Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsberechtigung im vereinfachten Verfahren zur Unterhaltsfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Im vereinfachten Verfahren zur Unterhaltsfestsetzung ist auch das Land antragsberechtigt, das einem Kind Unterhaltsvorschuss gewährt hat und auf das der Unterhaltsanspruch übergegangen ist. Dabei ist unerheblich, ob die soziale Leistung zurecht erfolgt ist.
2. Soweit sich aus dem Einwand der Unrechtmäßigkeit der Hilfegewährung Bedenken gegen die Aktivlegitimation des Antragstellers herleiten lassen und damit Bedenken gegen seine materielle Berechtigung, Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen, liegt eine Einwendung i.S.v. § 648 Abs. 2 ZPO vor, die der Antragsgegner nur erheben kann, wenn er zugleich erklärt, inwieweit er zur Unterhaltsleistung bereit ist und dass er sich zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichtet.
Normenkette
ZPO §§ 646, 648 Abs. 2; UVG § 7
Verfahrensgang
AG Euskirchen (Beschluss vom 18.04.2005; Aktenzeichen 19 FH 16/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Euskirchen vom 18.4.2005 - 19 FH 16/03 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Antragsgegnerin ist die Mutter des am 10.8.1995 geborenen Kindes E.I., das nicht mit ihr in einem Haushalt lebt. Durch gerichtlichen Vergleich vom 12.1.2000 hat der geschiedene Ehemann der Antragsgegnerin und Vater von E die Antragsgegnerin ab 1.1.2000 von Unterhaltszahlungen für das Kind freigestellt. Für die Zeit ab 1.4.2001 hat der Antragsteller zu Händen des Kindesvaters Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erbracht. Durch den im Tenor näher bezeichneten Beschluss hat das AG - FamG - Euskirchen im vereinfachten Verfahren auf Unterhaltsfestsetzung den von der Antragsgegnerin für ihren Sohn E zu zahlenden Unterhalt ab 1.9.2003 bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres auf 100 % des Regelbetrages der 2. Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergeldes, zur Zeit 77 EUR, festgesetzt und den rückständigen Unterhalt für die Zeit ab 1.4.2001 bis 31.8.2003 auf 4.291,50 EUR. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der diese geltend macht, die Voraussetzungen für Leistungen nach dem UVG an ihren geschiedenen Ehemann hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen, da das Kind ständig bei seinem Großeltern gelebt habe. Im Übrigen sei sie von ihrem geschiedenen Mann von Unterhaltszahlungen für E freigestellt worden, da sie hohe Schulden aus der Ehezeit übernommen und getilgt habe. Neben dieser Schuldentilgung sei sie zu Unterhaltszahlungen nicht mehr in der Lage gewesen. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die zuständige Einzelrichterin hat die Sache dem Senat zur Entscheidung übertragen.
Die gem. § 652 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Der Einwand der Antragsgegnerin, die von dem Antragsteller erbrachten Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz seien von dem Kindesvater erschlichen worden und deshalb zu Unrecht erfolgt, greift nicht durch. Bedenken gegen die Antragsberechtigung des Antragstellers und damit gegen die Zulässigkeit des Verfahrens ergeben sich hieraus nicht. Wie § 646 Abs. 1 Nr. 10 BGB zeigt, ist auch das Land antragsberechtigt, das einem Kind Unterhaltsvorschuss gewährt hat und auf das der Unterhaltsanspruch übergegangen ist, § 7 UVG. Dabei kommt es für die Frage des Anspruchsübergangs nicht darauf an, ob die Sozialleistung zu Recht erfolgt ist. Zum einen ist schon fraglich, ob die ordentlichen Gerichte sich nicht auf die Prüfung des übergeleiteten Anspruchs - hier Unterhalt - sowie darauf zu beschränken haben, ob die Überleitung wenigstens nicht nichtig im verwaltungsrechtlichen Sinne ist, so OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf v. 24.9.1980 - 5 UF 51/81, FamRZ 1981, 895 [896]). Zum anderen geht der Senat, auch wenn dies in der Literatur umstritten ist (Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG, § 90 Rz. 36 ff.), mit dem BVerwG (vgl. zuletzt BVerwG v. 4.6.1992, NJW 1992, 3313), davon aus, dass die Überleitung grundsätzlich nicht die Rechtmäßigkeit der Hilfegewährung voraussetzt, es sei denn, die Belange des Drittverpflichteten würden in unzulässiger Weise verkürzt, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist. Der Zweck der §§ 90 BSHG, 7 UVG ist die Durchsetzung des Nachrangs der Sozialhilfe. Das Bedürfnis, den Vorrang anderer Verpflichteter zu verwirklichen, besteht im allgemeinen schon dann, wenn die Hilfe als Sozialhilfe gewährt wurde, ob zu Recht oder zu Unrecht (Fichtner/Schaefer/Wolf, BSHG, 2. Aufl. 2003, § 90 Rz. 9).
Soweit sich aus dem Einwand der Unrechtmäßigkeit der Hilfegewährung zugleich Bedenken gegen die Aktivlegitimation des Antragstellers herleiten lassen und damit Bedenken gegen seine materielle Berechtigung, Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen, läge eine Einwendung i.S.v. § 648 Abs. 2 ZPO vor. Solche Einwendungen aus materiellem Recht kann der Antragsgegner allerdings nur erheben, wenn er zugleich erklärt, inwieweit er zur Unterhaltsleistung bereit ist und dass...