Entscheidungsstichwort (Thema)
Fassung von Unterlassungsanträgen nach dem Gewaltschutzgesetz
Leitsatz (amtlich)
1. Unterlassungsanträge und gerichtliche Unterlassungsanordnungen müssen grundsätzlich so konkret formuliert werden, dass das Unterlassungsbegehren bzw. -gebot aus sich heraus verständlich ist und die zu unterlassende Handlung für jeden Dritten erkennbar umschreibt. Verallgemeinerungen sind nur insoweit zulässig, als durch sie Handlungen erfasst werden, deren Vornahme (ebenfalls) konkret droht.
2. Das gilt im Ausgangspunkt auch in Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz. Dessen Zielsetzung gebietet es allerdings im Interesse eines effektiven Schutzes des Betroffenen, insoweit geringere Anforderungen als im allgemeinen Unterlassungsrecht zu stellen. Jedoch ist den vorgenannten Gesichtspunkten soweit möglich Rechnung zu tragen. Insbesondere darf das begehrte oder ausgesprochene Verbot nicht lediglich in einer Wiedergabe des Gesetzestextes bestehen, weil sonst die Klärung der Frage, ob ein Verhalten unzulässig ist, vom Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren verlagert würde. Unzulässig sind ebenfalls Verallgemeinerungen, die (auch) ein Verhalten erfassen, dass (so) nicht droht.
3. Nach diesen Grundsätzen sind die Antragsformulierungen "die Antragstellerin nicht körperlich zu attackieren" und "die Antragstellerin nicht zu beschimpfen" noch hinnehmbar, die Formulierung "die Antragstellerin nicht zu belästigen" hingegen nicht.
Normenkette
FamFG § 95 Nr. 4, § 96 Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 890
Verfahrensgang
AG Königswinter (Beschluss vom 25.04.2014; Aktenzeichen 71 F 290/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Königswinter vom 25.4.2014 - 71 F 290/13 - teilweise abgeändert:
Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die ihm im Vergleich vom 25.2.2014, Ziff. 6.) des AG - Familiengericht - Königswinter (71 F 290/13) auferlegten Verpflichtungen, es zu unterlassen, sich wechselseitig künftig zu beschimpfen und körperlich zu attackieren, ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder unmittelbar Ordnungshaft bis 6 Monate angedroht.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gegenstandswert: 500 EUR
Gründe
I. Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute.
Nach einer Auseinandersetzung im gemeinsamen häuslichen Bereich untersagte das AG Königswinter auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 28.11.2013 dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung, sich der Antragstellerin auf eine Entfernung von weniger als 20 Metern zu nähern, mit ihr Verbindung - auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln - aufzunehmen sowie das näher bezeichnete eheliche Haus wieder zu betreten. Die Anordnung wurde befristet bis zum 30.4.2014.
Nachdem der Antragsgegner die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt hatte, schlossen die Beteiligten im nachfolgenden Termin vom 25.2.2014 einen umfassenden Vergleich. Dieser sieht unter Ziff. 6.) vor:
"Die Parteien verpflichten sich gegenseitig, ohne Anerkennung, gegen diese Verpflichtung in der Vergangenheit verstoßen zu haben, sich künftig nicht mehr zu beschimpfen, belästigen und körperlich zu attackieren."
Auf Antrag der Antragstellerin hat das AG Königswinter mit Beschluss vom 25.4.2014 dem Antragsgegner für den Fall der Zuwiderhandlungen gegen die in Ziff. 6.) des Vergleichs vom 25.2.2014 auferlegten Verpflichtungen, es zu unterlassen, die Antragstellerin zu beschimpfen, zu belästigen und körperlich zu attackieren, Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft angedroht.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er meint, die in Ziff. 6.) des Vergleichs vorgesehenen Regelungen hätten keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, sie seien vielmehr inhaltlich nicht hinreichend bestimmt.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern sie dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss, mit dem die Verhängung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft angedroht wird, ist gem. §§ 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Sie ist weiter teilweise begründet. Hinsichtlich der vom AG ausgesprochenen Androhung liegen die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht in vollem Umfang vor.
1. Gemäß §§ 95 Nr. 4, 96 Abs. 1 S. 2 FamFG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden, wenn die Vollstreckung zur Erzwingung von Duldungen oder Unterlassungen in familiengerichtlichen Verfahren, zu denen Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz gehören, erfolgen soll. Nach § 890 Abs. 2 ZPO muss der Verhängung des Ordnungsmittels dessen Androhung vorausgehen, die das Prozessgericht des ersten Rechtszuges im Beschlusswege auszusprechen hat und zwar entweder in dem die Unterlassungsanordnung treffenden oder in einem gesonderten Beschluss. Da vor...