Entscheidungsstichwort (Thema)

Reasonable Doubt

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Filmhersteller, der ausschließliche Nutzungsrechte an einem Film vergeben hat, kann selber gegen das unberechtigte öffentliche Zugänglichmachen des Films nur dann vorgehen, wenn er ein eigenes materielles Interesse an der Unterbindung der Rechtsverletzung nachweist. Darauf, dass dem Urheber auch nach Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechts stets ein selbständiges Verbotsrecht gegenüber rechtswidrigen Verwertungshandlungen Dritter verbleibt, kann er sich nicht berufen, auch wenn er nach seinem Heimatrecht ein originäres Urheberrecht an dem Film erworben hat. Da ein solches originäres Urheberrecht des Filmherstellers mit dem Schöpferprinzip des deutschen Rechts nicht vereinbar ist, ist es in ein ausschließliches Nutzungsrecht umzudeuten, das jedoch nach allgemeinen Grundsätzen kein eigenständiges Verbotsrecht begründet.

 

Normenkette

UrhG § 101 Abs. 9, § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 11.02.2014; Aktenzeichen 204 O 24/14)

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Köln - 204 O 24/14 - vom 11.2.2014 den Beteiligten zu 2) in seinen Rechten verletzt hat, soweit darin der Beteiligten zu 3) gestattet worden ist, der Beteiligten zu 1) unter Verwendung von Verkehrsdaten Auskunft über den Namen und die Anschrift desjenigen Inhabers eines Internetanschlusses zu erteilen, dem am 9.2.2014 um 10:12:30 Uhr (CET) die IP-Adresse 217.253.147.18 zugewiesen war.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 1) zu tragen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 2) wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des LG Köln, durch den der Beteiligten zu 3) gem. § 101 Abs. 9 UrhG gestattet worden ist, unter Verwendung von Verkehrsdaten Auskunft zu erteilen über diejenigen Nutzer, denen zu bestimmten Zeitpunkten bestimmte IP-Adressen zugewiesen worden waren. Aufgrund dieses Beschlusses ist der Beteiligte zu 2) namens der Beteiligten zu 1), einer in Vancouver/Kanada ansässigen Filmproduktionsgesellschaft, wegen des unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachens des Films "Reasonable Doubt" außergerichtlich in Anspruch genommen worden. Der Beteiligte zu 2) bestreitet die Aktivlegitimation der Beteiligten zu 1) sowie die Richtigkeit der der Gestattungsanordnung zugrunde liegenden Ermittlungen. Ferner ist er der Ansicht, es liege keine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß vor, wie sie eine Gestattungsanordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG voraussetze.

II.1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere - jedenfalls nach Maßgabe der vom BGH aufgestellten Grundsätze (GRUR 2013, 536 Tz. 21 ff. - Die Heiligtümer des Todes) - fristgerecht eingelegt worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

2. Die Gestattungsanordnung hat den Beteiligten zu 2) in seinen Rechten verletzt, da es an der Aktivlegitimation der Beteiligten zu 1) fehlt.

a) Der Auskunftsanspruch gegen Dritte gemäß § 101 Abs. 2 UrhG ist ein Hilfsanspruch zur Vorbereitung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen gegen den Verletzer. Er ist daher an die Bedingung geknüpft, dass die Voraussetzungen eines Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruchs aus § 97 UrhG erfüllt sind (BGH, GRUR 2012, 1026 Tz. 20 - Alles kann besser werden). Das der dinglichen Rechtsposition des ausschließlich Nutzungsberechtigten zugeordnete Verbietungsrecht gemäß § 97 Abs. 1 UrhG wird grundsätzlich durch den Inhalt der eingeräumten Nutzungsart (§ 31 Abs. 1 UrhG) bestimmt (OLG Köln GRUR 2000, 414, 416 - "GRUR/GRUR Int") und findet seine Grenze regelmäßig in der jeweils eingeräumten Nutzungsart und den hierzu getroffenen vertraglichen Vereinbarungen (BGH, GRUR 1992, 310, 311 - Taschenbuch-Lizenz; Senat, ZUM-RD 2014, 162 = juris Tz. 5; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, vor § 28 Rz. 82; Fromm/Nordemann, UrhG, 10. Aufl. 2008, § 97 Rz. 133). Das Verbietungsrecht kann zwar über das Benutzungsrecht hinausgehen, wenn dies erforderlich erscheint, um die Nutzungsbefugnis zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch wirksam zu schützen (BGH, NJW 1953, 1258, 1259 - Lied der Wildbahn; BGHZ 141, 267 = GRUR 1999, 984, 985 - Laras Tochter; Wild in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, § 97 Rz. 50).

Ein Verbietungsrecht besteht jedoch nicht mehr, wenn der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts seine Rechte an Dritte übertragen hat. Mit der Übertragung des ausschließlichen Nutzungsrechts erlischt die Aktivlegitimation des bisherigen Inhabers und die Aktivlegitimation des neuen Inhabers wird begründet (Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 97 Rz. 19). Der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts bleibt ferner auch nach der Einräumung eines solchen Nutzungsrechts weiterer Stufe klageberechtigt, wenn er an den Verkaufserlösen des Unterlizenznehmers beteiligt ist. Der Feststellung, dass seine Lizenzeinnahmen durch die Verletzungshandlung tatsächlich beeinträchtigt sind, bedarf es dazu nicht (BGHZ 141, 267 = GRUR 1999, 984, 985 - Laras Tochter; GRUR 2010, 920 ...

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