Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 24 O 306/20) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin vom 05.03.2021, ihr zur Durchführung des Berufungsverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Rechtsverfolgung der Klägerin bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist daher zurückzuweisen.
1. Der von der Klägerin am 05.03.2021 eingereichte Berufungsschriftsatz (Bl. 140 f. GA) ist als unbedingte Rechtsmitteleinlegung zu behandeln.
Ob eine Berufung eingelegt ist, ist im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der sonst vorliegenden Unterlagen zu entscheiden. Dabei sind - wie auch sonst bei der Auslegung von Prozesserklärungen - alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Einlegung der Berufung unter einer Bedingung sieht das Gesetz nicht vor; eine Berufung ist grundsätzlich bedingungsfeindlich. Die Prozesshandlung einer Partei, die von einer unzulässigen Bedingung abhängig gemacht wird, ist daher unwirksam. Das gilt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch für Rechtsmittel, die unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingelegt werden (BGH NJW 1995, 2563 [2564]; BGH, Beschluss vom 03.05.2018 - IX ZB 72/17 -, BeckRS 2018, 9386; Zöller-Heßler, ZPO, 33. Auf. 2020, § 519, Rdnr. 1; Musielak/Voit-Ball, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 519, Rdnr. 26). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist ein Schriftsatz, der alle formellen Anforderungen an eine Berufung oder eine Berufungsbegründung erfüllt, regelmäßig als wirksam eingelegte Prozesserklärung zu behandeln. Eine Deutung dahin, dass er gleichwohl nicht unbedingt als Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt ist, kommt nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt, denn im Allgemeinen will keine Partei die mit einer Fristversäumung verbundenen Nachteile in Kauf nehmen (BGH NJW 2002, 1352; BGH NJW-RR 2007, 1565 [1566]; BGH NJW-RR 2010, 278; BGH, Beschluss vom 03.05.2018 - IX ZB 72/17 -, BeckRS 2018, 9386).
Bei Beachtung dieser Grundsätze hat die Klägerin wirksam Berufung eingelegt. Der Schriftsatz vom 05.03.2021 ist mit der Bezeichnung "Berufung" überschrieben, die Parteien werden im Rubrum als "Klägerin + Berufungsklägerin" sowie als "Beklagte und Berufungsbeklagte" bezeichnet und auf Seite 2 dieses Schriftsatzes erfolgt die Erklärung, dass gegen das dort näher bezeichnete Urteil des Landgerichts Köln "Berufung" (mittig und in Fettdruck) eingelegt werde. Bereits dies lässt - für sich genommen - eindeutig und zweifelsfrei die Absicht erkennen, das erstinstanzliche Urteil einer Nachprüfung durch die höhere Instanz zu unterstellen. Die formellen Voraussetzungen einer Berufungsschrift waren gewahrt (§§ 517, 519 ZPO). Im Anschluss hieran hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.04.2021 beantragt, die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 07.05.2021 zu verlängern (Bl. 173 GA). Nach der antragsgemäß bewilligten Fristverlängerung (Bl. 176 GA) hat die Klägerin mit einem am 07.05.2021 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz die - so wörtlich - "mit Schriftsatz vom 05.03.2021 eingelegte Berufung der Klägerin innerhalb der Berufungsfrist" begründet (Bl. 178 ff. GA).
2. Das angefochtene Urteil hält der berufungsgerichtlichen Überprüfung stand. Das Landgericht hat einen Entschädigungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 7.620,00 EUR aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag gemäß § 1 S. 1 VVG in Verbindung mit Ziffer 1.10 der A Sachversicherungsbedingungen - Besondere Bedingungen - Stand: 01.01.2015 (= BL-Sach-1501) zu Recht verneint. Ein Versicherungsfall i.S.v. Ziffer 1.10 liegt nicht vor. Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, dass die Krankheit/der Krankheitserreger COVID-19/SARS-CoV-2 vom Versicherungsschutz der hier zugrunde liegenden Betriebsschließungsversicherung nicht umfasst ist. Die Auslegung der betreffenden Ziffer 1.10 BL-Sach-1501 ergibt, dass sich der Versicherungsschutz ausschließlich auf die in Ziffer Ziffer 1.10.2 BL-Sach-1501 explizit genannten Krankheiten bzw. Krankheitserreger erstreckt. COVID-19 bzw. SARS-CoV-2 gehören danach nicht zu den meldepflichtigen Krankheiten/Krankheitserregern.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind grundsätzlich so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH NJW-RR 2015, 984 [985]; BGH NJW-RR 2015, 927; BGH NJW 2015, 703; BGH NJW 2017, 388 [3...