Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des § 15a RVG auf Altfälle
Leitsatz (amtlich)
Die Vorschrift des § 15a RVG ist ab ihrem Inkrafttreten auch auf sog. Altfälle anwendbar.
Normenkette
RVG §§ 15a, 60
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 26.06.2009; Aktenzeichen 31 O 54/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des LG Köln vom 26.6.2009 - 31 O 54/09 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Aufgrund des Beschlusses der 31. Zivilkammer des LG Köln vom 4.2.2009 sind von der Antragsgegnerin 1.005,40 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins nach § 247 BGB seit dem 19.3.2009 an die Antragstellerin zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gegenstandswert für die Beschwerde: 492,70 EUR.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung wettbewerbswidriger Behauptungen in Anspruch genommen. Das LG hat mit Beschluss vom 4.2.2009 antragsgemäß eine einstweilige Verfügung erlassen und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 17.3.2009 hat die Antragstellerin Gebühren und Auslagen i.H.v. insgesamt 1.005,40 EUR zur Festsetzung angemeldet und dabei eine 1,3 Verfahrensgebühr gem. Ziff. 3100 RVG-VV nach einem Gegenstandswert von 30.000 EUR mit 985,40 EUR in Ansatz gebracht.
Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Rechtspfleger die Verfahrensgebühr auf 492,70 EUR reduziert, nachdem der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin auf Anfrage des Rechtspflegers mitgeteilt hatte, dass dem Verfügungsantrag eine vorprozessuale Abmahnung der Antragsgegnerin vorausgegangen sei. Mit Rücksicht hierauf sei - so die Begründung des Rechtspflegers - die vorprozessual angefallene Geschäftsgebühr nach Maßgabe von Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 6.6.2009 zugestellt worden.
Gegen die teilweise Absetzung der Verfahrensgebühr wendet sich die am 18.6.2009 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Sie macht geltend, die Abmahnung der Antragsgegnerin sei nicht dem Verfügungsverfahren, sondern dem zur Zeit anderweitig anhängigen Hauptsacheverfahren zuzuordnen. Deshalb verbiete sich im vorliegenden Verfahren eine Anrechnung. Zuletzt hat die Antragstellerin auf Hinweise des Senats geltend gemacht, die am 5.8.2009 in Kraft getretene gesetzliche Neuregelung des § 15a RVG sei auf alle, d.h. auch auf schon laufende Kostenfestsetzungsverfahren anzuwenden.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Eine Anrechnung der vorprozessual angefallenen Geschäftsgebühr ist nicht veranlasst.
Für Fallgestaltungen der hier zur Entscheidung stehenden Art kann offen bleiben, ob die vorprozessual entfaltete Anwaltstätigkeit dem Verfügungsverfahren oder dem Hauptsacheverfahren zuzuordnen ist. Zum gegenwärtigen Rechtsstand scheidet eine Gebührenanrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV generell aus. Der zur Festsetzung angemeldete Erstattungsbetrag ist daher in vollem Umfang zu berücksichtigen.
Nach dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung des § 15a RVG ist das vom BGH bislang angenommene erweiterte Anrechnungsgebot aus Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV (vgl. etwa BGH NJW 2008, 1323) hinfällig geworden. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr hat auch in Altfällen nur nach Maßgabe von § 15a Abs. 2 RVG zu erfolgen (so im Ergebnis auch OLG Stuttgart Beschl. v. 11.8.2009 - 8 W 339/09 - juris; OLG Düsseldorf AGS 2009, 372; OVG NW Beschl. v. 4.8.2009 - 4 E 1609/08 - juris; LG Berlin AGS 2009, 367; AG Wesel AGS 2009, 312; Hansens RVGreport 2009, 306). Das Anrechnungsgebot erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf das Vergütungsverhältnis zwischen Anwalt und Mandant, während sich ein Dritter nach den in § 15a Abs. 2 RVG aufgeführten Regelungsalternativen nur dann auf die Anrechnung berufen kann, wenn er in eigener Person als Schuldner/Erstattungspflichtiger sowohl für die Geschäftsgebühr als auch für die Verhandlungsgebühr zu betrachten ist.
Hierbei mag davon auszugehen sein, dass die gesetzliche Neuregelung des § 15a RVG eine der Übergangsvorschrift aus § 60 Abs. 1 RVG unterfallende Bestimmung beinhaltet. Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (vgl. OLG Frankfurt Beschl. v. 10.8.2009 - 12 W 91/09 - juris; KG Beschl. v. 13.8.2009 - 2 W 128/09 - juris; OLG Celle Beschl. v. 26.8.2009 - 2 W 240/09 - juris) hat dies aber nicht zur Folge, dass die bisherige Rechtsprechung des BGH in Altfällen fortzuführen wäre. Die nach dieser Auffassung maßgebliche formale Anknüpfung an die bloße Gesetzeschronologie lässt im Kern unberücksichtigt, dass sich die gesetzliche Neuregelung des § 15a RVG ersichtlich vor dem Hintergrund der bisherigen BGH-Rechtsprechung und der sich hieraus ...