Leitsatz (amtlich)

1. Zur Einigungsgebühr, wenn in einen Vergleich nicht rechtshängige Ansprüche einbezogen werden, die einen Mehrwert haben.

2. Der Streithelfer hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung, wenn er an einem Vergleich zwischen den Streitparteien beteiligt ist, der zu seinen Gunsten keine Kostenregelung enthält.

 

Normenkette

ZPO § 101; RVG-VV Nrn. 1000, 1003

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 28.10.2008; Aktenzeichen 17 O 242/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten und ihrer vier Streithelfer wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim LG Köln vom 28.10.2008 - 17 O 242/07 - in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 16.1.2009 - 17 O 242/07 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Beschlusses der 17. Zivilkammer des LG Köln vom 30.11.2007 sind von dem Kläger an die Beklagte 6.058,56 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 13.12.2007 zu erstatten.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger zu 20 % sowie die Beklagte und ihre vier Streithelfer zu je 16 %.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 2.603,19 EUR.

 

Gründe

I. Im Klagewege nahm der Kläger die beklagte Versicherung auf materiellen und immateriellen Schadenersatz sowie eine Geldrente in Anspruch. Nachdem sich für die Beklagte der heutige Verfahrensbevollmächtigte als Prozessbevollmächtigter bestellt und angekündigt hatte, Klageabweisung zu beantragen, teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, die Parteien hätten sich im Vergleichswege geeinigt und bäten um Protokollierung gem. § 278 Abs. 6 ZPO. Das LG verfuhr an-tragsgemäß. Entsprechend der Einigung der Parteien traten dem Vergleich auf Seiten der Beklagten vier Streithelfer bei, für die sich zum Zwecke des Vergleichsabschlusses ebenfalls Rechtsanwalt Dr. L. bestellte. Die Kostenregelung im Vergleich lautete dahingehend, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreites zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10 zu tragen hat. Der Streitwert für das Verfahren wurde auf 126.145,06 EUR, derjenige für den Vergleich auf 146.145,06 EUR festgesetzt. Der Mehrvergleich deckt die Ausgleichsquittung des Zukunftsrisikos ab.

Zur Festsetzung angemeldet worden durch Rechtsanwalt Dr. L. sind u.a. eine 1,2 Gebühr nach Nr. 1008 RVG-VV i.H.v. 1.902 EUR zzgl. Mehrwertsteuer = 2.263,38 EUR sowie eine 1,3 Geschäftsgebühr aus dem Streitwert für den Mehrvergleich (20.000 EUR) i.H.v. 839,80 EUR zzgl. Mehrwertsteuer = 999,36 EUR. Der Rechtspfleger hat die Erhöhungsgebühr nicht festgesetzt mit der Begründung, es fehle im Vergleich eine Kostenentscheidung zugunsten der vier Streithelfer. Die Geschäftsgebühr hat er unter Hinweis auf die Anrechnungsrechtsprechung des BGH lediglich zu ½ festgesetzt. Des Weiteren hat er für das vorprozessuale Tätigwerden die Verfahrensgebühr ebenfalls auf ½ gekürzt.

Auf das durch Rechtsanwalt Dr. L. eingelegte Rechtsmittel hat er die zweite Hälfte der Geschäftsgebühr für die Besprechung des Mehrvergleichs zusätzlich festgesetzt, die Sache im Übrigen dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst nur zu einem geringen Teil Erfolg.

1. Entgegen der Rüge des Verfahrensbevollmächtigten der Beklagtenseite entspricht die Vorgehensweise des Rechtspflegers, die Sache dem Beschwerdegericht vorzulegen, soweit er ihr auf das eingelegte Rechtsmittel nicht abgeholfen hat, dem Gesetz, § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG.

2. Zutreffend im Ausgangspunkt ist der Rechtspfleger auch davon ausgegangen, dass für den Kläger und die Beklagte grundsätzlich insgesamt jeweils 7.568,40 EUR in die Kostenausgleichung einzustellen sind entsprechend des Kostenfestsetzungsantrages des Beklagten vom 12.9.2008. Allein diese Berechnung entspricht dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (s. die Berechnungsbeispiele bei: Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 18. Aufl., Nr. 1003, 1004 RVG-VV Rz. 76, 98). Im Detail begegnet die Festsetzung jedoch mehreren Bedenken, und es gilt Folgendes:

a) Rechtsirrig ist der Rechtspfleger davon ausgegangen, dass auf Seiten der Beklagten die vorprozessual entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die prozessuale Verfahrensgebühr anzurechnen sei. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten hat in seiner Rechtsmittelschrift zu Recht und unbestritten eingewendet, da er das Mandat erst als Prozessmandat erhalten habe, sei eine Geschäftsgebühr zu seinen Gunsten nie zur Entstehung gelangt. Wenn aber zugunsten eines Anwalts mangels entsprechender Beauftragung und mangels entsprechendem Tätigwerden eine bestimmte Gebühr nie entstanden ist, so kann sie bereits denknotwendigerweise nicht auf eine andere zur Hälfte oder sonstwie angerechnet werden. Soweit der Rechtspfleger seine Entscheidung damit begründet hat, der Umstand, dass im Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten ...

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