Entscheidungsstichwort (Thema)
Grenzen der Auskunftspflicht im Vollstreckungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Verpflichtete eine Auskunft erteilt, können Zwangsmittel gleichwohl eingesetzt werden, wenn die erteilte Auskunft nicht ernst gemeint, von vornherein unglaubhaft oder unvollständig ist.
2. Kann die Auskunft nicht ohne die Mitwirkung eines Dritten erteilt werden, der inzwischen über die maßgeblichen Geschäftsunterlagen verfügt, so ist der Schuldner verpflichtet, die zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um sich die benötigten Kenntnisse zu verschaffen. Ist den deutschen Behörden und den Parteien der aktuelle Aufenthaltsort des Dritten unbekannt, ist der Schuldner aber nicht gehalten, detektivische Recherchen in die Wege zu leiten.
Normenkette
ZPO §§ 793, 888 Abs. 1, § 891
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 03.11.2004; Aktenzeichen 8 O 264/02) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 264/02 - vom 3.11.2004 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes, ersatzweise Zwangshaft wegen Nichterteilung der Auskunft gem. der Verurteilung unter I 1b) des Teilurteils des Senats vom 31.10.2002 - 6 U 62/02 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens 1. Instanz hat die Gläubigerin, die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Schuldnerin zu tragen.
Gründe
Die gem. §§ 793, 888 Abs. 1, 891 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
Gemäß § 888 Abs. 1 ZPO können Zwangsgeld und Ersatzzwangshaft zur Erzwingung einer Handlung festgesetzt werden, wenn die Handlung - wie regelmäßig die Erteilung von Auskünften - ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängig und diesem (noch) möglich ist. Die Zwangsmaßnahmen sind Beugemittel und dürfen dann nicht (mehr) verhängt werden, wenn der Schuldner die Handlung bereits vorgenommen hat. Ausgehend hiervon sind im Streitfall derzeit keine Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, weswegen der angefochtene Beschluss abzuändern ist.
Die Schuldnerin hat - spätestens - während des erstinstanzlichen Verfahrens Auskunft erteilt. In ihrem auf den 21.3.2004 datierten Schreiben an den Bevollmächtigten der Gläubigerin hat sie erklärt, die beiden verfahrensgegenständlichen CDs ("Father" von Nana und "Nur die Besten überleben" von Capuccino) habe sie wenige Tage vor dem - von ihr so bezeichneten - "Verkauf" an die Beauftragten der Gläubigerin von einer mit Anschrift benannten Frau M.S. erworben und in der Zwischenzeit habe es keinen Handel mit diesen Tonträgern gegeben. Damit sind beide geschuldeten Auskünfte erteilt. Aus dem Schreiben ergibt sich sowohl, dass mit den Tonträgern, die ausweislich des Vortrags der Gläubigerin (vgl. S. 8 des Teilurteils des Senats OLG Köln v. 31.10.2003 - 6 U 62/02) den von ihr beauftragten Zeuginnen nicht verkauft, sondern fernmündlich zur Vermietung angeboten worden sind, kein Gewinn erwirtschaftet worden ist (Urteilstenor unter I 1b aa), als auch die Herkunft und der Vertriebsweg beider Tonträger (Urteilstenor unter I 1b bb). Es kann dahinstehen, ob das Schreiben entgegen seiner Datierung tatsächlich dem Bevollmächtigten der Gläubigerin vor Einleitung des Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht übersandt worden ist. Denn die Auskunft ist jedenfalls (auch) dadurch erteilt worden, dass das Schreiben im Verfahren mit Schriftsatz vom 26.7.20004 durch Rechtsanwalt K., der ansonsten in erster Instanz ggü. dem Gericht nicht für die Schuldnerin tätig geworden ist, vorgelegt worden ist. Das Schreiben ist ungeachtet des von der Kammer angeführten Meinungsstreites auch zu berücksichtigen, weil die aktenkundige Abgabe der Erklärung unstreitig ist.
Hat der Verpflichtete - wie mithin vorliegend die Schuldnerin - eine Auskunft erteilt, können Zwangsmittel allerdings dann gleichwohl eingesetzt werden, wenn die erteilte Auskunft nicht ernst gemeint, von vornherein unglaubhaft oder unvollständig ist (BGH v. 24.3.1994 - I ZR 42/93, MDR 1994, 1200 = GRUR 1994, 630 [631 f.] - Cartier-Armreif). So liegt es im Ausgangspunkt auch hier. Die Auskunft ist zwar entgegen dem Vortrag der Gläubigerin nicht deswegen von vornherein unglaubhaft, weil die Schuldnerin wegen einer Vielzahl von Titeln abgemahnt worden war und nach ihrer Darstellung keinen Zugang zu den Geschäftsunterlagen hatte. Denn die Schuldnerin hat plausibel erläutert, dass sie sich deswegen gerade an diese Titel und ihren Erwerb erinnere, weil es sich bei Frau S. um eine Bekannte handele, die damals wegen privater Veränderungen ihren Haushalt aufgelöst habe. Die Auskunft ist aber unvollständig. Zum einen waren in dem Geschäftsbetrieb - wie z.B. aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz der Beklagten im Erkenntnisverfahren (LG Köln v. 30.1.2003 - 28 O 264/02) vom 30.1.2003 hervorgeht (Hauptakte Bl. 133 f.) - Mitarbeiter eingesetzt und die Schuldnerin hat nicht dargelegt, dass auch keiner dieser Mitarbeiter eine der beiden CDs zwischenzeitlich an Dritte vermietet hatte. Zum anderen ist die Ausk...