Leitsatz (amtlich)
Der Anfall einer Erledigungsgebühr verlangt vom Rechtsanwalt besondere, auf die Erledigung der Rechtssache gerichtete Bemühungen, die über die mit der Geschäftsgebühr abgegoltenen Tätigkeiten hinausgehen.
Normenkette
RVG-VV Nr. 2508 Abs. 1, Nr. 1002
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 25.06.2007; Aktenzeichen 3 T 58/07) |
AG Aachen (Aktenzeichen 16 AR 34/06, 82 UR II 114/06) |
Tenor
Der Beschluss des LG Aachen vom 25.6.20007 - 3 T 58/07 - wird aufgehoben.
Eine Vergütungsfestsetzung über die mit Beschluss des AG Aachen vom 20.6.2006 - 82 UR II 114/06 - vorgenommene i.H.v. 177,48 EUR hinaus findet nicht statt.
Die Gebühren des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller; eine Kostenerstattung findet nicht statt.
Gründe
I. Die Familie F/A bezieht Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz. Sie beantragte 2005 bei dem zuständigen Sozialhilfeträger, dem Sozialamt der Stadt X, die Übernahme von Kosten i.H.v. 741,20 EUR, welche sie für die Beschaffung neuer Pässe aufzubringen hatte. Die Behörde hatte ihr hierauf ein Darlehen in Höhe der geltend gemachten Kosten gewährt. Anschließend bestellte sich der nunmehrige Antragsteller für diese als Verfahrensbevollmächtigter und legte gegen den vorgenannten Verwaltungsakt am 16.3.2006 Widerspruch unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung ein. Auf den Hinweis des Sozialamtes, die Sache sei noch nicht abschließend bearbeitet, erwiderte der nunmehrige Antragsteller am 17.3.2006 schriftsätzlich. Darin wies er darauf hin, dass sich eine Behörde nicht dadurch, dass sie vorgebe, die Sache noch nicht abschließend bearbeitet zu haben, den Folgen von Rechtsmitteln entziehen könne. Fünf Tage später übersandte er auf Anforderung des Sozialhilfeträgers Quittungen über die Bezahlung des Betrages bei der Botschaft durch die von ihm vertretene Familie. Am 15.5.2006 erinnerte der Antragsteller an die Bescheidung des Widerspruches und drohte Untätigkeitsklage an. Tags darauf teilte der Sozialhilfeträger mit, er habe dem Widerspruch bereits abgeholfen. Der Mandantschaft sei schon am 10.4.2006 ein Barscheck übergeben worden. Den Antragsteller hierüber zu informieren, sei versehentlich verabsäumt worden.
Der Antragsteller beantragt u.a. die Festsetzung einer Einigungs- und Erledigungsgebühr nach Nr. 2508 RVG-VV zu seinen Gunsten i.H.v. 105 EUR netto im Rahmen der Beratungshilfe. Dies lehnte das AG Aachen mit Beschl. v. 20.6.2006 - 82 UR II 114/06 - ab. Seine Erinnerung wies es mit Beschluss vom 17.11.2006 zurück - 16 AR 34/06 -. Antragsgemäß ließ es hiergegen die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Das LG Aachen übertrug die Sache als befasstes Beschwerdegericht aus demselben Grunde auf die Kammer, änderte den angefochtenen Beschluss des AG Aachen aus November 2006 teilweise ab und setzte die Gebühren und Auslagen wie vom Antragsteller ursprünglich beantragt auf insgesamt 299,28 EUR fest. Zugleich ließ es die weitere Beschwerde zu.
Gegen die Entscheidung des LG richtet sich der Bezirksrevisor mit seinem Rechtsmittel. Er ist der Ansicht, dass LG habe die Voraussetzungen für eine Gebühr nach Nr. 2508 RVG-VV verkannt. Eine solche sei nicht angefallen. Die vom Antragsteller entwickelten Tätigkeiten seien bereits durch die Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 RVG-VV abgegolten.
II. Die weitere Beschwerde ist gem. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 RVG statthaft und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
In der Sache selbst führt das Rechtsmittel zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung, so dass es bei dem zugunsten des Antragstellers vom AG Aachen bereits festgesetzten Betrag verbleibt. Das LG hingegen hat materielles Recht nicht richtig angewendet, § 546 ZPO.
1. Die Voraussetzungen dafür, dass neben der Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 RVG-VV durch das Tun des Antragstellers auch eine Einigungs- und Erledigungsgebühr entstanden ist, sind nicht gegeben. Wenn auch die Voraussetzungen, unter denen eine solche Gebühr nach Nr. 2508 Abs. 1, 1002 RVG-VV (früher §§ 24, 132 Abs. 3 BRAGO) umstritten sind, so vermag der Senat die Rechtsansicht, die u.a. das LG Aachen im hier zu überprüfenden Beschluss vertritt (ebenso schon: LG Aachen JB 1999, 20), wonach eine solche Gebühr den Erfolg als solchen vergütet, ohne dass es darüber hinaus besonderer Bemühungen des Rechtsanwaltes bedarf, nicht zu teilen. Diese wird der Intention des Gesetzgebers nicht gerecht. Gerade wegen des Charakters dieser Gebühr als Erfolgsgebühr ergibt sich, dass die bloße Mitwirkung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der allgemeinen Verfahrensförderung nicht ausreicht, weil dieses bereits durch die Geschäftsgebühr abgegolten wird. Erforderlich ist vielmehr, dass der Rechtsanwalt eine besondere, nicht nur unwesentliche Tätigkeit entfaltet, die über die damit abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinaus geht. Durch Nr. 1002 RVG-VV, die dem früheren § 24 BRAGO entspricht, soll das anwaltliche Streben, Streitigkeiten möglichst ohne Anrufung des G...