EUR ist angemessen und reicht aus, um die beim Beklagten infolge der fehlerhaften Behandlung durch den Kläger eingetretenen immateriellen Beeinträchtigungen angemessen auszugleichen. Das LG hat die für die Bemessung des Schmerzensgeldes wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt, das heißt die - vom Zahn 34 abgesehen - nicht erforderliche Sanierung des gesamten Gebisses, die damit unvermeidlich einhergehenden Schmerzen und Beeinträchtigungen, die Notwendigkeit einer umfassenden Neuversorgung vor allem infolge fehlerhafter Kauflächen und Schneidekanten und die auf einen fehlerhaften Aufbiss zurückzuführenden Nackenschmerzen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Genugtuungsfunktion auch im Streitfall, wie in Arzthaftungsprozessen regelmäßig, keine besondere Bedeutung für die Bemessung des Schmerzensgelds. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es dem Kläger nicht um eine dem zahnärztlichen Standard entsprechende Heilbehandlung ging. Die Höhe des in Rechnung gestellten Honorars ist für sich genommen kein ausreichendes Indiz, um anzunehmen, dass der Kläger wusste oder billigend in Kauf nahm, dass es - wie vom LG aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. T festgestellt - keine Indikation für die Sanierung des gesamten Gebisses gab. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der Beklagte unter dem 9.5.2011 für einen Teil der betroffenen Zähne Karies dokumentiert hat, die einen Grund für die Erneuerung einer Krone oder Brücke darstellen kann.

Soweit es um die Nackenschmerzen geht, die sich durch eine Veränderung der Okklusion und des Aufbisses behandeln lassen, fehlt jeder konkreter Vortrag, dass sie den Beklagten bis heute nachhaltig beeinträchtigen. Insbesondere hat der Beklagte nicht vorgetragen, sich deswegen noch in ärztlicher Behandlung zu befinden. Entsprechende Arztberichte hat er nicht vorgelegt. Zudem hat seine Ehefrau vor dem LG als Zeugin bekundet, dass der Beklagte während der umfassenden Behandlung durch den Kläger Kopf- und Rückenschmerzen gehabt habe. Für die Zeit nach Abschluss der Behandlung hat sie dagegen allein Beschwerden und Schmerzen geschildert, die von zwei Unterkieferzähnen verursacht werden. Die letztgenannte Beeinträchtigung ist nach den Feststellungen des LG nicht auf einen Behandlungsfehler des Beklagten zurückzuführen und daher für die Höhe des Schmerzensgeldes nicht erheblich.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI8028580

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