Entscheidungsstichwort (Thema)

Ergänzungspflegerbestellung bei angeordneter Testamentsvollstreckung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Notwendigkeit der Anordnung der Ergänzungspflegschaft ergibt sich aus § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach erhält derjenige, der unter elterlicher Sorge steht, für Angelegenheiten, an deren Wahrnehmung die Eltern verhindert sind, einen Pfleger. Nach Satz 2 dieser Vorschrift erhält er zur Verwaltung des Vermögens, dass er von Todes wegen erwirbt, insbesondere dann einen Pfleger, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung bestimmt hat, dass die Eltern das Vermögen nicht verwalten sollen.

Hatte die Erblasserin in einem früheren Testament die Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin ihrer als Erben benannten Kinder eingesetzt und in einem späteren (Not)Testament, über deren Wirksamkeit gestritten wird, bestimmt, dass nicht die Kindesmutter sondern Dritte zu Testamentsvollstreckern bestimmt werden sollten, ist jedenfalls bis zur Klärung der Frage der Gültigkeit der Testamente von der Notwendigkeit einer Ergänzungspflegerbestellung auszugehen.

 

Normenkette

BGB § 1909 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Brühl (Beschluss vom 16.03.2011; Aktenzeichen 33 F 82/11)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Kindeseltern gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Brühl vom 16.3.2011 - 33 F 82/11 -, mit welchem für das beteiligte Kind U. H. Ergänzungspflegschaft gem. § 1909 BGB mit dem Aufgabenkreis Interessenwahrnehmung des minderjährigen Kindes in seiner Position als Miterbe nach N. L. gegenüber dem Testamentsvollstrecker, Frau E. H., die gleichzeitig die gesetzliche Vertreterin des Kindes ist, angeordnet und als Ergänzungspfleger Herr Rechtsanwalt S. M., G. 21, 00000 X. ausgewählt worden ist, wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

2. Die Anträge des betroffenen Kindes sowie der Beschwerdeführer auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Die gem. §§ 3 Nr. 2a, 11 Abs. 1 RpflG, 58, 59, 61, 63, 64, 111 Nr. 2, 151 Nr. 5 FamFG zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Beschwerde der antragstellenden Kindeseltern hat in der Sache keinen Erfolg. Das Familiengericht hat zu Recht zur Interessenwahrnehmung des minderjährigen Kindes in seiner Position als Miterbe nach Frau N. L. gegenüber der Testamentsvollstreckerin, Frau E. H., der Kindesmutter des betroffenen minderjährigen Kindes, Ergänzungspflegschaft angeordnet.

Die Notwendigkeit der Anordnung der Ergänzungspflegschaft ergibt sich aus § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach erhält derjenige, der unter elterlicher Sorge steht, für Angelegenheiten, an deren Wahrnehmung die Eltern verhindert sind, einen Pfleger. Nach Satz 2 dieser Vorschrift erhält er zur Verwaltung des Vermögens, dass er von Todes wegen erwirbt, insbesondere dann einen Pfleger, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung bestimmt hat, dass die Eltern das Vermögen nicht verwalten sollen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Vorliegend kann nämlich nicht festgestellt werden, dass es im Willen der Erblasserin lag, dass die Eltern das Vermögen verwalten sollten. Hieran bestehen deswegen erhebliche Zweifel, weil die Erblasserin im sog. Nottestament gerade bestimmt hatte, dass nicht die ursprünglich testamentarisch eingesetzte Mutter des betroffenen Kindes zur Testamentsvollstreckerin berufen werden sollte, sondern deren Geschwister die sonstige Verfahrensbeteiligte zu 5) sowie Frau F. M. und Herr Q. R. H.. Zwingende Folge dieser Einsetzung der drei Geschwister der Kindesmutter und der Erblasserin war aber gleichzeitig, dass die Erblasserin durch letztwillige Verfügung bestimmt hatte, dass die Eltern das vererbte Vermögen nicht verwalten sollten. Über die Wirksamkeit des Nottestamentes wird zwischen den beteiligten Kindeseltern und den Geschwistern der Kindesmutter heftig gestritten. Auch die Stellung der Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin hängt von der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit des Nottestamentes ab. Ist nämlich das Nottestament wirksam, so wäre die ursprüngliche Einsetzung der Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin in der notariellen letztwilligen Verfügung der Erblasserin unwirksam geworden. Die Einsetzung als Testamentsvollstreckerin würde auch nicht mehr für den Fall aufleben, dass bei unterstellter Wirksamkeit des Nottestamentes eine Entpflichtung der eingesetzten Testamentsvollstrecker wegen schlechter Amtsführung wirksam gewesen wäre. Auch hier ist eine bestandskräftige Entscheidung noch nicht getroffen.

Nur für den Fall, dass das Nottestament unwirksam ist, ist in Betracht zu ziehen, dass die ursprüngliche Einsetzung der Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin, die formwirksam war, von Bestand bleibt. Dies wäre durch Auslegung der letztwilligen Verfügung zu ermitteln.

Über die erbrechtlichen Fragen hat der Senat nicht zu entscheiden. Insoweit sind die Verfahren noch beim LG Köln anhängig. Jedenfalls bis zur abschließenden Entscheidung hierüber - insbesondere zu der Frage, ob das Nottestament wirksam und somit die Einsetzung der sonstigen V...

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