Verfahrensgang

AG Bonn (Aktenzeichen 43 III 88/19)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 02.06.2021; Aktenzeichen XII ZB 405/20)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 20. Januar 2020 (Az. 43 III 88/19) wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin wurde unter dem Namen "A G" am xx.xx.1977 geboren. Sie gebar am xx.xx.1992 ihre Tochter B (Nr. 623/1992) und am xx.xx.1996 ihren Sohn C (Nr. 265/1996). Im Geburtsregister der Stadt E ist sie jeweils als Mutter mit dem Namen "A" eingetragen worden.

Auf Antrag der Antragstellerin ist ihr erster Vorname mit Wirkung zum 9. Mai 2015 in "F" geändert worden. Ihren erfolgreichen Antrag hatte sie damit begründet, dass der Vorname "A" für sie mit der Erfahrung von sexueller Gewalt verknüpft sei. Ihr eigener Geburtseintrag ist im Wege der Folgebeurkundung geändert worden, sodass in einer Geburtsurkunde jetzt als Vornamen "F" ausgewiesen werden.

Das Standesamt E hat es abgelehnt, auch in den Geburtseinträgen Nr. 623/1992 und 265/1996 ihrer beiden Kinder B und C D ihren ersten Vornamen von "A" in "F" "zu korrigieren".

Mit Beschluss vom 20. Januar 2020 hat das Amtsgericht Bonn den Antrag der Antragstellerin auf Berichtigung ihres Vornamens in den Geburtseinträgen ihrer beiden Kinder B und C D zurückgewiesen. Zur Begründung führt es an, eine Berichtigung scheide aus, weil die beiden Einträge im Geburtsregister zum Zeitpunkt der Beurkundung richtig gewesen seien. Eine nachträgliche Namensänderung könne gemäß § 27 Abs. 3 PStG nur hinsichtlich des Familiennamens abgeändert werden. Mangels Gesetzeslücke, die im Hinblick auf die Gesetzesbegründung nicht angenommen werden könne, scheide auch eine analoge Anwendung aus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts verwiesen.

Gegen diesen ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 31. Januar 2020 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 13. Februar 2020 beim Amtsgericht per Fax eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit am 19. Februar 2020 per Fax eingegangenem Schriftsatz begründet. Zur Begründung führt sie an, dass bei Abweichungen zwischen den Geburtsurkunden ihrer Kinder und ihrem nunmehr im Rechtsverkehr geführten Vornamen Rückfragen auftreten können, die sie ihren Kindern nicht beantworten könne und wolle. Sie wolle nicht, dass die Abstammung ihrer Kinder neben deren Geburtsurkunde das Vorlegen der Urkunde über die Änderung ihres ersten Vornamens erfordert. Die Änderung ihres ersten Vornamens solle im Rechtsverkehr nicht erkennbar sein. Die Vorschriften des Personenstandsgesetzes müssten verfassungsgemäß ausgelegt werden, um eine Abänderung ihres ersten Vornamens auch den Geburtseinträgen ihrer Kinder zu ermöglichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das gesamte schriftsätzliche Beschwerdevorbringen der Antragstellerin verwiesen.

Mit Beschluss vom 21. Februar 2020 hat das Amtsgericht abgelehnt, der Beschwerde abzuhelfen, und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. 1. Die nach §§ 58 Abs. 1 FamFG, 51 Abs. 1 PStG statthafte Beschwerde ist zulässig und insbesondere gemäß §§ 63, 64 FamFG, 51 Abs. 1 PStG form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Antragstellerin ist auch gemäß § 59 Abs. 1, 2 FamFG beschwerdeberechtigt. Der Begriff der Rechtsbeeinträchtigung in § 59 Abs. 1 FamFG ist inhaltsgleich mit demjenigen der unmittelbaren Rechtsbetroffenheit in § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt danach vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift, wobei diese Beeinträchtigung auch in einer ungünstigen Beeinflussung oder Gefährdung des Rechts liegen kann. Eine Beeinträchtigung lediglich wirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger berechtigter Interessen ist nicht ausreichend (BGH, Beschluss vom 25.04.2018 - XII ZB 414/16, NJW-RR 2018, 967 f., juris Rn. 11). Durch die Beibehaltung ihres bisherigen Vornamens trotz der Namensänderung nach §§ 3 Abs. 1, 11 NamÄndG in den Geburtseinträgen ihrer Kinder, in denen sie als Mutter aufgeführt wird, ist sie in eigenen Rechten betroffen. Von der Beteiligung der erwachsenen Kinder, deren Geburtseinträge abgeändert werden sollen, ist abgesehen worden, weil die Teile des Geburtseintrags, die unmittelbar für die Kinder von Bedeutung sind, unverändert bleiben (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) und die Beteiligung der Kinder den Zweck des Antrages der Antragstellerin von vornherein vereiteln würde, weil sie gerade verhindern will, dass die Kinder den alten Vornamen erfahren.

2. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg.

Die Voraussetzungen für die von der Antragstellerin angestrebte Berichtigung des Geburtenregisters nach §§ 47, 48 PStG liegen ebenso wenig vor wie die für eine nachträgliche Änderung nach § 27 Abs. 3 Nr. 2 P...

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