Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Aussetzung des Versorgungsausgleichs im Beschwerdeverfahren wegen Verfassungswidrigkeit der Übergangsbestimmung einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes über die Startgutschrift rentenferner Versicherter
Leitsatz (redaktionell)
Aussetzung des Versorgungsausgleichs wegen Verfassungswidrigkeit der Übergangsbestimmungen der Zusatzversorgungen des öffentlichen Dienstes und Zulässigkeit einer Teilentscheidung zum Versorgungsausgleich in solchen Fällen
Normenkette
VAÜG § 2 Abs. 1 S. 2; FGG § 53c
Verfahrensgang
AG Aachen (Beschluss vom 09.01.2008; Aktenzeichen 20 F 248/05) |
Tenor
I. Auf die (befristete) Beschwerde der Antragstellerin vom 19.2. 2008 wird der Beschluss des AG - FamG - Aachen vom 9.1.2008 (20 F 248/05) zum Versorgungsausgleich aufgehoben. Die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wird, soweit hiervon lediglich die Anwartschaften der Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung betroffen sind, wie folgt neu gefasst:
Vom Versicherungskonto Nr. XXX1 des Antragsgegners bei der E. werden auf das Versicherungskonto Nr. XXX2 der Antragstellerin bei der E. Rentenanwartschaften von monatlich 77,44 EUR, bezogen auf den 31.07.2005, übertragen.
Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Hinsichtlich der Berücksichtigung der Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 3), der W. wird das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückverwiesen; das Verfahren ist insoweit ausgesetzt.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Im Übrigen obliegt dem FamG die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
II. Beschwerdewert: 2.000 EUR.
Gründe
Die zulässige befristete Beschwerde der Antragstellerin führt zur teilweisen Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Bei der Berechnung zum Versorgungsausgleich war dem AG ein Eingabefehler unterlaufen. Zutreffend war die in der Ehezeit (1.3.1994 bis 31.7.2005) erworbene Anwartschaft der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung mit 170,22 EUR und die des Antragsgegners mit 325,09 EUR in die Berechnung zum Versorgungsausgleich eingestellt worden. Unzutreffend war jedoch die Berücksichtigung einer Versorgungsanwartschaft bei der W. in monatlicher Höhe von 68,08 EUR auf Seiten der Antragstellerin. Diese Anwartschaft hat der Antragsgegner während der Ehezeit erworben. Daher hatte das AG zugunsten der ausgleichsberechtigten Antragstellerin lediglich eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 66,89 EUR übertragen.
Da die ausgleichsberechtigte Antragstellerin lediglich über ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt, das geringer als das des ausgleichspflichtigen Antragsgegners ist, kann wegen des Ausgleichs dieser Anwartschaften insoweit eine Teilentscheidung des Senats ergehen.
Die Wertdifferenz zwischen der Anwartschaft der Antragstellerin i.H.v. 170,22 EUR und die des Antragsgegners i.H.v. 325,09 EUR beträgt 154,87 EUR. Die Antragstellerin ist berechtigt, hälftigen Ausgleich i.H.v. 77,44 EUR durch Übertragung von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung zu verlangen (§ 1587b Abs. 1 BGB).
Soweit von der angefochtenen Entscheidung die Anwartschaft des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 3), der W. und der Länder, betroffen ist, war der Beschluss aufzuheben und das Verfahren ist in diesem Umfang an die erste Instanz zurückzuverweisen. Insoweit kann derzeit ein Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden.
Der BGH hat durch Urt. v. 14.11.2007 - IV ZR 74/06 (vgl. Leitsätze in FamRZ 2008, 395) die in der seit dem 1.1.2002 gültigen Satzung der Beteiligten zu 3) enthaltene Regelung über die Startgutschriften rentenferner Versicherter wegen Verstoßes gegen Art. 3 I GG für unwirksam erklärt. Eine den Vorgaben der Entscheidung entsprechende Neufassung der Satzung ist bislang nicht erfolgt, so dass ungewiss ist, wie hoch die Anrechte des Antragstellers bei der Beschwerdeführerin letztlich zu veranschlagen sind. Da die geschiedenen Eheleute zu den sog. rentenfernen Jahrgängen (Vollendung des 55. Lebensjahrs nach dem 1.1.2002) gehören, die Ehe vor dem 1.1.2002 geschlossen wurde und eine Versorgung bei der Beteiligten zu 3) am 1.1.2002 noch nicht bezogen wurde, ist eine Durchführung des Versorgungsausgleichs hinsichtlich der Anwartschaften bei der Beteiligten zu 3) derzeit nicht möglich (vgl. Borth FamRZ 2008, 326). Dieser Umstand nötigt jedoch nicht dazu, die Entscheidung zum Versorgungsausgleich insgesamt bis zur Neuregelung des Versorgungssystems durch die Beteiligte zu 3) auszusetzen. Denn da die ausgleichsberechtigte Antragstellerin lediglich über ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt, das geringer als das des ausgleichspflichtigen Antragsgegners ist, konnte insoweit, wie auch geschehen, eine Teilentscheidung ergehen; diese wird wegen des getrennt durchzuführenden Ausgleichs in den beiden Versorgungssystemen durch die Zusatzversorgung des Antragstellers nicht be...