Leitsatz (amtlich)
Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die Echtheit eines Testaments trägt grundsätzlich derjenige, wer aus dem Testament ein Erbrecht herleitet. Verbleiben nach ausreichenden Ermittlungen Zweifel daran, ob nachträgliche Veränderungen einer Testamentsurkunde vom Erblasser selbst vorgenommen wurden, so gehen diese Zweifel im Erbscheinsverfahren zu Lasten desjenigen, der sich zur Begründung des von ihm beanspruchten Erbrechts auf die Veränderungen beruft. Wenn nicht auszuschließen ist, dass der Erblasser die Streichung einer Erbeinsetzung auf der Testamentsurkunde schon vor der Unterschriftsleistung vorgenommen hat, trägt den Nachteil der Unaufklärbarkeit auch derjenige, dessen Name gestrichen worden ist.
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 10.06.2003; Aktenzeichen 11 T 8/02) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 17.7.2003 wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des LG Köln vom 10.6.2003 – 11 T 8/02 – unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 27.12.2001 sowie der Beschwerde der Beteiligten zu 3) vom 20.12.2001 jeweils gegen den Beschluss des AG Köln vom 28.9.2001 – 33 VI 98/01 – an das LG Köln zurückverwiesen.
Dem LG Köln wird auch die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde übertragen.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) ist die Nichte des am 5.7.2000 verstorbenen Erblassers. Die Beteiligten zu 2) und 3) waren ebenso wie die Beteiligte zu 4) Bekannte mit dem Erblasser befreundet. Der Beteiligte zu 6) ist zum Testamentsvollstrecker über den Nachlass des Erblassers ernannt worden. Der Erblasser errichtete nach dem Tod seiner Ehefrau mehrere Testamente. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Feststellungen des angegriffenen Beschlusses Bezug genommen. Das zeitlich letzte Testament verfasste der Erblasser unter dem 23.4.2000 (vgl. Bl. 296 d.A. sowie Bl. 19 der Testamentsakten 33 IV 547–549/00). Dieses Testament ist in der Form eines Anschreibens an das AG Köln gehalten. Der Erblasser nimmt hierin zunächst Bezug auf ein am 22.7.1993 in amtliche Verwahrung gegebenes Testament. In diesem Testament seien 90 % fest verfügt, nämlich 80 % zugunsten der Beteiligten zu 5), 5 % zugunsten des Dombauvereins und 5 % zugunsten der SOS Kinderdörfer. 10 % seien für private Aufteilungen frei geblieben. Diese 10 %, so heißt es weiter in dem Testament, würden „hiermit wie folgt als Nachtrag verfügt”. Im Anschluss hieran hat der Erblasser in tabellarischer Form acht Empfänger aufgeführt, an die er die erwähnten 10 % seines Nachlasses verteilt. Mit schwarzer Schrift werden u.a. der Beteiligten zu 1) 1/2 % (laufende Nr. 1), der Beteiligten zu 2) 3 % (laufende Nr. 3) sowie der Beteiligten zu 3) 1 % (laufende Nr. 5) zugewiesen. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind allerdings mit rot durchgestrichen. Die Streichungen sind durch eine Querlinie miteinander verbunden; die Querlinie wird als Pfeil zum Namen der Beteiligten zu 1) weiter geführt. Vor der Prozentzahl der Beteiligten zu 1) befindet sich ein rotes Pluszeichen. Unterhalb der Tabelle findet sich nach dem Hinweis, dass „obengenannte 90 %” unverändert „gültig” blieben und „vorgenannte 10 %” frei gewesen und hiermit verfügt seien, die Unterschrift des Erblassers.
Die Beteiligte zu 1) hat gemäss UR-Nr. …/2001 der Notarin K. vom 5.2.2001 einen Teilerbscheinsantrag gestellt, der sie zu 4,5 % Anteil als Erbin ausweise. Hierzu hat sie geltend gemacht, dass auf Grund der in dem Testament von dem Erblasser vorgenommenen Streichungen die zunächst der Beteiligten zu 2) und 3) zugedachten Erbteile i.H.v. 3 % und 1 % ihr zusätzlich über den ihr bereits zugedachten Anteil von 1/2 % zustünden. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind dem entgegengetreten; die Beteiligte zu 2) hat darüber hinaus ihrerseits die Erteilung eines sie als Erbin zu 3 % ausweisenden Erbscheins beantragt; die Beteiligte zu 1) hat die Zurückweisung dieses Antrags begehrt. Die Beteiligten zu 2) und 3) haben geltend gemacht, die Streichungen in dem Testament vom 23.4.2000 stammten nicht vom Erblasser bzw. seien jedenfalls nicht von dessen Willen gedeckt.
Durch Beschluss vom 28.9.2001 hat das AG im Wege des Vorbescheides angekündigt, der Beteiligten zu 1) einen sie als Erbin zu 4,5 % Anteil ausweisenden Teilerbschein zu erteilen. Zugleich hat es den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2) zurückgewiesen. Es gebe keine ernstzunehmenden Anhaltspunkte dafür, dass die Durchstreichungen nicht vom Erblasser stammten.
Auf die gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerden der Beteiligten zu 2) vom 27.12.2001 und der Beteiligten zu 3) vom 20.12.2001 hat das LG nach Beweiserhebung den Beschluss des AG vom 28.9.2001 aufgehoben und das AG angewiesen, über den Teilerbscheinsantrag der Beteiligten zu 2) nach Maßgabe der Gründe der landgerichtlichen Entscheidung neu zu entscheiden. Die vom AG angekündigte Erteilung des von der Beteiligten zu 1) beantragten Teilerbschei...