Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsrecht: Zur Darlegungslast des betreuenden Elternteils bei behaupteter Umgangsablehnung des Kindes im Rahmen eines Ordnungsmittelverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Führt der betreuende Elternteil nicht detailliert aus, warum er an der Durchführung der Umgangsvereinbarung gehindert war, kommt ein Absehen von der Festsetzung des Ordnungsmittels oder die nachträgliche Aufhebung des Ordnungsmittels nicht in Betracht. Auch wenn dem Willen eines älteren (hier: 10-jährigen) Kindes eine erhebliche Bedeutung zukommt und die Einwirkungsmöglichkeiten der Eltern mit zunehmendem Alter eines Kindes abnehmen dürften, ist im Einzelfall darzulegen, welche Anstrengungen unternommen wurden, das Kind zum Umgang zu bewegen. Der pauschale Verweis auf die Weigerungshaltung des Kindes genügt nicht. Dies gilt insbesondere, wenn der betreuende Elternteil durch den Abschluss eines Umgangsvergleichs zum Ausdruck gebracht, dass er selbst davon ausgehe, es werde ihm bei sachgerechtem Einsatz seiner erzieherischen Fähigkeiten gelingen, die Umgangskontakte behutsam anzubahnen und den entgegenstehenden Willen des Kindes zu überwinden.
Normenkette
FamFG § 89; BGB § 1684 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
AG Gummersbach (Beschluss vom 27.02.2015; Aktenzeichen 22 F 28/15) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 24.3.2015 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Gummersbach vom 27.2.2015 (22 F 28/15) wird nach Übertragung der Entscheidung auf den Senat zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Der Beschwerdewert wird auf 500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die nach §§ 87 Abs. 4 FamFG, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Das AG hat wegen Verstoßes gegen die vollstreckbare Umgangsregelung in dem vor dem Senat geschlossenen und gerichtlich gebilligten Vergleich vom 26.11.2014 (26 UF 98/14, OLG Köln) zu Recht ein Ordnungsgeld ersatzweise Ordnungshaft gegen die Antragsgegnerin festgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Soweit sich die Antragsgegnerin darauf beruft, K wolle den Antragsteller nicht sehen bzw. keinen Kontakt zu ihm haben, obschon sie ihm nach dem Vergleichsschluss erklärt habe, dass der Umgang mit dem Antragsteller auch ihrem Wunsch entspreche und insoweit mehrfach das Gespräch mit K gesucht habe, führt dies vorliegend nicht zu einer anderweitigen Beurteilung.
Der betreuende Elternteil hat aufgrund seiner Wohlverhaltenspflicht gem. § 1684 Abs. 2 BGB nicht nur alles zu unterlassen, was einen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil gefährden kann, sondern diese Kontakte auch positiv zu fördern und entsprechend erzieherisch auf das Kind einzuwirken (BGH, Beschl. v. 1.2.2012 - XII ZB 188/11, FamRZ 2012, 533-535, zitiert nach juris Rz. 17, 25; OLG Hamm, Beschl. v. 12.12.2007 - 10 WF 196/07, FamRZ 2008, 1371-1372, zitiert nach juris Rz. 5; Keidel/Giers, FamFG, 18. Aufl., § 89 Rz. 8). Ein fehlendes Verschulden ist in diesem Zusammenhang nur dann anzunehmen, wenn im Einzelfall dargelegt werden kann, wie und in welchem Umfang auf das Kind eingewirkt wurde, um es zum Umgang zu bewegen, wobei die Darlegungslast bei dem Umgangsverpflichteten liegt (BGH, a.a.O., Rz. 26; vgl. auch BT-Drucks. 16/6308, 218). Gelingt es dem Verpflichteten nicht, detailliert zu erläutern, warum er an der Befolgung der gerichtlichen Anordnung gehindert war, kommt ein Absehen von der Festsetzung des Ordnungsmittels oder die nachträgliche Aufhebung des Ordnungsmittels nicht in Betracht (BGH, a.a.O., Rz. 26).
Dass die Antragsgegnerin alle ihr zur Verfügung stehenden erzieherischen Möglichkeiten zur Einwirkung auf das Kind ausgeschöpft hat, ist weder nach ihrem eigenen Vorbringen zu erkennen noch kann dies aufgrund der sonstigen Umstände des Einzelfalls angenommen werden.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Kindeseltern im Rahmen des Umgangsvergleichs vom 26.11.2014 eine rund 3-monatige Anbahnungs- bzw- "Erprobungsphase" vereinbart haben, innerhalb derer K 14-tägig die Zeit von samstags 10.00 Uhr bis sonntags 17.00 Uhr bei seinen Großeltern väterlicherseits verbringen und der Kindesvater jeweils sonntags für 3 Stunden dazukommen sollte. Erst am 21.2.2015 sollte ein erster Umgangskontakt im Haushalt des Kindesvaters stattfinden. Soweit die Antragsgegnerin zum Verlauf des ersten Termins der Anbahnungsphase vorträgt, der Großvater habe am fraglichen Samstag gegen 17.00 Uhr bei ihr angerufen und mitgeteilt, K habe den Wunsch geäußert, die Nacht nicht bei den Großeltern zu bringen, und auch den Antragsteller nicht sehen wollen, woraufhin der Großvater das Kind kurze Zeit später zu ihr zurück verbracht habe, ist in keiner Weise erkennbar, dass und gegebenenfalls welche Anstrengungen die Antragsgegnerin unternommen hätte, dem Scheitern des verbindlich vereinbarten Umgangskontakts entgegenzuwirken. Gleiches gilt für das geplante Umgangswochenende an Weihnachten und die weiteren vereinbarten ...