Entscheidungsstichwort (Thema)

Schmerzensgeldbemessung bei schwersten hypoxischen Hirnschäden bei Kleinkind

 

Leitsatz (amtlich)

Auch bei Vorliegen schwerster hypoxischer Hirnschäden als Folge eines ärztlichen Behandlungsfehlers ist ein höheres Schmerzensgeld als rund 600.000 EUR (450.000 EUR Kapital, 550 EUR Schmerzensgeldrente monatlich) nicht gerechtfertigt.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 253, 280, 611, 823

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 02.04.2014; Aktenzeichen 25 O 387/08)

 

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 2.4.2014 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des LG Köln (25 O 387/08) durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

II. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweis binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Entscheidung des LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen (§§ 529, 531 ZPO) eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Das LG hat die Beklagten vielmehr zu Recht in dem aus dem Tenor des angefochtenen Urteils ersichtlichen Umfange verurteilt und die weiter gehende, auf Zuerkennen eines um 300.000 EUR höheren Schmerzensgeldkapitalbetrages und einer um 450 EUR monatlich höheren Schmerzensgeldrente gerichteten Klage des Klägers zurückgewiesen. Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung, die sich der Senat zu Eigen macht, wird hier zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt eine abweichende, für ihn günstigere Entscheidung nicht und bietet lediglich Veranlassung für folgende ergänzende Anmerkungen:

Das vom LG zuerkannte Schmerzensgeld ist weder hinsichtlich der Gesamthöhe noch hinsichtlich des Verhältnisses von Schmerzensgeldkapital und Schmerzensgeldrente zu beanstanden. Unter Berücksichtigung einer Kapitalisierung der Schmerzensgeldrente auf einer Basis eines Zinssatzes von 4 % beläuft sich das erstinstanzlich zuerkannte Schmerzensgeld auf gut 600.000 EUR [550 EUR (vom LG zuerkannte monatliche Rente) × 12 Mo. = 6.600 EUR; 6.600 EUR × 23,330 (Kapitalisierungsfaktor für einen männlichen Betroffenen und bei Beginn der Rente ab 1.4.2013 und damit in einem Alter des Klägers von 11 Jahren; gemäß der Kapitalisierungstabelle, etwa abgedruckt bei Jaeger/Luckey, Schmerzensgeld, 7. Aufl. 2014, S. 449 ff., Rz. 1736 Tabelle für Frauen, Rz. 1737 Tabelle für Männer) = 153.978 EUR; 450.000 EUR + 153.978 EUR = 603.978 EUR]. Mit einem Betrag in einer Größenordnung von 600.000 EUR handelt es sich bei dem erstinstanzlich zuerkannten Schmerzensgeld um einen der höchsten Schmerzensgeldbeträge, die in Deutschland je rechtskräftig ausgeurteilt worden sind. Aus den veröffentlichten Präjudizien zu Schwerstschadensfällen, bei denen die Betroffenen irreversibel schwerste körperliche und geistige Behinderungen erlitten und dadurch die Möglichkeit eines Lebens als selbstbestimmte Persönlichkeit verloren haben, ergeben sich als bisher höchste rechtskräftig titulierte Schmerzensgelder Beträge in einem Rahmen von 300.000 EUR nebst Rente i.H.v. 300 EUR monatlich bis zu 500.000 EUR nebst Rente i.H.v. 500 EUR monatlich [OLG Zweibrücken, 22.4.2008 - 5 U 6/07, MedR 2009, 88, Geburtsschaden, 500.000 EUR nebst Rente i.H.v. 500 EUR monatlich; OLG Köln, 20.12.2006 - 5 U 130/01, VersR 2007, 219, Geburtsschaden, 500.000 EUR ohne zusätzliche monatliche Rente; OLG Hamm, 21.5.2003 - 3 U 122/02, VersR 2004, 386, Geburtsschaden, 500.000 EUR ohne zusätzliche monatliche Rente; OLG München, 19.9.2005 - 1 U 2640/05, MedR 2006, 211, Geburtsschaden, 350.00 EUR nebst Rente i.H.v. 500 EUR monatlich, vorgehend: LG München, 2.3.2005 - 9 O 6741/98; OLG Düsseldorf, 26.4.2007 - 8 U 37/05, VersR 2008, 534, Geburtsschaden; 300.000 EUR nebst Rente i.H.v. 300 EUR, vorgehend: LG Kleve, 9.2.2005 - 2 O 370/01; hinsichtlich der von den Beklagten zitierten Entscheidung des LG Ansbach vom 7.8.2009 zu 2 O 259/04, mit der ein Schmerzensgeld von 400.000 EUR nebst einer monatlichen Rente von 500 EUR zugesprochen worden wurde, ist der - soweit ersichtlich - einzigen Fundstelle in Hacks/Wellner/Hecker, Schmerzensgeldbeträge 2014, lfd. Nr. 2747, nicht zu entnehmen, ob diese Entscheidung rechtskräftig geworden ist]. Das vom LG titulierte Schmerzensgeld bewegt sich am oberen Rand dieses Rahmens. Ein Schmerzensgeld in diesem Umfange ist erforderlich, um den massiven vom Kläger erlittenen geistigen und körperlichen Schäden angemessen Rechnung zu tragen, an denen der Kläger sein Leben lang ohne Hoffnung auf Besserung leiden wird, aufgrund derer er lebenslänglich rund um die Uhr auf fremde Hilfe angewiesen sein wird, durch die ihm jede Chance auf ein selbstbestimmtes Leben genommen worden ist und die seine Persönlichkeit weitgehend zerstört haben. Das erstinstanzlich zuerkannte Schmerzensgeld ist aber als Ersatz für die immateriellen Schäden des Klägers mit den Erwägungen des L...

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