Leitsatz (amtlich)

Zur Ermessensausübung des Gerichtsvollziehers bei der Wahl der Zustellungsart.

 

Normenkette

ZPO §§ 802a, 802b; GVGA §§ 15, 58

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 34 T 116/14)

AG Kerpen (Aktenzeichen 37 M 142/14)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Gläubigerin beauftragte die Obergerichtsvollzieherin O beim AG Kerpen, dem Schuldner M die Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft zuzustellen.

Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 GVGA steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtsvollziehers, ob er persönlich zustellt oder sich dafür der Post bedient. Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift ist etwa bei Eilbedürftigkeit oder entsprechendem Antrag des Gläubigers persönlich zuzustellen. Die Obergerichtsvollzieherin nahm die Zustellung ohne entsprechenden Antrag der Gläubigerin im zu entscheidenden Fall persönlich vor, wofür sie mit Kostenrechnung vom 5.2.2014 (DR II 1286/13) 36,70 EUR berechnet hat. Hätte sie per Post zustellen lassen, wären lediglich 22,15 EUR angefallen.

Gegen die Kostenrechnung hat sich die Gläubigerin mit ihrer Erinnerung gewandt.

Die Obergerichtsvollzieherin hat in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, ihr obliege die Wahl bezüglich der Art und Weise der Zustellung. Persönliche Zustellungen seien in praxi die Regel. So könne der Gerichtsvollzieher vor Ort Ermittlungen anstellen, ob der Schuldner überhaupt unter der angegebenen Adresse wohne bzw. wo dort. Darin sei die Post in der Regel nicht sehr zuverlässig. Auch sei der Gerichtsvollzieher gehalten (§ 802b Abs. 1 ZPO), in jeder Lage des Verfahrens eine gütliche Erledigung herbeizuführen, etwa bereits vor dem Termin eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen.

Dieser Begründung hat sich der Bezirksrevisor angeschlossen.

Die Gläubigerin meint demgegenüber, es habe für die Obergerichtsvollzieherin keinen Grund gegeben, persönlich zuzustellen, dies insbesondere auch unter Beachtung von Kostengesichtspunkten.

Das AG Kerpen hat mit Beschl. v. 30.5.2014 - 37 M 142/14 - die Erinnerung der Gläubigerin zurückgewiesen. Im Wesentlichen hat es seine Entscheidung damit begründet, dass der Gerichtsvollzieher gem. § 15 GVGA ein Wahlrecht habe. Für einen Ermessensfehlgebrauch sei nichts ersichtlich.

Gegen diese Entscheidung hat die Gläubigerin - die von dem AG in dem vorbezeichneten Beschluss zugelassene Beschwerde eingelegt unter Aufrechterhaltung ihres Rechtsstandpunktes.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem LG Köln zur Entscheidung vorgelegt. Der Einzelrichter hat das Verfahren gem. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG auf die Kammer übertragen wegen grundsätzlicher Bedeutung.

Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen und zugleich die weitere Beschwerde, §§ 5 Abs. 2 Satz 2 GVKostG, 66 Abs. 4 GKG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Es hat sich die Ausführungen des AG Kerpen zu Eigen gemacht. Ergänzend hat es auf §§ 802a und b ZPO verwiesen und ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, dass die Obergerichtsvollzieherin vorliegend ihr Ermessen pflichtwidrig angewandt habe. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass es sich um ein Massenverfahren handele.

Hiergegen richtet sich die Gläubigerin mit ihrer weiteren Beschwerde. Das LG hat diesem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die weitere Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 4 GKG zulässig, hat in der Sache selbst jedoch keinen Erfolg.

Die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Rechtsverletzung, §§ 546 f. ZPO analog, § 66 Abs. 4 Satz 2 GKG. Die Handhabung des Ermessens ist der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht im Allgemeinen entzogen (BGH MDR 1982, 653). Dieses hat lediglich zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung vorgelegen haben, ob das Ermessen überhaupt ausgeübt wurde, ob dessen Grenzen eingehalten wurden und ob alle wesentlichen Umstände Beachtung gefunden haben (BGH WM 1981, 799; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 546 Rz. 13). Dies vorausgeschickt ist die Verfahrensweise der Obergerichtsvollzieherin rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Rechtsgrundlage sind die §§ 802a und 802b ZPO. Nach § 802a Abs. 1 ZPO hat der Gerichtsvollzieher auf eine zügige, vollständige und kostensparende Beitreibung von Geldforderungen hinzuwirken und soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein, § 802b Abs. 1 ZPO. Er handelt bei der ihm zugewiesenen Zwangsvollstreckung selbständig und eigenverantwortlich (BGHZ 93, 287, 298). Geht es um Zustellungen, konkretisiert § 15 Abs. 2 GVGA die Rechte und die Pflichten des Gerichtsvollziehers. Dort heißt es:

"Zwischen der persönlichen Zustellung und der Zustellung durch die Post hat der Gerichtsvollzieher unbeschadet der folgenden Bestimmungen nach pflichtgemäßem Ermessen die Wahl. Er hat insbesondere persönlich zuzustellen, sofern

1. die Sache eilbedürftig ist oder besondere Umstände es erfordern,

2. der Auftraggeber es beantragt hat oder bei der Zustellung durch die Post höhere Kosten entstehen würden...

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