Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung des Sorgerechts bei wirksamer Sorgeerklärung
Leitsatz (amtlich)
Wirksam sind beiderseitige Sorgeerklärungen gem. § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB, wenn sie den Erfordernissen der §§ 1626b bis 1626d BGB, die eine abschließende Sonderregelung der Unwirksamkeitsgründe darstellen, entsprechen. Etwaige Scheingeschäfte oder Motivirrtümer führen nicht zur Unwirksamkeit der gemeinsamen Sorgeerklärung (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, § 1626e, Rz. 1).
Steht den nicht verheirateten Eltern aufgrund einer wirksamen Sorgeerklärung das Sorgerecht gemeinsam zu, richtet sich eine Übertragung des Sorgerechts auf einen Elternteil nach § 1671 BGB. Entscheidend ist mithin allein das Wohl des gemeinsamen Kindes im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung und nicht etwa die Motivation der Eltern bei Abgabe der Sorgeerklärungen.
Die pauschale Behauptung der Kindesmutter, es bestünden erhebliche Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Eltern, rechtfertigt nicht die Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil. Vielmehr ist konkret darzulegen, welche negativen Auswirkungen hierdurch bei Beibehaltung der gemeinsamen Sorge auf das Kindeswohl zu befürchten sind.
Normenkette
BGB § 1626a Abs. 1 Nr. 1, § 1626b-1626d, § 1671
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Beschluss vom 16.07.2009; Aktenzeichen 13 F 439/08) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Eschweiler vom 16.7.2009 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Q. zur Verteidigung gegen die Beschwerde des Antragsgegners bewilligt.
Dem Antragsgegner wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X. zur Verteidigung gegen die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin bewilligt.
Die weitergehenden Prozesskostenhilfegesuche der Parteien werden zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf insgesamt 3.000 EUR festgesetzt; davon entfallen 1.500 EUR auf die Beschwerde des Antragsgegners und 1.500 EUR auf die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners und die zulässige Anschlussbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Eschweiler vom 16.7.2009 haben in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Familiengericht die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind B. C., geboren am 3.11.2002, in den Teilbereichen Pass- und Ausweisangelegenheiten und in Schulangelegenheiten auf die Kindesmutter zur alleinigen Ausübung übertragen und es im Übrigen beim gemeinsamen Sorgerecht der Kindeseltern belassen.
Aufgrund ihrer Sorgeerklärungen steht das Sorgerecht für B. gem. § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB grundsätzlich beiden Kindeseltern gemeinsam zu. Bedenken gegen die Wirksamkeit der beiderseitigen Sorgeerklärungen bestehen nicht. Unerheblich ist insbesondere, ob - wie die Antragstellerin behauptet - Motiv für die gemeinsame Sorgeerklärung der ausländerrechtliche Status des Antragsgegners war. Denn gem. § 1626e BGB sind Sorgeerklärungen nur unwirksam, wenn sie den Erfordernissen der §§ 1626b bis 1626d BGB, die eine abschließende Sonderregelung der Unwirksamkeitsgründe darstellen, nicht entsprechen, was unzweifelhaft nicht der Fall ist. Etwaige Scheingeschäfte oder Motivirrtümer führen nicht zur Unwirksamkeit der gemeinsamen Sorgeerklärung (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, § 1626e, Rz. 2).
Steht somit den nicht verheirateten Parteien aufgrund der wirksamen Sorgeerklärung das Sorgerecht für B. gemeinsam zu, richtet sich eine Übertragung des Sorgerechts auf einen Elternteil nach § 1671 BGB. Entscheidend ist mithin allein, wie das AG zu Recht ausführt, das Wohl des gemeinsamen Sohnes der Parteien im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung und nicht etwa die Motivation der Eltern bei Abgabe der Sorgeerklärungen.
Der Senat teilt die Auffassung des AG, dass es dem Kindeswohl am besten entspricht, das gemeinsame Sorgerecht nur in den Teilbereichen Schulangelegenheiten sowie Pass- und Ausweisangelegenheiten aufzuheben und auf die Kindesmutter zur alleinigen Ausübung zu übertragen (§ 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss. Das Beschwerdevorbringen beider Parteien rechtfertigt keine andere Bewertung.
Aufgrund der Einschulung von B. werden in nächster Zeit kurzfristige Entscheidungen in Schulangelegenheiten anfallen. Es widerspricht dem Kindeswohl, wenn sich die anstehenden Entscheidungen schon wegen der erheblichen räumlichen Distanz zwischen ihren Eltern zu Lasten von B. zumindest verzögern würden. Die Regelung der schulischen Angelegenheiten von B. erfordert teilweise die Unterschrift aller sorgeberechtigten Elternteile. Das Fehlen der zweiten Unterschrift kann selbst bei der Möglichkeit einer kurzfristigen telefonischen Absprache zwischen den Eltern zu Schwierigkeiten und Belastungen für B. im laufenden Sch...