Leitsatz (amtlich)
1. Versäumt ein Beschwerdeführer die Frist zu Einlegung einer weiteren Beschwerde, weil er vor dem Hintergrund einer uneinheitlichen und unübersichtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichthofs (hier: Kostenfestsetzungsverfahren in einem Wohnungseigentumsverfahren) das Rechtsmittel bei diesem und nicht bei dem zuständigen OLG einlegt, ist ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
2. Die Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH v. 3.6.2003 - VIII ZB 19/03, BGHReport 2003, 1115 = MDR 2003, 1140 = NJW 2003, 2992), wonach im Berufungsverfahren die Verfahrensgebühr des Prozessbevollmächtigten des Rechtsmittelgegners nur in Höhe einer 1,1 Verfahrensgebühr erstattungsfähig ist, wenn der Prozessbevollmächtigte einen Sachantrag noch vor Eingang der Rechtsmittelbegründung gestellt hat und das Rechtsmittel sodann zurückgenommen wird, lässt sich nicht unbesehen auf das Beschwerdeverfahren übertragen.
Normenkette
FGG § 13a Abs. 3, § 22 Abs. 1-2, § 29 Abs. 1, 4; WEG § 43 Abs. 1; ZPO §§ 103-107, 574; RVG-VV Ziff. 3200; RVG-VV Ziff. 3201
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 11.08.2006; Aktenzeichen 29 T 187/06) |
AG Bergisch Gladbach (Beschluss vom 07.03.2006; Aktenzeichen 35 II 115/04) |
Tenor
Auf die weitere sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 4.9.2006 wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 11.8.2006 - 29 T 187/06 - aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner vom 21.3.2006 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Bergisch Gladbach vom 7.3.2006 - 35 II 115/04 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens der Erstbeschwerde sowie der weiteren Beschwerde einschließlich der dem Antragsteller in diesen Verfahren erwachsenen notwendigen Auslagen haben die Antragsgegner zu tragen.
Gründe
I. Die Antragsgegner haben mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 29.4.2005 sofortige Beschwerde gegen den in einer Wohnungseigentumsangelegenheit ergangenen amtsgerichtlichen Beschluss vom 22.3.2005 eingelegt und sich die Anträge und die Begründung in einem weiteren Schriftsatz vorbehalten. Durch weiteren Schriftsatz vom ebenfalls 29.4.2005 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers über die Einlegung der Beschwerde informiert. Es werde noch geprüft, ob die Beschwerde durchgeführt werden solle. Diesbezüglich würden die Antragsgegner auf den Vorgang zurückkommen und bäten den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, sich so lange in der Sache nicht zu bestellen, bis die Beschwerde begründet worden sei. Durch Schriftsatz vom 9.6.2005 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers in dessen Namen bei dem LG, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Entscheidungsgründe, die dem angegriffenen Beschluss zugrunde lägen, seien zutreffend. Die Antragsgegner hätten die Richtigkeit des Beschlusses bisher nicht widerlegen können. Dazu hätten sie ausreichend Zeit gehabt, so dass nun über die Beschwerde zu entscheiden sei. Das LG hat dem Antragsgegner durch Verfügung vom 24.6.2005 eine Frist zur Begründung der sofortigen Beschwerde von drei Wochen ab Zugang der Verfügung gesetzt. Durch Schriftsatz vom 15.7.2005 haben die Antragsgegner die Beschwerde zurückgenommen. Nachdem das LG durch Beschl. v. 6.9.2005 - 29 T 110/05 - den Antragsgegner die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers auferlegt hatte und eine von den Antragsgegner hiergegen eingelegte Beschwerde durch Beschluss des 16. Zivilsenats des OLG Köln vom 16.11.2005 - 16 Wx 185/05 - zurückgewiesen worden war, hat das AG Bergisch Gladbach auf Antrag des Antragstellers durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7.3.2006 - 35 II 115/04 - die Antragsgegner zur Kostenerstattung i.H.v. 1.964,58 EUR verpflichtet. Hierbei hat das AG der Berechnung entsprechend dem Antrag des Antragstellers bei einem von dem LG festgesetzten Gegenstandswert i.H.v. 50.000 EUR eine 1,6 Verfahrensgebühr für die Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer festgesetzt.
Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegner vom 21.3.2006 hat das LG durch den angegriffenen Beschl. v. 11.8.2006 - 29 T 187/06 - den Kostenfestsetzungsbeschluss des AG teilweise geändert, den von den Antragsgegnern zu erstattenden Betrag auf 1.357,90 EUR nebst Zinsen festgesetzt und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Zur Begründung hat das LG darauf hingewiesen, es schließe sich der in der Rechtsprechung vertretenen herrschenden Meinung an, dass im Rechtsmittelverfahren die Verfahrensgebühr des Prozessbevollmächtigten des Rechtsmittelgegners ungeachtet ihres Entstehens jedenfalls nur in Höhe einer 1,1 Verfahrensgebühr gem. Ziff. 3201 Nr. 1 RVG-VV erstattungsfähig sei, wenn dieser Prozessbevollmächtigte einen Sachantrag vor Eingang der Rechtsmittelbegründung stelle oder ankündige und das Rechtmittel sodann zurückgenommen werde. Mit der "voreiligen" Stellung des Zurückweisungsantrages verstoße...