Entscheidungsstichwort (Thema)
Wichtiger Grund für fristlose Kündigung eines Vertriebspartnervertrags ohne vorausgehende Abmahnung
Leitsatz (amtlich)
Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung eines Vertriebspartnervertrags trotz nur kurzer Restlaufzeit des Vertrags und ohne vorausgehende Abmahnung liegt vor, wenn die Zusammenarbeit trotz vertraglicher Verpflichtung für die Zukunft verweigert wird, weiterhin angekündigt wird, Gesprächsinhalte und Briefe des Geschäftsführers des Vertragspartners dessen Mitarbeitern mitzuteilen, der Versuch der gezielten Abwerbung von Mitarbeitern angekündigt wird und Drohungen ausgesprochen werden.
Normenkette
HGB § 89a; ZPO § 314
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 20.12.2012; Aktenzeichen 89 O 70/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 20.12.2012 in seiner Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 2.1.2013 - 89 O 70/12 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3 i.V.m. 567, 569 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 20.12.2012 in seiner Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 2.1.2013 - 89 O 70/12 - ist unbegründet.
Das LG hat dem Antragsteller zu Recht die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO, weil der geltend gemachte Feststellungsanspruch nicht begründet sei. An dieser Beurteilung hält auch der Senat fest. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Beschlusses des LG vom 20.12.2012 Bezug. Eine abweichende Sichtweise ist nicht veranlasst. Die beabsichtigte Klage des Antragstellers dürfte zwar zulässig sein, sie ist aber unbegründet.
Die vom Geschäftsführer der Antragsgegnerin ausgesprochene fristlose Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertriebspartnervertrages vom 21.7.2011 war berechtigt. Es lag ein wichtiger Grund i.S.v. § 89a Abs. 1 BGB vor. Ein wichtiger Grund liegt entsprechend der Legaldefinition von § 314 Abs. 1 S. 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die in diesem Zusammenhang vorzunehmende umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen der Vertragspartner ist vom LG frei von Rechtsfehlern vorgenommen worden. Regelmäßig begründen schwere Vertragspflichtverletzungen einen wichtigen Kündigungsgrund. Auch die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses, insbesondere durch Beleidigung und Drohungen, kann einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen. Dabei ist allerdings der allgemeine Kontext zu berücksichtigen, in dem derartige Äußerungen und Erklärungen (wie beispielsweise in einem Erregungszustand) abgegeben worden sind (OLG Stuttgart, Urt. v. 29.4.2008 - 10 U 233/07 BeckRS 2008, 17318). Auch ist die Dauer des Vertragsverhältnisses im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Bei nur noch kurzer Vertragsdauer mag eine größere Zumutbarkeit zur Fortsetzung des Vertragsverhältnisses geboten sein. Nur bei gravierenden Vertragspflichtverletzungen kommt insoweit eine fristlose Kündigung in Betracht (OLG Saarbrücken NJOZ 2006, 2181).
Von schweren Vertragsverletzungen des Antragstellers ist hier auszugehen.
Derartige Pflichtverletzungen werden in der vom LG zitierten E-Mail des Antragstellers vom 28.9.2012 von 17:15:54 Uhr angekündigt. Es wird die Zusammenarbeit trotz vertraglicher Verpflichtung für die Zukunft verweigert, indem es heißt, dass eine Zusammenarbeit mit der Antragsgegnerin derzeit nicht in Frage kommt. Es wird weiterhin angekündigt, Gesprächsinhalte und Briefe des Geschäftsführers der Antragsgegnerin dessen Mitarbeitern mitzuteilen. Der Versuch der gezielten Abwerbung von Mitarbeitern wird mit der Aussicht doppelter Vergütung angekündigt. Damit wird jedenfalls gegen die Pflichten in § 2 Abs. 1 des Vertrages verstoßen. Eine fortlaufende Bemühung um die Geschäftsverbindungen zugunsten der Antragsgegnerin zu erweitern und neue aufzubauen wird damit erkennbar abgelehnt. Auch die in der späteren E-Mail vom 28.9.2012 von 17:27:25 Uhr angekündigte Drohung mit "Juri Jungs aus Nürnberg" widerspricht insoweit den Vertragspflichten und lässt - unabhängig vom möglicherweise doppeldeutigen Wortlaut - erkennen, dass eine Zusammenarbeit in Zukunft nicht mehr erfolgen wird. Allein diese eindeutige Verweigerung dem Vertrag entsprechend weiter tätig zu werden bzw. die Verknüpfung der Einhaltung der Vertragspflichten in Abhängigkeit von einer Zahlung i.H.v. 60.000 EUR stellt einen massiven Pflichtenverstoß dar, demzufolge auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragstellers der Antragsgegnerin die Fortführun...