Leitsatz (amtlich)

Weist das angerufene Gericht sogleich auf Bedenken gegen seine örtliche Zuständigkeit hin, dann sind Reisekosten sowie Tages- und Abwesenheitsgeld des von der Beklagten in Gerichtsnähe mandatierten Rechtsanwaltes nicht erstattungsfähig, die dafür anfallen, dass dieser später einen Termin bei dem Gericht wahrnimmt, an das die Sache verwiesen wurde.

 

Normenkette

RVG-VV Nrn. 7003, 7005

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 11.04.2008; Aktenzeichen 24 O 207/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 233,71 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger erhob zunächst beim LG W. gegen die in L. ansässige Beklagte, einen Versicherungskonzern, Klage. Der Kammervorsitzende verfügte die Zustellung an die Beklagte und forderte diese binnen einer Notfrist auf, Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen. An beide Parteien erging zugleich der Hinweis, dass Bedenken wegen der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts bestünden unter Hinweis auf § 48 VVG, der im vorliegenden Fall keine Anwendung finde. Für die Beklagte bestellte sich ein in Y. residierender Rechtsanwalt und rügte u.a. in der Klageerwiderung die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Der Kläger verblieb bei seiner gegenteiligen Rechtsauffassung, stellte in der Replik aber hilfsweise einen Verweisungsantrag. Aufgrund dessen erklärte sich das LG W. für örtlich unzuständig und verwies den Rechtstreit im schriftlichen Verfahren an das zuständige LG L.. Dieses wies die Klage ab.

Zur Festsetzung angemeldet hat die Beklagte u.a. 233,71 EUR Reisekosten sowie Tages- und Abwesenheitsgeld für die Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung durch ihren Prozessbevollmächtigten vor dem LG L.. Sie meint, diese Kosten seien erstattungsfähig. Wenn sie nach Verweisung einen L.-er Rechtsanwalt mandantiert hätte, wären weit höhere Kosten angefallen. Zudem vertrete ihr Prozessbevollmächtigter sie stets auf dem Gebiet des Sachversicherungsrecht in Nord- und Ostdeutschland.

Der Rechtspfleger hat die Festsetzung insoweit mit der Begründung verweigert, die Beklagte sei gehalten gewesen, von vorneherein einen L.-er Rechtsanwalt zu mandatieren, da sie mit einer Verweisung habe rechnen müssen. Der Kläger verteidigt die Entscheidung des Rechtspflegers, der der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch ansonsten eine verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg.

Zu Recht hat der Rechtspfleger die in Rede stehenden Kosten nicht zugunsten der Beklagten festgesetzt. Deren Argumentation geht an der eigentlichen Rechtsproblematik vorbei. Die von ihr zur Stützung ihres Rechtsstandpunktes in Bezug genommenen diversen Entscheidung des BGH sind für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Um dem Gebot nachzukommen, dass jede Partei gehalten ist, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet haben will, so niedrig wie möglich zu halten (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rz. 12), wäre die Beklagte gehalten gewesen, von vorneherein einen Rechtsanwalt beim eigentlich zuständigen LG L. zu bestellen, ohne Gefahr laufen zu wollen, Kostennachteile in Kauf nehmen zu müssen. Bereits mit der Zustellung der Klageschrift waren ihr die Bedenken des Kammervorsitzenden bezüglich der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zur Kenntnis gelangt, so dass es für sie absehbar war, dass der Rechtstreit an das LG L. verwiesen werden würde. So hat sie in der Klageerwiderung auch selbst die örtliche Zuständigkeit des LG W. gerügt und Verweisungsantrag gestellt, da § 48 VVG nicht einschlägig war (s. OLG Bremen OLGReport Bremen 2005, 766 = MDR 2006, 597; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 31.7.2003 - 2 W 41/03; OLG Köln, Beschl. v. 11.5.2007 - 17 W 69/07 - = OLGR 2008, 66).

Auch in anderen, der vorliegenden durchaus vergleichbaren Konstellationen muss eine Partei damit rechnen, dass entstehende Kosten nicht oder nicht vollständig erstattungsfähig sind, wenn sie es unterlässt, im Vorhinein die notwendigen und ihr möglichen Überlegungen anzustellen.

Ist etwa absehbar, dass ein Mandantengespräch nicht erforderlich sein wird, ist sogleich ein Hauptbevollmächtigter am Ort des Prozessgerichts zu bestellen. In einem solchen Fall sind weder die Kosten des Unterbevollmächtigten noch die Reisekosten eines Hauptbevollmächtigten mit Kanzlei am Wohn- oder Geschäftsort der Partei erstattungsfähig (BGH NJW-RR 2004, 1212). Ist bei Mandatierung eines Unterbevollmächtigten schon absehbar, dass es nicht zu einem Verhandlungstermin kommen wird, dann sind die für dessen Einschaltung entstandenen Kosten ebenfalls nicht erstattungsfähig (Zöller/Herget, § 91 Rz. 13 "Unterbevollmächtigter").

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2181597

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge