Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss bzw. Beschränkung des Versorgungsausgleiches gem. § 1587c Nr. 3 BGB bei dauerhafter grober Vernachlässigung der Kindererziehung und -betreuung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Ausschluss bzw. eine Beschränkung des Versorgungsausgleiches gem. § 1587c Nr. 3 BGB kommt in Betracht, wenn die/der Ausgleichsberechtigte während der Ehe längere Zeit hindurch ihre/seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt, indem sie/er die Betreuung und Erziehung gemeinsamer Kinder über längere Zeit derart gravierend vernachlässigt, dass sie/er wegen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und Freiheitsberaubung strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird.

2. Die Anwendung des § 1587c Nr. 3 BGB erfasst während der Ehe ggü. dem Ehegatten und den gemeinsamen Kindern begangene schwerwiegende Unterhaltspflichtverletzungen. In Betracht kommen auch Verletzungen der Naturalunterhaltspflicht, hier insbesondere der Kindererziehung (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl. 2007, § 1587c Rz. 46; Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl. 2003, § 1587c BGB, Rz. 35).

 

Normenkette

BGB § 1587c Nr. 3

 

Verfahrensgang

AG Köln (Urteil vom 14.02.2007; Aktenzeichen 302 F 140/05)

 

Tenor

1. Dem Antragsgegner wird gem. § 233 ZPO wegen Versäumung der Beschwerde- und Beschwerdebegründungsfrist (§§ 621e Abs. 3 S. 2, 517, 520 Abs. 2 ZPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird das Urteil des AG - FamG - Köln vom 14.2.2007 - 302 F 140/05 - zu Ziff. 2. zum Versorgungsausgleich teilweise dahin abgeändert, dass vom Versicherungskonto Nr. ...1 des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland auf das Versicherungskonto Nr. ...2 der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 72,76 EUR, bezogen auf den 31.5.2005 übertragen werden. Die Anwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.

3. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Ausspruch des FamG in dem vorgenannten Urteil zum Versorgungsausgleich ist zulässig. Dem Antragsgegner war antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, nachdem der Antragsgegner nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtzeitig seinen Wiedereinsetzungsantrag gestellt sowie die befristete Beschwerde eingelegt und begründet hat.

Auch im Übrigen ist die gem. § 621e ZPO statthafte befristete Beschwerde des Antragsgegners zulässig, insbesondere formgerecht eingelegt worden.

Die befristete Beschwerde ist jedoch nur teilweise begründet. Denn ein vollständiger Ausschluss des Versorgungsausgleiches - wie vom Antragsgegner verlangt - kommt vorliegend nicht in Betracht. Vielmehr war der Versorgungsausgleich auf die Hälfte des an sich geschuldeten Ausgleichsbetrages gem. § 1587c Nr. 3 BGB zu beschränken.

Denn die Antragstellerin hat während der Ehe längere Zeit hindurch ihre Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt, indem sie die Betreuung und Erziehung ihrer fünf Kinder über längere Zeit derart gravierend vernachlässigte, dass sie durch Urteil des AG - Jugendschöffengericht - Köln vom 15.1.2008 u.a. wegen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und Freiheitsberaubung rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden ist. Die Anwendung des § 1587c Nr. 3 BGB erfasst während der Ehe ggü. dem Ehegatten und den gemeinsamen Kindern begangene schwerwiegende Unterhaltspflichtverletzungen. In Betracht kommen auch Verletzungen der Naturalunterhaltspflicht, hier insbesondere der Kindererziehung (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl. 2007, § 1587c Rz. 46; Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl. 2003, § 1587c BGB, Rz. 35).

Der Umfang der durch rechtskräftiges Urteil festgestellten strafrechtlich relevanten Verfehlungen der Antragstellerin bei der Erziehung und Betreuung ihrer 5 Kinder rechtfertigt eine Beschränkung des Versorgungsausgleiches auf die Hälfte, da die Antragstellerin aufgrund des ihr nachgewiesenen Fehlverhaltens gröblich und beharrlich gegen ihre Pflicht, zum Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB beizutragen, schuldhaft verstoßen hat. Nach dieser Vorschrift sind Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten (§ 1360 S. 1 BGB). Der angemessene Unterhalt umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Haushaltskosten zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen Kinder zu befriedigen (vgl. BGH FamRZ 1998, 608 bis 609). Der Lebensbedarf der Kinder umfasst Aufwendungen für Kleidung, Gesundheitsfürsorge sowie die Verpflichtung zur Erziehung und Betreuung im Sinne des Kindeswohls. Im Rahmen der Betreuung und Erziehung haben die Eltern das seelische Wohlergehen ihrer Kinder zu fördern (Prütting/Kleffmann, BGB, 1. Aufl., § 1360a ...

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